BeiratAktuell-49

weshalb denkbare Ansprüche aufgrund von Maßnahmen, die bis zum Ablaufe des 31.12.2014 durchgeführt wurden, seit dem 01.01.2018 ohnehin der Verjährung unterliegen. Zwar kommt es gem. § 199 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 für den Beginn des Laufs der Verjährungsfrist neben der Entstehung des Anspruchs (durch Tätigung der Auf- wendung) auch darauf an, dass der Gläu- biger Kenntnis von der Person des Schuld- ners und dem Bestehen des Anspruchs erlangt, weshalb in solchen Fällen der Anspruchsteller regelmäßig darauf ver- weist, dass er im „guten Glauben“ gehan- delt habe und ihm daher das Bestehen des Bereicherungsanspruchs erst später bekannt geworden sei. Indes setzt § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB nur voraus, dass der Gläubiger die tatsächli- chen Umstände kennt, aus denen sich für ihn einAnspruch ergibt; eine zutreffende rechtliche Würdigung wird dabei nicht vorausgesetzt. Für den hier angesprochenen Fall der Instandsetzung von Gemeinschaftsei- gentum ohne Beschluss der Eigentümer- versammlung auf eigene Kosten heißt dies, da dem Wohnungseigentümer die Regelungen des WEG sowie die der Ge- meinschaftsordnung bekannt zu sein haben sind, dass regelmäßig von Kennt- nis, zumindest von der gem. § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB ausreichenden grob fahr- lässigen Unkenntnis des betreffenden Wohnungseigentümers und somit einge- tretener Verjährung auszugehen ist (vgl.: LG Dortmund, Urt. v. 2.2.2018 – 85 S 88/16). Dabei kann sich der betreffende Woh- nungseigentümer auch nicht auf die ge- gebenenfalls widersprechendenAngaben des Wohnungseigentumsverwalters ver- lassen, da er sich mit diesen ohne eigene oder mangels eigener Kenntnisse ohne

fachkundige Prüfung nicht zufrieden ge- ben darf, weil dieAuslegung der Gemein- schaftsordnung nebst der Erteilung von Rechtsauskünften nicht zu denAufgaben und Befugnissen des Verwalters gehört (vgl.: LG Dortmund, a.a.O.). dd) Die Geltendmachung der Einrede der Verjährung widerspricht dabei auch grund- sätzlich nicht Treu und Glauben. Soweit in der früheren Rechtsprechung dieAuffassung vertreten wurde, denWoh- nungseigentümern sei eine Berufung auf die Einrede der Verjährung aus Gründen des Gleichbehandlungsgrundsatzes sowie mit Blick auf die Pflicht zu gemeinschafts- freundlichem Verhalten zu verwehren (vgl.: OLG Hamm, Beschl. v. 20.11.2006 – 15W 166/06), so ist darauf hinzuweisen, dass dies nur diejenigen Fälle betrifft, in denen Wohnungseigentümer imVertrau- en auf die vor Bekanntwerden der Grund- satzentscheidung des BGH (Urt. v. 20.9.2000 - V ZB 58/99) zur Beschlus- skompetenz der Wohnungseigentümer- gemeinschaft herrschende Rechtsmeinung nichtige Beschlüsse zur Übertragung der Instandsetzungs- bzw. Kostentragungslast gefasst hatten (vgl.: LGDortmund, a.a.O.). d) Auch ist darauf hinzuweisen, dass die Geltendmachung solcher Erstattungs- forderungen den betreffendenWohnungs- eigentümer nicht berechtigt, sich der vereinbarten gemeinschaftlichen Ko- stentragung für zukünftig zu beschlie- ßende Maßnahmen der Instandhaltung und Instandsetzung an gemeinschaftli- chem Eigentum (insbesondere an den Fenstern, Rollläden oder Abschlusstüren im Bereich anderen Sondereigentums) zu entziehen. Abgesehen davon, dass Gläubiger der Beitragsforderungen der rechtsfähige Verband der Wohnungseigentümer i.S.d.

§ 10 Abs. 6 WEG ist und denkbare Er- stattungsforderungen sich nicht gegen diesen richten (siehe nachfolgend), ist die Ausübung eines Zurückbehaltungs- oder Aufrechnungsrechts gegenüber Beitrags- forderungen der Wohnungseigentümer- gemeinschaft ausgeschlossen, es sei denn, es handelt sich um anerkannte oder rechts- kräftig festgestellte Forderungen oder um solche aus Notgeschäftsführung gem. § 21 Abs. 2 WEG (vgl.: BGH, Urt. v. 29.1.2016 – V ZR 97/15; LG München I, Urt. v. 2.2.2009 - 1 S 10225/08). Anders kann die Rechtslage zu beurteilen sein, wenn die Wohnungseigentümerge- meinschaft aufgrund früherer Be- schlussfassungen über eine vom einzelnen Sondereigentümer durchzuführende In- standhaltung und Instandsetzung eine langjährige von der tatsächlichen Rechts- lage abweichende Handhabung geübt hat. Führt der einzelne Sondereigentümer im Vertrauen hierauf eigenständig Instand- setzungsmaßnahmen durch, kann zu be- rücksichtigen sein, dass es den anderen Wohnungseigentümern mit Blick auf un- ter dem Gesichtspunkt einer sog. schuld- rechtlichenVereinbarung oder nach Treu und Glauben gem. § 242 BGB versagt sein kann, sich auf die tatsächliche Rechts- lage zu berufen. a) Soweit in der Vergangenheit durch Be- schlüsse der Eigentümerversammlung mit genereller Wirkung abweichende Regelungen hinsichtlich der Pflicht zur Instandhaltung und Instandsetzung sowie Erneuerung von Fensteranlagen im räum- lichen Bereich durch den einzelnen Son- dereigentümer getroffen wurden, so sind die jeweils gefassten Beschlüsse mangels Beschlusskompetenz nichtig, d.h. rechts- unwirksam (vgl.: BGH, Urt. v. 9.7.2010 - V ZR 202/09; BGH, Beschl. v. 20.09. 2000 - V ZB 58/99). 2. Eigenmächtige Maßnahmen in schutzwürdigem Vertrauen

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BEIRAT AKTUELL 49/IV-18

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