BeiratAktuell-49

BeiratAktuell 49

BEIRAT AKTUELL E n t s c h e i d e n d e I n f o r m a t i o n f ü r d e n V e r w a l t u n g s b e i r a t i m W o h n u n g s e i g e n t u m E i n z e l p r e i s 3 , 0 0

Kommunikation in der WEG „per DSGVO“

Ausgabe: 49 Quartal IV-18

Immer Ärger wegen der Fenster Teil 2

Ran an die Rücklage

Editorial

Impressum

BEIRATaktuell erscheint seit 2006 vier- teljährlich und bietet entscheidende In- formation für Verwaltungsbeiräte im Wohnungseigentum.

Verehrte Leserinnen und Leser,

„Ginge es nach der DSGVO, würden wir wieder per Taubenpost korrespondieren!“ – Sicherlich ist das eine übertriebene Aussage, jedoch wird die unbeschwerte Art der Korrespondenz, wie sie vor dem 25. Mai 2018 praktiziert wurde, nicht so einfach wieder herzustellen sein, wie so mancher meint. Umfangreiche Verord- nungen sowie komplizierte Regelungen, unvorbereitete Ämter, verwirrte Unter- nehmer, hohe Bußgeldandrohungen und Nachrichten über horrendeAbmahnungen oder „Briefkastenschilder ohne Namen“ tun ihr Übriges. Die Unsicherheit rund um den Umgang mit personenbezogenen Daten nimmt mehr und mehr zu. Auf der einen Seite sorgt die Digitalisierung für schnellere und unkompliziertere Kom- munikation, auf der anderen Seite werden durch die neue europäische Datenschutz- grundverordnung (DSGVO) die bürokra- tischen Hürden auf ein „gefühltes Stab- hochsprung-Maß“ angehoben. Hier scheint wohl die „Hilfe zur Selbsthilfe“ ein pro- bates Mittel zu sein, wie uns ein Leser mitteilte. Wichtige oder interessante Informationen gelangen vom Verwalter per E-Mail zum Beiratsvorsitzenden. Der hat mit interessierten Eigentümern eine eigene E-Mail-Gruppe installiert, in der sich auch rege ausgetauscht wird. Gibt es wichtige Erkenntnisse oder Anregun- gen zum Beispiel für die kommende Eigentümerversammlung informiert der Beiratsvorsitzende denVerwalter über die Ergebnisse. Um Fehlinterpretation geht es auch im zweiten Teil „Immer Ärger wegen der Fenster“. Rechtsanwalt Rüdiger Fritsch beleuchtet unterschiedliche Konstellatio- nen von eigenmächtig vorgenommenen Maßnahmen an Fenstern mit und ohne schutzwürdiges Vertrauen. Gute Nachrichten für Eigentümergemein- schaften, die ein eigenes, hausinternes Kabelverteilnetz betreiben: sie sind nicht verpflichtet mit der VG Media einen

Herausgeber/Verlag: Dammann Services Oelinghovener Str. 7 53639 Königswinter info@beirataktuell.de www.beirataktuell.de

Friedrich Dammann, Herausgeber

Geschäftsführer: Dipl.-Kfm. Friedrich Dammann

Verantwortlich i.S.d.P.: Dipl.-Kfm. Friedrich Dammann

Lizenzvertrag abzuschließen. Wer schon einen Vertrag abgeschlossen hat, dem kann empfohlen werden, zum nächstmög- lichen Termin zu kündigen. Ebenfalls grünes Licht kann für die Ver- teilung der Sonderkosten von Anfech- tungsklagen gegeben werden. Die Ge- meinschaft verfügt über die Beschluss­ kompetenz den entstandenen Aufwand verursachungsgemäß umzulegen. Eine Erleichterung ergab auch das Urteil des BGH zumThema „Zweckgebunden- heit der Instandsetzungsrücklage“. Martin Metzger weiß zu berichten, dass diese „heilige Kuh“ zukünftig etwas flexibler „gemolken“ werden kann. Neben den großen Ausgaben können auch vor- oder nachgelagerte Kosten zum Beispiel für Gutachter aus der Rücklage entnommen werden. Und dass sich bei größeren Maßnahmen das Hinzuziehen eines Baufachmannes für eine Gemeinschaft lohnt, rechnet Massimo Füllbeck vor. Ich wünsche Ihnen eine aufschlussreiche Lektüre. – Kommen Sie gut ins gesunde neue Jahr.

Redaktion: Dipl.-Kfm. Friedrich Dammann

Abonnenten-Betreuung: Dammann Services

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Grafische Umsetzung: Dammann Services

Bildnachweis Illustrationen: Lena Hesse

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Auflage: 7.800 Stück

Preise: Einzelpreis Heft 3 EUR, im Jahresabo 10 EUR (4 Ausgaben, inkl. MwSt. und Versand), ab 20 Exemplaren Jahresabo 2,40 EUR (4 Ausgaben, exkl. MwSt. und Versand) Urheberrecht: Die veröffentlichtenArtikel sind urheber- rechtlich geschützt. Jede vom deutschen Urheberrecht nicht zugelasseneVerwertung bedarf der vorherigen schriftlichen Zu- stimmung des Herausgebers. Dies gilt insbesondere für Vervielfältigung, Bear- beitung, Übersetzung, Einspeicherung, Verarbeitung bzw. Wiedergabe von Inhal- ten in Datenbanken oder anderen elektro- nischen Medien und Systemen. Die unerlaubteVervielfältigung oder Wei- tergabe einzelner Artikel oder mehrerer Seiten ist nicht gestattet und strafbar. Le- diglich die Herstellung von Kopien für den persönlichen, privaten und nicht kom- merziellen Gebrauch ist erlaubt.

Ihr Friedrich Dammann

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››› Aktuelles ‹‹‹ von Massimo Füllbeck Ab 1.8.2018 – Berufszulassung für gewerbliche Immobilienmakler und Wohnimmobilienverwalter (Immobilienverwalter)

Bereits in einer der letztenAusgaben haben wir über die Einführung des neuen Berufszulassungsgesetzes für gewerbliche Immobilienmakler und Wohnimmobili- enverwalter (Immobilienverwalter) berichtet. Der Gesetzgeber hat das am 23.10.2017 erlassene Gesetz an einigen Stellen komplett überarbeitet und ent- schärft. Allgemeine Regelungen • Gesetz tritt ab dem 1.8.2018 in Kraft. • Betroffen sind: Gewerbliche Immobi­ lienmakler und Wohnimmobilienver- walter (Immobilienverwalter) • Gewerbeanmeldung gemäß § 34c erforderlich - Voraussetzung für die Erteilung einer Erlaubnis nach § 34c Gewerbeordnung sind, dass der Immobilienverwalter seine Zuverlässigkeit, geordnete Ver- mögensverhältnisse sowie den Ab- schluss einer Berufshaftpflichtversi- cherung nachweisen kann. • Pflicht zumAbschluss einer Berufshaft- pflichtversicherung - Die Versicherung muss bei einem im Inland zum Geschäftsbetrieb zugelas- senenVersicherungsunternehmen ab- geschlossen werden. Die Mindestver- sicherungssumme beträgt 500 000 Euro für jeden Versicherungsfall und 1 000 000 Euro für alleVersicherungs- fälle eines Jahres. • Nach Inkrafttreten des Gesetzes haben bereits tätige Immobilienverwalter bis zum 1.3.2019 Zeit, ihre gewerbliche Erlaubnis zu beantragen. In den meisten Fällen wird diese Erlaubnis bereits vor- liegen. Konkrete Regelungen zur Weiter­ bildungspflicht • Verpflichtung zur regelmäßigenWeiter- bildung Zusammenfassend sind ab dem 1.8.2018 nun folgende Regelungen zu beachten:

- 20 Stunden innerhalb eines Zeitraums von drei Jahren - Gewerbetreibende und beschäftigte Personen (in der Regel der zuständige Verwalter) - Der Gesetzgeber hat durch einen um- fangreichen Katalog (Abrufbar bei: https://www.bundesrat.de/SharedDocs/ beratungsvorgaenge/2018/0001- 0100/0093-18.html: Drucksache 93/18 vom 21.03.2018) festgelegt, welche fachlichen Inhalte geschult werden müssen - DieWeiterbildung kann in Präsenzform, in einem begleiteten Selbststudium, durch betriebsinterne Maßnahmen des Gewerbetreibenden oder in einer an- deren geeigneten Form erfolgen (z. B. auch durch Webinare) - Hinsichtlich der durchgeführten Wei- terbildung müssen entsprechende Nachweise gesammelt und fünf Jahre aufbewahrt werden (auch in elektro- nischer Form) - Die für die Erlaubniserteilung zustän- dige Behörde kann anordnen, dass der Gewerbetreibende ihr gegenüber eine unentgeltliche Erklärung über die Er- füllung der Weiterbildungspflicht in den vorangegangenen drei Kalender- jahren durch ihn und seine zur Weiterbildung verpflichteten Beschäf- tigten abgibt. Die Erklärung kann elektronisch erfolgen. Ein Nachweis ist erstmalig zum 31. Januar 2021 für die Kalenderjahre 2018 bis 2020 vor- zuhalten. - KonkreteAusnahmen: Für zur Weiter- bildung verpflichtete Gewerbetreiben- de und ihre zur Weiterbildung ver- pflichteten Beschäftigten, die imBesitz eines Ausbildungsabschlusses als Immobilienkaufmann oder Immobili- enkauffrau oder einesWeiterbildungs- abschlusses als Geprüfter Immobili- enfachwirt oder Geprüfte Immobili- enfachwirtin sind, beginnt die Pflicht zur Weiterbildung drei Jahre nach

Erwerb des Ausbildungs- oder Weiter- bildungsabschlusses. - Der Erwerb eines Ausbildungsab­ schlusses als Immobilienkaufmann oder Immobilienkauffrau oder eines Weiterbildungsabschlusses als Geprüf- ter Immobilienfachwirt oder Geprüfte Immobilienfachwirtin gilt als Weiter- bildung. Ausblick: Es bleibt nun abzuwarten, ob sich das neue Berufszulassungsgesetz bewährt. Erfreulich ist sicherlich die Pflicht zum Abschluss einer Berufshaftpflichtver­ sicherung und die zwingend vorgeschrie- bene Gewerbeanmeldung (§ 34c Gewer- beordnung), bei der auch die Verhältnis- se des antragsstellenden Gewerbetreiben- den überprüft werden. Warum der anspruchsvolle Beruf des WEG-Verwalters nicht besser geschützt wird und beispielsweise ein entsprechen- der Sachkundenachweis oder eine gesetz- lich vorgeschriebene Berufsausbildung eingeführt wurde, bleibt wohl ein Ge- heimnis der Bundesregierung. Nach hier vertretener Auffassung setzt Weiterbildung voraus, dass vorher schon Grundkenntnisse vorhanden sind. Es kön- nen also auch weiterhin Personen ohne besondere WEG-Ausbildung am Markt- geschehen teilnehmen, denn die Voraus- setzungen die Gewerbeanmeldung zu erfüllen oder eine Berufshaftpflichtver- sicherung abzuschließen, stellt keine nennenswerte Herausforderung dar.

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››› Aktuelles ‹‹‹ von Massimo Füllbeck Verwalterpraxis A-Z Ist die Beauftragung eines externen Baufachmanns (z. B. Gutachter, Architekt, Dipl.-Ing.) bei der Durchführung von Baumaßnahmen sinnvoll?

WennWohnungseigentümergemeinschaf- ten umfangreiche Baumaßnahmen durch- führen wollen, stellt sich regelmäßig die Frage, ob zur Feststellung des erforder- lichen Umfangs, der Begleitung und Ab- nahme ein externer Baufachmann beauf- tragt werden sollte. Nachstehender Beitrag befasst sich mit den Fragen, warum die Einschaltung eines externen Baufach- manns immer sinnvoll ist und welche Rolle der Verwalter in diesem Zusam- menhang einnimmt. Situation: Eine WEG muss dringend einige Balko- ne und ein Flachdach instand setzen. Der Verwalter legt für jede Maßnahme drei vergleichbareAngebote zur Beschlussfas- sung vor. Gesamtkosten ohne Baubeglei- tung: 265.000,00 € . Darüber hinaus schlägt der Verwalter vor, dass die komplizierten bzw. umfangreichen Maßnahmen durch einen Baufachmann (Architekten) über- wacht und abgenommen werden sollen. Das Honorar desArchitekten liegt gemäß einem vorliegenden Angebot bei rd. 26.500,00 € . Die WEG beschließt zwar die Baumaß- nahmen, lehnt aber nach längerer Dis- kussion die Beauftragung desArchitekten ab, da dies aus Sicht der WEG unnötige Kosten sind und der Verwalter sicherlich einen Teil der Aufgaben, wie z. B. die Abnahme der durchgeführten Arbeiten, übernehmen kann. Rechtlicher Hintergrund: Selbstverständlich gibt es keine gesetz- liche Vorschrift, die einen Eigentümer bzw. eine Wohnungseigentümergemein- schaft dazu verpflichtet, bei der Durch-

führung von Baumaßnahmen, auf exter- ne Baufachleute (z. B. Architekten) zurück zu greifen. Ausnahme: Bei der Inanspruchnahme von Fördermit- teln sind unbedingt die Richtlinien des Fördergebers (z. B. KFW Bank) zu be- achten. Diese schreiben regelmäßig vor, dass die Fördermittel nur in Anspruch genommen werden können, wenn ein externer Baufachmann oder Energiebe- rater beauftragt wird. Bei der Frage, ob ein Baufachmann be- nötigt wird, sollte sich die Wohnungs­ eigentümergemeinschaft stets an der Komplexität der Baumaßnahme orientie- ren. Allerdings kann auch diese Differen- zierung bereits einen externen Baufach- mann erfordern. In der Praxis hat es sich bewährt, dass bei Instandsetzungs- oder Modernisie- rungsmaßnahmen an größeren Gewerken (wie: Dach, Fassade, Balkone, Fenster oder besondere technische Einrichtungen; z. B. Heizungsanlage) stets eine Beglei- tung durch einen fachkundigen Baufach- mann erfolgt. Denn ohne fachliche Begleitung besteht die Gefahr, dass besondereArbeitsschrit- te, wie z. BAbdichtungsmaßnahmen oder die Vorgabe von besonderen DIN-Vor- schriften nicht immer eingehalten werden und im schlimmsten Fall die gesamte Maßnahme wiederholt werden muss. Ganz zu schweigen von dem Ärger mit dem Handwerker und möglichen Nachschuss- pflichten derWohnungseigentümer, soweit das ausführende Unternehmen wirtschaft-

lich nicht mehr in der Lage ist, etwaige Mängel zu beseitigen bzw. Schäden zu ersetzen. Der Verwalter vertritt die WEG zwar im Außenverhältnis, aber auch dieAufgaben, Zuständigkeiten und Befugnisse des Ver- walters sind hier beschränkt. Aus § 27 Abs. 1 Ziff. 2 WEG ergibt sich, dass der Verwalter die für die ordnungsgemäße Instandhaltung und Instandsetzung erfor- derlichen Maßnahmen treffen muss. Folgt daraus auch, dass er wie ein Baufachmann auftreten muss und dann auch haftet, wenn etwas schiefgeht? Im Zusammenhang mit der oben genann- ten Vorschrift hat der Verwalter folgende Aufgaben: • Feststellung von Maßnahmen (Damit ist nicht der Umfang gemeint, sondern lediglich, dass der Verwalter sichtbare Probleme oder Mängel registriert.) • Unterrichtung derWohnungseigentümer (Dies erfolgt in der Regel in der Eigen- tümerversammlung.) • KaufmännischeVorbereitung der durch- zuführenden Maßnahmen • Beauftragung und Kontrolle der von der WEG verabschiedeten Maßnahmen Der Verwalter hat zwar die Pflicht, be- auftragte Instandhaltungs- und Instand- setzungsmaßnahmen zu überwachen und abzunehmen. DieseAufgabe umfasst aber nicht, dass der Verwalter auch die Kennt- nisse eines Baufachmanns haben muss. Das Gesetz unterstellt lediglich, dass der Verwalter dieseAufgabe so erfüllen muss, wie es ein gewöhnlicher Eigentümer (also

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ein Laie ohne bautechnische Fachkennt- nisse) auch machen würde, d. h. er muss nur offenkundige Leistungen/Mängel feststellen und die vereinbarte Vergütung bezahlen. Lösung: Bei umfangreichen Baumaßnahmen kann nur dringend empfohlen werden, einen externen Baufachmann zu beauftragen. Die Investition lohnt sich, denn nur ein Baufachmann kann seriös feststellen, ob die Handwerker vertragskonform und ein mängelfreies Gewerk abliefern. Der von der Wohnungseigentümergemeinschaft beauftragte Baufachmann ist ein wichti- ger Partner, denn er plant die Baumaß- nahmen, überwacht die Umsetzung der Arbeiten und sichert eine hohe Qualität. Dadurch wird auch gewährleistet, dass die Maßnahme zu dem Ergebnis führt, welche sich dieWohnungseigentümerge- meinschaften schlussendlich wünschen. Ein weiterer wichtiger Aspekt ist, dass ein extern beauftragter Baufachmann entsprechend versichert ist, soweit sich

bei der Begleitung und Abnahme verse- hentlich Fehler einschleichen.

Modernisierungsarbeiten vorzunehmen. Oftmals werden die Wohnungseigentü- mer überrascht sein, welcheWertsteige- rungen durch die Maßnahmen eingetre- ten sind: Beispiel für eine WEG mit 30 Wohnungen und 30 Garagen: Baujahr: 1972 Umfang der Baumaßnahmen: 970.000,00 € Instandhaltungsrücklage: 202.000,00 € Sonderumlage pro Eigentümer:  26.000,00 €

Der Verwalter ist in der Regel kein Bau- fachmann und gar nicht in der Lage, um- fangreiche und komplizierte Baumaßnah- men zu überwachen. Selbstverständlich kann der Verwalter diese Dienstleistung anbieten, eine Pflicht hierzu besteht aber nicht. Lehnt eineWohnungseigentümergemein- schaft also die Beauftragung eines Bau- fachmanns ab und stellt sich nach Ab- nahme der Baumaßnahme heraus, dass die Instandsetzung oder Modernisierung nicht fachgerecht ausgeführt wurde, trifft den Verwalter grundsätzlich kein Ver- schulden. Praxishinweis: Als Diskussionsgrundlage für die Ei- gentümerversammlung kann die WEG den Baufachmann zusätzlich damit be- auftragen, eineVerkehrswertberechnung vor und nach den Instandsetzungs- bzw.

Verkehrswert pro m²:  968,00 €

(vor den Baumaßnahmen)

Verkehrswert pro m²: 1.573,00 €

(nach den Baumaßnahmen)

Juristische Fachautoren:

Information

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Unsere Autoren

RA Rüdiger Fritsch

- Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht, Schwerpunkt: Wohnungseigentums- und Mietrecht sowie Makler- und Bauträgerrecht - Praktiker, Fachautor und Referent namhafter

Tagungsveranstaltungen www.krall-kalkum.de

Weiterhin wirkten an dieser Ausgabe mit: Massimo Füllbeck und Martin Metzger

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››› Wohnungseigentumsrecht ‹‹‹ von RA Rüdiger Fritsch Wer trägt die Sonderkosten der Anfechtung? Beschlussfassung zur Kostenregelung ist möglich

1. Das Problem Zunächst stellt sich die Frage, ob für ei- nen solchen Beschluss überhaupt Be- schlusskompetenz besteht, denn für jede Form einer Kostentragungsregelung bedarf es einer entsprechenden Ermächtigung durch Gesetz oder Vereinbarung. Sodann stellt sich die Frage, ob eine Ab- wälzung der Sonderkosten eines Beschlus- sanfechtungsprozesses nicht gegen die gerichtliche Kostenentscheidung verstößt, denn hierüber wird schließlich durch Ur- teil oder Beschluss entschieden. 2. Die Beschlusskompetenz Ausweislich der Bestimmung des § 21 Abs. 7 Alt. 3 WEG sind die Wohnungs- eigentümer berechtigt, durch einfachen Mehrheitsbeschluss in Abänderung des gesetzlichen sowie eines etwa abweichend vereinbarten Kostenverteilerschlüssels über die Verteilung der Kosten eines be- sonderenVerwaltungsaufwands über den Einzelfall hinaus zu entscheiden (vgl.: BGH, Urt. v. 18.3.2016 - V ZR 75/15, ZMR 2016, 476). Im Rahmen des § 21Abs. 7WEG besteht dabei sowohl Kostenbegründungskom- petenz als auch Kostenverteilungskom- petenz, also Regelungsbefugnis sowohl über das „Ob und Was“ als auch über „Wie“ (vgl.: BGH, Urt. v. 1.10.2010 – V ZR 220/09, ZMR 2011, 141). 3. Besonderer Verwaltungsaufwand Voraussetzung einer wirksamen Be- schlussfassung ist somit zunächst, dass ein besonderer Verwaltungsaufwand vor- liegen muss. Ein besonderer Verwaltungsaufwand im Sinne des § 21 Abs. 7 Alt. 3 WEG liegt vor, wenn das normale, übliche Maß bei der Verwaltung des gemeinschaftlichen

Prozessieren kostet Geld. Wer mit einem Beschluss der Eigentümerversammlung nicht einverstanden ist, der kann vor Ge- richt ziehen und Anfechtungsklage erhe- ben. Je nachdem, ob und in welchem Umfang das Gericht dem Kläger Recht gibt, wird im Urteil auch darüber entschieden, wer die Kosten des Rechtsstreits zu tragen hat. Dabei wird oft übersehen, dass über die Anwalts- und Gerichtskosten hinaus auch außerhalb des gerichtlichen Verfahrens nicht unerhebliche Kosten anfallen. Dies betrifft insbesondere die für den Verwalter (oder an seiner Stelle bei dem Ersatzzustellungsbevollmächtigten) ent- stehenden Kopier- und Portoauslagen für die Unterrichtung der beklagten Eigen- tümer über denAnfechtungsprozess, des- sen Verlauf und Ergebnis. Hinzu kommt die üblicherweise im Ver- waltervertrag vereinbarte Sondervergü- tung des Verwalters für die Begleitung des Prozesses, wie die Zuarbeit für den Rechtsanwalt, das Zusammenstellen von Unterlagen oder die Wahrnehmung von Gerichtsterminen, denn diese Tätigkeiten gehören nicht zu den allgemeinen Auf- gaben des Verwalters. Wie bereits im BEIRATAKTUELL (Aus- gabe 45/IV-17) berichtet, fallen diese Kosten bei der Gemeinschaft an und kön- nen, je nach Umfang und Dauer des Ge- richtsverfahrens, recht ansehnlich ausfal- len. Dabei stellt sich die Frage, ob und wie solche Kosten auf den „Verursacher“, d.h. auf den oder die Kläger, abgewälzt wer- den können.

Eigentums überschritten ist (vgl.: BGH, Urt. v. 18.3.2016 - V ZR 75/15, ZMR 2016, 476). Im Falle der Erhebung einer Beschlus- sanfechtungsklage entsteht indes Verwal- tungsaufwand, insbesondere durch eine demVerwalter geschuldete Sondervergü- tung für die Begleitung des gerichtlichen Verfahrens, durch Aufwendungsersatz- ansprüche von Ersatzzustellungsbevoll- mächtigen, durch die gem. § 27 Abs. 1 Nr. 7 WEG anfallenden Kosten der Un- terrichtung der Eigentümer sowie durch Mehraufwendungen infolge einer gem. § 27 Abs. 2 Nr. 4 WEG Vergütungsverein- barung mit Rechtsanwälten. Dabei sind die vorgenanntenAufwendun- gen auch ausdrücklich den Verwaltungs- kosten der Wohnungseigentümergemein- schaft zuzuordnen. Die vorgenanntenVerwaltungskosten sind zudem verfahrensrechtlich nicht festset- zungsfähig, fallen also ungeachtet des Obsiegens oder Unterliegens der Streit- parteien bei der Wohnungseigentümerge- meinschaft, die diese die o.g. Aufwen- dungen als Kostenschuldnerin zu bestrei- ten hat, an (vgl.: BGH, Beschl. v. 11.5.2017 – V ZB 52/15, NZM 2017, 635). Bei den vorgenanntenVerwaltungskosten handelt es sich auch um besonderen Ver- waltungsaufwand, da der Verband der Wohnungseigentümer am Beschlussan- fechtungsprozess nicht beteiligt ist und daher das Führen solcher gerichtlicher Verfahren nicht zu der der Wohnungsei- gentümergemeinschaft zugewiesenen Verwaltung des gemeinschaftlichen Ei- gentums gehört (vgl.: BGH, Urt. v. 17.10.2014 - V ZR 26/14, ZMR 2015, 244; BGH, Beschl. v. 15.3.2007 – V ZB 1/06, ZMR 2007, 623; Bärmann/Merle,

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WEG, 13. Aufl. 2015, § 21 Rn. 188).

mund, Urt. v. 19.4.2016 - 1 S 437/15, ZMR 2016, 642; LG Gera, Urt. v. 23.2.2016 - 5 S 225/15, IMR 2016, 205). 5. Umlage nach dem Verursachungs- prinzip Hinsichtlich des zu wählenden Vertei- lungsmaßstabs knüpft die Regelung des § 21 Abs. 7 Alt. 3 WEG nicht an das Eigentum an einem Wohnungseigentum an, sondern an ein bestimmtes, einen besonderen Verwaltungsaufwand verur- sachendes Verhalten eines Wohnungsei- gentümers an und ist demnach nicht ei- gentumsbezogen, sondern verursachungs- bzw. personenbezogen (vgl.: Hügel/Elzer, WEG, 2. Aufl. 2018, § 21 Rn. 144). Mit Blick hierauf steht es hier vertretener Rechtsauffassung nach den Wohnungs- eigentümern im Rahmen des ihnen zu- stehenden weiten Entscheidungsermessens zu, für die Beschlussfassung über die Verteilung der Kosten des vorstehend beschriebenen besonderen Verwaltungs- aufwands als Maßstab auf das Verursa- cherprinzip zurückzugreifen und denje- nigen Wohnungseigentümer mit den Kosten des o.g. besonderenVerwaltungs- aufwands zu belasten, der die Ursache für dessen Entstehen gesetzt hat (vgl.: BGH, Urt. v. 18.3.2016 - V ZR 75/15, ZMR 2016, 476). Demgemäß entspricht es den Grundsätzen ordnungsmäßiger Verwaltung, den im Falle eines Beschlussanfechtungsprozes- ses bei der Gemeinschaft anfallenden besonderen Verwaltungsaufwand, soweit dieser nicht nach den Regelungen der ZPO verfahrensrechtlich festsetzungsfä- hig ist, auf denVerursacher, d.h. den oder die unterliegenden Kläger des Beschlus- sanfechtungsverfahrens, umzulegen (vgl.: LG Dortmund, Urt. v. 19.4.2016 - 1 S 437/15, ZMR 2016, 642; LG Gera, Urt.

v. 23.2.2016 - 5 S 225/15, IMR 2016, 205; Hügel/Elzer, WEG, 2. Aufl. 2018, § 21 Rn. 147a). 6. Fazit Die hier vertretene Rechtsauffassung bie- tet den Wohnungseigentümern die Mög- lichkeit, durch einen sog. Vorratsbeschluss gem. § 21 Abs. 7 WEG über eine abwei- chende Verteilung besonderen Verwal- tungsaufwands beschließen und dadurch die Kostenverteilung nach dem Verursa- cherprinzip ändern können (vgl.: LG Dortmund, Urt. v. 19.4.2016 - 1 S 437/15; LG Gera, Urt. v. 23.2.2016 – 5 S 225/15). Hierdurch kann der ansonsten bei der Wohnungseigentümergemeinschaft ver- bleibende Mehraufwand für Beschlussan- fechtungsprozesse auf den unterliegenden Kläger umgelegt werden. Dabei kann die hier vertretene Rechts- meinung auch auf andere Fälle eines besonderen Verwaltungsaufwands sinn- entsprechend angewendet werden. Man denke nur an die ansonsten der Gemeinschaft anfallenden Sonderkosten für andere besonders zu vergütende Ver- walterleistungen wie etwa die Zustim- mung zur Veräußerung des Wohnungs- eigentums.

4. Kein Vorrang der gerichtlichen Kostenentscheidung Voraussetzung einer wirksamen Be- schlussfassung ist weiter, dass nicht un- zulässiger Weise in die im Rahmen des Rechtsstreits ergehende Kostenentschei- dung des Gerichts eingegriffen wird (sog. Vorrang der gerichtlichen Kostenentschei- dung). Hierzu stellt insbesondere die Regelung des § 16 Abs. 8 WEG klar, dass es sich bei den prozessual festsetzungsfähigen Verfahrenskosten der Streitparteien nicht um Verwaltungskosten der Wohnungsei- gentümergemeinschaft handelt, da die durch Konflikte zwischen einzelnenWoh- nungseigentümern ausgelösten Prozes- skosten nicht zu Lasten des Vermögens des am Beschlussanfechtungsprozess unbeteiligten Verbands der Wohnungsei- gentümer gehen sollen (vgl.: BGH, Urt. v. 17.10.2014 - V ZR 26/14, ZMR 2015, 244; BGH, Beschl. v. 15.3.2007 – V ZB 1/06, ZMR 2007, 623). Insofern verfolgt die Regelung des § 16 Abs. 8 WEG gerade nicht den Zweck, denVorrang der gerichtlichen Kostenent- scheidung im Innenverhältnis der Woh- nungseigentümer in Ansehung solcher Kosten zu wahren, die nicht festsetzungs- fähige Verfahrenskosten, sondern eben besonderer Verwaltungsaufwand sind, die beim rechtsfähigen Verband anfallen. Somit steht einer Beschlussentscheidung im Rahmen des § 21 Abs. 7 Alt. 3 WEG die gerichtliche Kostenentscheidung nicht entgegen, da es sich bei dem geregelten besonderen Verwaltungsaufwand nicht um festsetzungsfähige Verfahrenskosten handelt (vgl.: BGH, Beschl. v. 11.5.2017 - V ZB 52/15, NZM 2017, 635; LG Dort-

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››› Wohnungseigentumsrecht ‹‹‹ von RA Rüdiger Fritsch VG Media reloaded Können mit der VG Media geschlossene Lizenzverträge gekündigt werden?

Die VG Media (Gesellschaft zur Verwer- tung der Urheber- und Leistungsschutz- rechte von Sendeunternehmen und Pres- severlegern mbH) forderte in der Vergan- genheit u.a. von Wohnungseigentümer- gemeinschaften, welche via Satellit empfangene TV- und Radio-Programme über ein hausinternes Kabelverteilnetz an dieWohnungsnutzer weitergeben, den Abschluss eines Lizenzvertrags. Dies mit der Begründung, dass die Woh- nungseigentümergemeinschaft durch die Weiterleitung der Programme über das hauseigene Kabelnetz an die einzelnen Wohnungsnutzer das Kabelweiterleitungs- recht der o.g. Verwertungsgesellschaft gem. § 20bAbs. 1 S. 1 UrhG inAnspruch nehme, da es sich um eine öffentliche Wiedergabe urheberrechtlich geschützter Programminhalte i.S.d. § 15Abs. 3 UrhG handele. Ob die daraufhin mit der VG Media ge- schlossenen Lizenzverträge wirksam oder kündbar sind und ob gezahlte Beträge zurückgefordert werden können, hat das AG Charlottenburg in einer aktuellen Entscheidung geprüft (AG Charlottenburg, Urt. v. 1.2.2018 - 218 C 288/17). Während sich in I. und II. Instanz das LG München I (Urt. v. 20.3.2013 – 21 O 16054/12) und das OLG München (Urt. v. 11.9.2014 – 6 U 2619/14) noch damit auseinandersetzen, ob und unter welchen Voraussetzungen eine die Öffentlichkeit der Wiedergabe ausschließende „beson- dere persönliche Verbundenheit“ der Hausbewohner gem. § 15 Abs. 3 S. 2 UrhG vorlag (und dies verneint hatten), 1. Der Stand der Rechtsprechung zur Lizenzpflicht

griff der BGH auf die einschlägigen EU- Richtlinien zurück.

nen Lizenzvertrags ist nicht gegeben. Zwar ist die WEG einem Irrtum unterle- gen, dabei handelt es sich aber mit Blick auf eine Fehleinschätzung der Rechtslage um einen unbeachtlichen Motivirrtum. Darüber hinaus ist auch eineAnfechtbar- keit wegen einer Sittenwidrigkeit (§ 138 BGB) nicht herzuleiten. Auch ist durch die später bekannt gewordene anderslau- tende Rechtsprechung dem Lizenzvertrag nicht nachträglich die Geschäftsgrundla- ge entzogen worden. c) Kündigung des Lizenzvertrags Eine Kündigung des Lizenzvertrags ist indes wegen des bestehenden Kündigungs- rechts aus § 313Abs. 3 S. 2 BGB möglich und zu empfehlen. Dem stehen die von der VG Media in ihren Lizenzverträgen verwendeten All- gemeinen Geschäftsbedingungen nicht entgegen, da eine Kündigung für den Lizenznehmer u.a. nur dann möglich sein soll, wenn der Lizenznehmer nachweist, dass die in diesem Vertrag geregelten Nutzungen eingestellt werden. Entspre- chendes gilt für die Kündigungsmöglich- keit zur Vermeidung der jährlichen Ver- tragsverlängerung. d) Keine Rückerstattung bereits geleisteter Zahlungen Soweit nur eine Kündigung des Lizenzver- trags (also nur mitWirkung für die Zukunft) möglich ist, sindAnsprüche auf Erstattung bereits „rechtsgrundlos“ geleisteter Lizenz- gebühren nicht gegeben.

In diesen wird nämlich eine „besondere persönliche Verbundenheit“ nicht gefor- dert. Zur Verneinung einer öffentlichen Wiedergabe eines urheberrechtlich ge- schützten Werkes reicht es aus, dass des- senWiedergabe auf „besondere Personen“ beschränkt ist, die einer „privaten Grup- pe“ angehören. Demgemäß verneinte der BGH im entschiedenen Fall eine Pflicht zumAbschluss eines geforderten Lizenz- vertrags (vgl.: BGH, Urt. v. 17.9.2015 – I ZR 228/14). Ist bereits eine Lizenzvereinbarung mit der VG Media abgeschlossen, so stellt sich die Frage, ob der Vertragsschluss widerrufen werden kann bzw. unwirksam ist oder der Lizenzvertrag zumindest ge- kündigt werden kann. Fraglich ist weiter, ob bereits gezahlte Lizenzgebühren zu- rückgefordert werden können. a) Widerruf des Vertragsschlusses Wurde eine Lizenzvereinbarung mit der VG Media nach dem 13.6.2014 abge- schlossen, so kann die Wohnungseigen- tümergemeinschaft, da sie alsVerbraucher anzusehen ist, den Lizenzvertrag als Fernabsatzvertrag i.S.d. §§ 355, 356, 310, 312c, 312g BGB widerrufen. Erfolgte keine Belehrung über dasWiderrufsrecht, beträgt die Widerrufsfrist 1 Jahr und 2 Wochen ab Vertragsschluss. 2. Die Folgen für bereits abge­ schlossene Lizenzverträge

b) Geltendmachung der Unwirksamkeit des Vertrags

Die Möglichkeit einer Anfechtung eines mit der VG Media bereits abgeschlosse-

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››› Wohnungseigentumsrecht ‹‹‹ von Martin Metzger Ran an die Rücklage – wo ist die Grenze?

„Jedenfalls die Kosten für die Feststellung des Instandsetzungsbedarfes des Gemein- schaftseigentums (hier Trittschallmessung) dürfen aus der Instandhaltungsrücklage bestritten werden. Ob Sachverständigen- kosten darüber hinausgehend generell aus der Instandhaltungsrücklage bezahlt wer- den dürfen, bleibt offen.“ BGH, Beschl. v. 11.06.2015 –V ZB 78/14. Das Problem: Die Rücklage ist zweckgebunden. In der Regel stellt der Zugriff auf die Rücklage ohne Beschluss der Eigentümergemein- schaft keine ordnungsgemäßeVerwaltung dar. Ungeachtet dessen ist der Verwalter nicht selten aus verschiedenen Gründen gehalten, unvorhersehbare Ausgaben zu tätigen, die ggf. nicht über das Kontokor- rentkonto der Gemeinschaft gedeckt sind. Die eigentlich erforderliche Einberufung einer außerordentlichenWohnungseigen- tümerversammlung steht oft nicht in der Relation zur Ausgabe. Der Fall: Das AG Berlin-Neukölln hat dieAnfech- tungsklage gegen die Beschlüsse der Wohnungseigentümer vom 16.02.2013 abgewiesen, einen Sachverständigen bis zu einem Betrag von 1.500f – für die Messung der Trittschalldämmung zwi- schen zwei Wohnungen zu beauftragen und einem anderen Eigentümer die Kosten einer Trittschalldämmung von 618,80f zu erstatten. Die frist- und formgerecht ein- gelegte und begründete Berufung hat das LG als unzulässig verworfen, da die Be- schwer von Euro 600f (Interesse des Ein- zelklägers) nicht erreicht sei. Der BGH musste sich mit der Rechtsbeschwerde gegen die Zurückweisung auseinander- setzen. Die Entscheidung des BGH: Der BGH stellt klar, dass eine Entschei- dung des Rechtsbeschwerdegerichts im Sinne einer einheitlichen Rechtsprechung

entbehrlich ist. Auch hätte das Berufungs- gericht keine überzogenenAnforderungen an die Darlegung der Beschwer gestellt und den Zugang zur Berufung unzumut- bar erschwert. Die Entnahme aus der Instandhaltungsrücklage betreffend, war nämlich das Einzelinteresse des Klägers unter 600f. Zwar führte dieser den Fol- geschaden aufgrund notwendiger Bau- teilöffnung in seiner Wohnung an, diesen lies das Berufungsgericht zu Recht un- berücksichtigt. Auch hatte der Kläger nicht darlegen können, mit welchem Be- trag der Folgeschaden zu beziffern gewe- sen wäre. Darauf kommt es jedoch nicht an. Der BGH schließt sich schließlich der bislang in der herrschenden Literatur vertretenen Auffassung an, dass die Ko- sten für den Sonderfachmann aus der Rücklage bestritten werden darf. Da also die Streitfrage nicht zu einem anderen Ergebnis führt, wenn die Berufung zuge- lassen worden wäre, ist diese eben nicht erforderlich und deren Durchführung oh- ne Belang in Bezug auf die Streitfrage. Praxis-Tipp: Mit seiner Entscheidung bringt der BGH Klarheit bei einem bislang oft mit Unsi- cherheit auf Verwalterseite verbundenen Thema.

Die Zweckgebundenheit der Instandhal- tungsrücklage ist eine „heilige Kuh“, die durch das BGH-Urteil etwas mehr Fle- xibilität erfährt. Wo sich bisher die Recht- sprechung einig ist, nämlich dass der Verwalter im z.B. Schadenfall die Ursa- chenforschung zu Lasten der Gemein- schaft auch ohne Beschlussfassung be- auftragen kann (Kosten Leckortung; etc.), gilt dies jetzt auch für Gutachterkosten zur Feststellung des Instandsetzungsbe- darfs. Die Verwalter sind gut beraten, dabei zwei Dinge zu berücksichtigen: Zum einen muss das Verhältnis der Aus- gabe zur Größe der Wohnanlage stimmig sein – zum anderen ist das Ergebnis der gutachterlichen Einschaltung sowie wei- tere Maßnahmen zwingend eine Angele- genheit der Eigentümergemeinschaft.Aber in jedem Fall entspricht es ordnungsge- mäßer Verwaltung, den Auftrag zur Er- mittlung der Störungs- oder Schadensur- sache zu erteilen und die Ausgaben hier- für der Instandhaltungsrücklage zu ent- nehmen. Ein weiterer – wenngleich kleiner – Schritt in Richtung einer Ver- einfachung der ohnehin komplexen Ver- walteraufgaben.

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››› Wohnungseigentumsrecht ‹‹‹ von RA Rüdiger Fritsch Immer Ärger wegen der Fenster – Teil II Folgen der eigenmächtigen Instandsetzung von Fenstern im Bereich des Sondereigentums

Der in der vorangegangenenAusgabe des BEIRATaktuell erschienene Teil I zu „Im- mer Ärger mit den Fenstern“ beschäftig- te sich mit der Frage, wer für die Instand- haltung und Instandsetzung der imBereich der einzelnen Sondereigentumseinheiten einer WEG-Anlage befindlichen Fenster zuständig ist und die entstehenden Kosten zu übernehmen hat. Dazu wurde dargelegt, dass auch solche Fenster zwingend dem gemeinschaftlichen Eigentum zuzuordnen sind und demnach deren Instandhaltung und Instandsetzung grundsätzlich von der Wohnungseigen- tümergemeinschaft aufgrund entsprechen- denVersammlungsbeschlusses auf Kosten sämtlicher Eigentümer durchzuführen ist. Zusätzlich wurde dargestellt, wie und mit welchen Ergebnissen eine zwar in der Teilungserklärung bzw. Gemeinschafts- ordnung enthaltene, aber nach der Recht- sprechung des BGH unwirksame Zuord- nung der im räumlichen Bereich der je- weiligen Einheiten befindlichen Fenster zum Sondereigentum auszulegen und umzudeuten sein kann. Hierzu wurde auch ausgeführt, dass letzt- lich nur im Rahmen der Gemeinschafts- ordnung getroffene Vereinbarungen ge- eignet sind, die Kostentragungs- bzw. die Instandsetzungslast in Ansehung der Fenster wirksam auf den jeweiligen Son- dereigentümer zu übertragen. Die Praxis zeigt indes, dass Wohnungs- eigentümer vielfach in Verkennung der Sach- und Rechtslage der Meinung sind, dass die im Bereich ihrer Sondereigen- tumseinheit befindlichen Fenster von ihnen selbst instand zu halten und instand zu setzen seien und daraufhin eigenmäch- tig und auf eigene Kosten solche Maß- nahmen veranlassten.

die den einzelnen Sondereigentümer vers- pflichten sollten, die Instandhaltung und Instandsetzung der im Bereich seines Sondereigentums befindlichen Fenster selbst durchzuführen oder ihm zumindest die Kosten für solche Maßnahmen auf- erlegen sollten. Nachfolgend soll daher der Frage nach- gegangen werden, welche Folgen sich hieraus für den einzelnen Eigentümer sowie die Gemeinschaft ergeben und wie mit solchen Sachverhalten umzugehen ist. Dabei ist zwischen solchen Fallkonstel- lationen zu unterscheiden, in denen der betroffene Eigentümer aufgrund einer eigenen Fehleinschätzung der Sach- und Rechtslage eigenmächtig Instandhaltungs- oder Instandsetzungsmaßnahmen an „sei- nen“ Fenstern vornimmt und solchen, in denen der betroffene Eigentümer zwar entgegen der tatsächlichen Rechtslage handelt, dabei aber für sich ein schutz- würdiges Vertrauen inAnspruch nehmen kann. Zunächst ist der Frage nachzugehen, wie sich die übrigen Eigentümer verhalten sollen, wenn ein Miteigentümer in selbst- verschuldeterVerkennung der gesetzlichen oder im Rahmen der Gemeinschaftsord- nung vereinbarten Rechtslage Maßnahmen der Instandhaltung und Instandsetzung, insbesondere an Fenstern, Rollläden oder Wohnungsabschlusstüren im räumlichen Bereich seines Sondereigentums, eigen- mächtig und auf eigene Kosten durchge- führt hat und nun die Erstattung der von ihm hierfür aufgewendeten Beträge for- dert. a) EinemWohnungseigentümer, der gemein- schaftliches Eigentum ohne Beschluss der Eigentümerversammlung selbst und 1. Eigenmächtige Maßnahmen ohne schutzwürdiges Vertrauen

auf eigene Kosten instand hält oder instand setzt, steht ein Anspruch auf Ersatz der von ihm getätigten Aufwendungen zu- nächst nur dann zu, wenn er inAusübung der sog. Notfallkompetenz aufgrund einer Not- bzw. Gefahrenlage gem. § 21 Abs. 2 WEG handelt, um einen dem Gemein- schaftseigentum unmittelbar drohenden Schaden abzuwenden. Diese Vorausset- zungen liegen indes nur in absoluten Ausnahmefällen vor. b) Typischerweise führen Eigentümer eigen- mächtig Instandsetzungsmaßnahmen an den im räumlichen Bereich ihres Son- dereigentums befindlichen Fenstern, Rollläden oder Außentüren durch, weil sie entweder irrtümlich der Meinung sind, hierzu ohnehin verpflichtet zu sein oder weil sie aus anderen Gründen die Eigen- tümerversammlung an der Entscheidung nicht beteiligen wollen. Dabei ist, wie bereits ausgeführt, mangels abweichender Vereinbarung alleine die Eigentümerversammlung gem. §§ 21Abs. 3, Abs. 5 Nr. 2 WEG befugt, über solche Maßnahmen durch Mehrheitsbeschluss zu entscheiden. EinemWohnungseigentümer, der gemein- schaftliches Eigentum ohne Beschluss der Eigentümerversammlung derart ei- genmächtig und auf eigene Kosten instand hält oder instand setzt, steht somit ein wohnungseigentumsrechtlich begründeter Aufwendungsersatzanspruch nicht zu. Mit Blick auf die Umgehung der zur Ent- scheidung über Instandsetzungsmaßnah- men alleine berufenen Eigentümerver- sammlung scheidet auch ein Aufwen- dungsersatzanspruch aus berechtigter Geschäftsführung ohne Auftrag gem. §§ 682, 670Abs. 2 BGB aus, da dem betref- fenden Eigentümer bekannt ist oder be- kannt zu sein hat, dass ein eigenmächti- ges Vorgehen des Einzelnen nicht im Interesse der übrigen Wohnungseigentü-

Oftmals sind aber auch in der Vergangen- heit Eigentümerbeschlüsse gefasst worden,

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mer liegt (vgl.: BGH, Urt. v. 25.9.2015 - V ZR 246/14).

c) In Frage kommt allenfalls bereicherungs- rechtliche Ansprüche gem. §§ 684, 812 ff. BGB, die aber nur begründet sind, sofern die im Alleingang durchgeführte Maßnahme zwingend hätte vorgenommen sowie ein entsprechender Beschluss zwin- gend hätte gefasst werden müssen und daher die übrigen Eigentümer eigene Aufwendungen erspart haben. Der Geltendmachung solcher Bereiche- rungsansprüche können dabei etliche sachliche und rechtliche Einwendungen entgegengehalten werden. aa) Im Streitfall hat der eigenmächtig han- delnde Sondereigentümer darzulegen und zu beweisen, dass tatsächlich dringender Instandsetzungsbedarf bestand und das Entscheidungsermessen der Eigentümer- versammlung hinsichtlich der konkreten Instandsetzungsmaßnahme und der hier- durch verursachten Kosten „auf Null“ reduziert war, im Falle einer Befassung der Eigentümerversammlung die Maß- nahme also genauso wie durchgeführt auch zu beschließen gewesen wäre. bb) Zudem richten sich die o.g. Bereiche- rungsansprüche des eigenmächtig han- delnden Sondereigentümers nicht gegen die Wohnungseigentümergemeinschaft, sondern sind nur gegenüber den jeweili- gen einzelnen übrigen Wohnungseigen- tümer individuell geltend zu machen (vgl.: BGH, Urt. v. 25.9.2015 - V ZR 246/14). cc) Insbesondere ist auf die möglichen Ein- rede der Verjährung gegenüber den o.g. Ansprüchen hinzuweisen, wobei hier gem. §§ 199, 195 BGB die Regelverjährungs- frist von 3 Jahren zum Jahresende gilt,

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weshalb denkbare Ansprüche aufgrund von Maßnahmen, die bis zum Ablaufe des 31.12.2014 durchgeführt wurden, seit dem 01.01.2018 ohnehin der Verjährung unterliegen. Zwar kommt es gem. § 199 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 für den Beginn des Laufs der Verjährungsfrist neben der Entstehung des Anspruchs (durch Tätigung der Auf- wendung) auch darauf an, dass der Gläu- biger Kenntnis von der Person des Schuld- ners und dem Bestehen des Anspruchs erlangt, weshalb in solchen Fällen der Anspruchsteller regelmäßig darauf ver- weist, dass er im „guten Glauben“ gehan- delt habe und ihm daher das Bestehen des Bereicherungsanspruchs erst später bekannt geworden sei. Indes setzt § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB nur voraus, dass der Gläubiger die tatsächli- chen Umstände kennt, aus denen sich für ihn einAnspruch ergibt; eine zutreffende rechtliche Würdigung wird dabei nicht vorausgesetzt. Für den hier angesprochenen Fall der Instandsetzung von Gemeinschaftsei- gentum ohne Beschluss der Eigentümer- versammlung auf eigene Kosten heißt dies, da dem Wohnungseigentümer die Regelungen des WEG sowie die der Ge- meinschaftsordnung bekannt zu sein haben sind, dass regelmäßig von Kennt- nis, zumindest von der gem. § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB ausreichenden grob fahr- lässigen Unkenntnis des betreffenden Wohnungseigentümers und somit einge- tretener Verjährung auszugehen ist (vgl.: LG Dortmund, Urt. v. 2.2.2018 – 85 S 88/16). Dabei kann sich der betreffende Woh- nungseigentümer auch nicht auf die ge- gebenenfalls widersprechendenAngaben des Wohnungseigentumsverwalters ver- lassen, da er sich mit diesen ohne eigene oder mangels eigener Kenntnisse ohne

fachkundige Prüfung nicht zufrieden ge- ben darf, weil dieAuslegung der Gemein- schaftsordnung nebst der Erteilung von Rechtsauskünften nicht zu denAufgaben und Befugnissen des Verwalters gehört (vgl.: LG Dortmund, a.a.O.). dd) Die Geltendmachung der Einrede der Verjährung widerspricht dabei auch grund- sätzlich nicht Treu und Glauben. Soweit in der früheren Rechtsprechung dieAuffassung vertreten wurde, denWoh- nungseigentümern sei eine Berufung auf die Einrede der Verjährung aus Gründen des Gleichbehandlungsgrundsatzes sowie mit Blick auf die Pflicht zu gemeinschafts- freundlichem Verhalten zu verwehren (vgl.: OLG Hamm, Beschl. v. 20.11.2006 – 15W 166/06), so ist darauf hinzuweisen, dass dies nur diejenigen Fälle betrifft, in denen Wohnungseigentümer imVertrau- en auf die vor Bekanntwerden der Grund- satzentscheidung des BGH (Urt. v. 20.9.2000 - V ZB 58/99) zur Beschlus- skompetenz der Wohnungseigentümer- gemeinschaft herrschende Rechtsmeinung nichtige Beschlüsse zur Übertragung der Instandsetzungs- bzw. Kostentragungslast gefasst hatten (vgl.: LGDortmund, a.a.O.). d) Auch ist darauf hinzuweisen, dass die Geltendmachung solcher Erstattungs- forderungen den betreffendenWohnungs- eigentümer nicht berechtigt, sich der vereinbarten gemeinschaftlichen Ko- stentragung für zukünftig zu beschlie- ßende Maßnahmen der Instandhaltung und Instandsetzung an gemeinschaftli- chem Eigentum (insbesondere an den Fenstern, Rollläden oder Abschlusstüren im Bereich anderen Sondereigentums) zu entziehen. Abgesehen davon, dass Gläubiger der Beitragsforderungen der rechtsfähige Verband der Wohnungseigentümer i.S.d.

§ 10 Abs. 6 WEG ist und denkbare Er- stattungsforderungen sich nicht gegen diesen richten (siehe nachfolgend), ist die Ausübung eines Zurückbehaltungs- oder Aufrechnungsrechts gegenüber Beitrags- forderungen der Wohnungseigentümer- gemeinschaft ausgeschlossen, es sei denn, es handelt sich um anerkannte oder rechts- kräftig festgestellte Forderungen oder um solche aus Notgeschäftsführung gem. § 21 Abs. 2 WEG (vgl.: BGH, Urt. v. 29.1.2016 – V ZR 97/15; LG München I, Urt. v. 2.2.2009 - 1 S 10225/08). Anders kann die Rechtslage zu beurteilen sein, wenn die Wohnungseigentümerge- meinschaft aufgrund früherer Be- schlussfassungen über eine vom einzelnen Sondereigentümer durchzuführende In- standhaltung und Instandsetzung eine langjährige von der tatsächlichen Rechts- lage abweichende Handhabung geübt hat. Führt der einzelne Sondereigentümer im Vertrauen hierauf eigenständig Instand- setzungsmaßnahmen durch, kann zu be- rücksichtigen sein, dass es den anderen Wohnungseigentümern mit Blick auf un- ter dem Gesichtspunkt einer sog. schuld- rechtlichenVereinbarung oder nach Treu und Glauben gem. § 242 BGB versagt sein kann, sich auf die tatsächliche Rechts- lage zu berufen. a) Soweit in der Vergangenheit durch Be- schlüsse der Eigentümerversammlung mit genereller Wirkung abweichende Regelungen hinsichtlich der Pflicht zur Instandhaltung und Instandsetzung sowie Erneuerung von Fensteranlagen im räum- lichen Bereich durch den einzelnen Son- dereigentümer getroffen wurden, so sind die jeweils gefassten Beschlüsse mangels Beschlusskompetenz nichtig, d.h. rechts- unwirksam (vgl.: BGH, Urt. v. 9.7.2010 - V ZR 202/09; BGH, Beschl. v. 20.09. 2000 - V ZB 58/99). 2. Eigenmächtige Maßnahmen in schutzwürdigem Vertrauen

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b) Auch für eine generelle abweichende Kostentragungsregelung durch doppelt- qualifizierten Mehrheitsbeschluss inAus- übung der gem. § 16 Abs. 4 WEG beste- henden Beschlusskompetenz, wonach die Instandsetzungslast zwar der Gemein- schaft obliegen, der jeweilige Sonderei- gentümer aber die entstehenden Kosten alleine zu tragen haben soll, gilt, dass solche Beschlüsse mangels Beschlus- skompetenz nichtig, d.h. rechtsunwirksam sind (vgl.: BGH, Urt. v. 9.7.2010 - V ZR 202/09). c) Ebenso ist von doppelt-qualifizierter Mehrheitsbeschlussfassung über eine se- parate Kostentragung durch den einzelnen Sondereigentümer gem. § 16Abs. 4WEG im jeweiligen Einzelfall, insbesondere mit Blick auf das konkret vorherzusehen- de Prozess- und Kostenrisiko, dringend abzuraten. Dies alleine schon mit Blick auf die in § 16 Abs. 4 WEG enthaltene Regelung, wonach eine abweichende Kostenvertei- lung dem Gebrauch bzw. der Gebrauchs- möglichkeit Rechnung zu tragen hat. Es besteht aber in Ansehung von Fenstern oder Wohnungsabschlusstüren kein ex- klusiver Gebrauch oder ein exklusiver Gebrauchsvorteil zugunsten des einzelnen Sondereigentümers, da im zwingenden Gemeinschaftseigentum stehende Fenster bzw. Türen sämtlichen Wohnungseigen- tümern dienen bzw. für die geforderte Abgeschlossenheit notwendig sind (vgl.: BGH, Urt. v. 25.10.2013 – V ZR 212/12; LG Hamburg, Urt. v. 25.5.2011 - 318 S 21/11). Abgesehen davon verstieße ein solcher Beschluss gegen das Gebot der Gleich- behandlung der Eigentümer und wäre grob rechtswidrig (vgl.: BGH, Urt. v. 18.10.2016 – V ZR 164/09, ZMR 2010, 866).

d) Voraussetzung einer denkbaren, durch nichtigen Beschluss zustande gekomme- nen von der Rechtslage abweichenden sog. schuldrechtlichen Vereinbarung ist, dass zum einen jeweils sämtliche Eigen- tümer an der betreffenden Beschlussfas- sung mitgewirkt haben und zum anderen, dass im Falle einer Einzelrechtsnachfol- ge (insbes. Veräußerung) der jeweilige neu in die Gemeinschaft eingetretene Eigentümer der schuldrechtlichen Ver- einbarung ausdrücklich beigetreten sein muss. Bloß schuldrechtliche Vereinbarungen entfalten nämlich mangels Grundbuch- eintragung oder ausdrücklichem Beitritt keine Rechtswirkung gegenüber Einzel- rechtsnachfolgern (vgl.: BGH, Urt. v. 26.9.2003 – V ZR 217/02; OLG Düssel- dorf, Beschl. v. 14.2.2001 - 3Wx 392/00). Dabei ist weiter zu berücksichtigen, dass eine Pflicht zur Hinnahme einer fortge- setzten rechtswidrigen bzw. vereinba- rungswidrigen Handhabung nur diejeni- gen Wohnungseigentümer treffen kann, welche die abweichende Handhabung selbst in verwirkungserzeugender Weise selbst mitgetragen haben (vgl.: LG Düs- seldorf, Urt. v. 18.5.2010 - 16 S 26/09; AG Rosenheim, Urt. v. 21.1.2014 - 12 C 1514/13 WEG; AG Velbert, Urt. v. 20.2.2009 – 18a C 88/08). e) Allerdings können nichtige generelle oder vielfach für den jeweiligen Einzelfall gefasste rechtswidrige Beschlüsse einen Vertrauenstatbestand im o.g. Sinne be- gründen. Nach einer in der Rechtsprechung ver- tretenen Auffassung sollen daher die Wohnungseigentümer ungeachtet der vorstehenden dargestellten Einwendungen Beschlusskompetenz besitzen, sich mit Blick auf das Gebot gemeinschaftsfreund-

lichen Verhaltens nicht auf die Einrede der Verjährung zu berufen und demgemäß berechtigt sein, eine Beschlussfassung über eine pauschale Abgeltung etwaiger Ansprüche derjenigen Eigentümer her- beizuführen, die entsprechende Aufwen- dungen gutgläubig getätigt haben (vgl.: OLG Düsseldorf, Beschl. v. 26.05.2008 - I-3 Wx 271/07; LG München I, Urt. v. 6.2.2014 - 36 S 9481/13). Dabei ist jedoch angemessen zu berück- sichtigen, dass diejenigen Eigentümer, die nach Bekanntwerden der o.g. Ent- scheidung des BGH v. 20.9.2000 gehan- delt haben, weniger schutzwürdiger sind, als diejenigen, die entsprechende Maß- nahmen davor vornahmen. Zu berücksichtigen ist weiter, dass ins- besondere mit Blick auf den eingetretenen Zeitablauf eine vollständige Erstattung der geltend gemachten Beträge (Abnut- zung) ausgeschlossen und somit zu be- rücksichtigen ist, wann der Einbau der Fenster stattgefunden hat. So kann eine Staffelung bzw. Quotelung des Anerken- nungsbetrages nach Abnutzungsdauer bzw. Lebenserwartung unter Berücksich- tigung der bereits eingetretenen Amorti- sation bzw. Abnutzung bemessen werden. Im Zuge eines solchen Abgeltungsbe- schlusses darf auch nicht über die Erstat- tungsansprüche der betroffenen Eigentü- mer Beschluss gefasst werden, sondern es darf lediglich ein Vergleichsangebot unterbreitet werden, welches der einzelne Eigentümer annehmen kann, aber nicht muss (vgl.: LG Düsseldorf, Urt. v. 10.9.2014 – 25 S 9/14). Entsprechende Ausgleichzahlungen der Gemeinschaft sind daher mit Blick auf die vorhergehenden Ausführungen eher als symbolischer Befriedungsbeitrag, denn als (100%-ige) Erstattung anzusehen.

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››› Mietrecht ‹‹‹ von RA Rüdiger Fritsch Kein Schwein ruft mich an …

Der Wohnungsmieter hat neben demAn- spruch auf Strom- und Wasseranschluss grundsätzlich auch einenAnspruch darauf, dass ihm Anschlüsse für Telekommuni- kation zur Verfügung stehen. Der Ver- mieter hat für die entsprechenden An- schlussvorrichtungen zu sorgen. Ob sich daraus auch eine Verpflichtung des Ver- mieters ergibt, die tatsächliche mangelfreie Signalübertragung eines bestehenden Telefonanschlusses zu gewährleisten, gleich welche Ursache vorliegt, ist grund- sätzlich zu verneinen. LG Berlin, Urt. v. 12.09.2015 – 63 S 151/14 Der Fall: Mieter M mietet von Vermieter V eine Wohnung, die mit einer Telefonsteckdo- se ausgerüstet ist. Als M bei seinem Te- lefonanbieter einen Telefonanschluss beantragt, stellt sich heraus, dass zwischen demTelekommunikationsübergabepunkt im Keller des Hauses und der Telefon- steckdose in der Wohnung des M keine Signalübertragung möglich ist, weil das betreffende Kabel defekt ist. M verlangt

von V die Reparatur des Telefonkabels, schließlich habe er die Wohnung mit ei- nemTelefonanschluss angemietet. V kon- tert, dass die Telefonsteckdose selbst in Ordnung sei und es Sache des M sei, seinen Telefonanbieter dazu zu veranlas- sen, ein funktionierendes Kabel zu ver- legen. Das Problem: Gem. §535 Abs. 1 S. 2 BGB hat der Ver- mieter dem Mieter zu Beginn des Miet- verhältnisses eine gebrauchstaugliche Mietsache zur Verfügung zu stellen und diese während der Dauer des Mietver- hältnisses in gebrauchstauglichem Zustand zu halten. Dabei kommt es für die In- standhaltungsverpflichtung desVermieters ausdrücklich nicht darauf an, ob ihn ein Verschulden an einem Mangel der Miet- sache trifft oder nicht. Hinzu kommt, dass dann, wenn eine Mietsache nebst Tele- fonsteckdose vermietet wird, der Mieter auch erwarten kann, dass diese funktio- niert. Fraglich ist aber, da die Telefon- steckdose selbst intakt und lediglich das Zuleitungskabel defekt ist, ob sich die

Instandhaltungspflicht des Vermieters auch auf das Kabel bezieht.

Die Entscheidung des LG Berlin: Das LG Berlin weist die Klage des Mie- ters ab. Zwar haben sowohl Wohn- als auch Geschäftsraummieter auch ohne ausdrückliche vertragliche Vereinbarung unter Zugrundelegung der Verkehrsan- schauung einen Anspruch darauf, dass ihnenAnschlüsse für Telekommunikation zur Verfügung stehen. Eine eigene Ver- pflichtung des Vermieters, die entspre- chende Signalübertragung eines beste- henden Anschlusses zu gewährleisten, ergibt sich hieraus indes, so das LG Ber- lin, in der Regel nicht. Denn die Gebrauch- serhaltungspflicht desVermieters umfasst lediglich dieWohnung, die zurAusstattung der Wohnung gehörenden Bauteile und Einrichtungen sowie den Zugang zu ihr. Da die Wohnung des klagenden Mieters mit einem entsprechenden Anschluss ver- sehen ist, hat der Vermieter den Vertrag insoweit erfüllt. Denn die Aktivierung des Anschlusses in der Weise, dass eine

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