BeiratAktuell-49

b) Auch für eine generelle abweichende Kostentragungsregelung durch doppelt- qualifizierten Mehrheitsbeschluss inAus- übung der gem. § 16 Abs. 4 WEG beste- henden Beschlusskompetenz, wonach die Instandsetzungslast zwar der Gemein- schaft obliegen, der jeweilige Sonderei- gentümer aber die entstehenden Kosten alleine zu tragen haben soll, gilt, dass solche Beschlüsse mangels Beschlus- skompetenz nichtig, d.h. rechtsunwirksam sind (vgl.: BGH, Urt. v. 9.7.2010 - V ZR 202/09). c) Ebenso ist von doppelt-qualifizierter Mehrheitsbeschlussfassung über eine se- parate Kostentragung durch den einzelnen Sondereigentümer gem. § 16Abs. 4WEG im jeweiligen Einzelfall, insbesondere mit Blick auf das konkret vorherzusehen- de Prozess- und Kostenrisiko, dringend abzuraten. Dies alleine schon mit Blick auf die in § 16 Abs. 4 WEG enthaltene Regelung, wonach eine abweichende Kostenvertei- lung dem Gebrauch bzw. der Gebrauchs- möglichkeit Rechnung zu tragen hat. Es besteht aber in Ansehung von Fenstern oder Wohnungsabschlusstüren kein ex- klusiver Gebrauch oder ein exklusiver Gebrauchsvorteil zugunsten des einzelnen Sondereigentümers, da im zwingenden Gemeinschaftseigentum stehende Fenster bzw. Türen sämtlichen Wohnungseigen- tümern dienen bzw. für die geforderte Abgeschlossenheit notwendig sind (vgl.: BGH, Urt. v. 25.10.2013 – V ZR 212/12; LG Hamburg, Urt. v. 25.5.2011 - 318 S 21/11). Abgesehen davon verstieße ein solcher Beschluss gegen das Gebot der Gleich- behandlung der Eigentümer und wäre grob rechtswidrig (vgl.: BGH, Urt. v. 18.10.2016 – V ZR 164/09, ZMR 2010, 866).

d) Voraussetzung einer denkbaren, durch nichtigen Beschluss zustande gekomme- nen von der Rechtslage abweichenden sog. schuldrechtlichen Vereinbarung ist, dass zum einen jeweils sämtliche Eigen- tümer an der betreffenden Beschlussfas- sung mitgewirkt haben und zum anderen, dass im Falle einer Einzelrechtsnachfol- ge (insbes. Veräußerung) der jeweilige neu in die Gemeinschaft eingetretene Eigentümer der schuldrechtlichen Ver- einbarung ausdrücklich beigetreten sein muss. Bloß schuldrechtliche Vereinbarungen entfalten nämlich mangels Grundbuch- eintragung oder ausdrücklichem Beitritt keine Rechtswirkung gegenüber Einzel- rechtsnachfolgern (vgl.: BGH, Urt. v. 26.9.2003 – V ZR 217/02; OLG Düssel- dorf, Beschl. v. 14.2.2001 - 3Wx 392/00). Dabei ist weiter zu berücksichtigen, dass eine Pflicht zur Hinnahme einer fortge- setzten rechtswidrigen bzw. vereinba- rungswidrigen Handhabung nur diejeni- gen Wohnungseigentümer treffen kann, welche die abweichende Handhabung selbst in verwirkungserzeugender Weise selbst mitgetragen haben (vgl.: LG Düs- seldorf, Urt. v. 18.5.2010 - 16 S 26/09; AG Rosenheim, Urt. v. 21.1.2014 - 12 C 1514/13 WEG; AG Velbert, Urt. v. 20.2.2009 – 18a C 88/08). e) Allerdings können nichtige generelle oder vielfach für den jeweiligen Einzelfall gefasste rechtswidrige Beschlüsse einen Vertrauenstatbestand im o.g. Sinne be- gründen. Nach einer in der Rechtsprechung ver- tretenen Auffassung sollen daher die Wohnungseigentümer ungeachtet der vorstehenden dargestellten Einwendungen Beschlusskompetenz besitzen, sich mit Blick auf das Gebot gemeinschaftsfreund-

lichen Verhaltens nicht auf die Einrede der Verjährung zu berufen und demgemäß berechtigt sein, eine Beschlussfassung über eine pauschale Abgeltung etwaiger Ansprüche derjenigen Eigentümer her- beizuführen, die entsprechende Aufwen- dungen gutgläubig getätigt haben (vgl.: OLG Düsseldorf, Beschl. v. 26.05.2008 - I-3 Wx 271/07; LG München I, Urt. v. 6.2.2014 - 36 S 9481/13). Dabei ist jedoch angemessen zu berück- sichtigen, dass diejenigen Eigentümer, die nach Bekanntwerden der o.g. Ent- scheidung des BGH v. 20.9.2000 gehan- delt haben, weniger schutzwürdiger sind, als diejenigen, die entsprechende Maß- nahmen davor vornahmen. Zu berücksichtigen ist weiter, dass ins- besondere mit Blick auf den eingetretenen Zeitablauf eine vollständige Erstattung der geltend gemachten Beträge (Abnut- zung) ausgeschlossen und somit zu be- rücksichtigen ist, wann der Einbau der Fenster stattgefunden hat. So kann eine Staffelung bzw. Quotelung des Anerken- nungsbetrages nach Abnutzungsdauer bzw. Lebenserwartung unter Berücksich- tigung der bereits eingetretenen Amorti- sation bzw. Abnutzung bemessen werden. Im Zuge eines solchen Abgeltungsbe- schlusses darf auch nicht über die Erstat- tungsansprüche der betroffenen Eigentü- mer Beschluss gefasst werden, sondern es darf lediglich ein Vergleichsangebot unterbreitet werden, welches der einzelne Eigentümer annehmen kann, aber nicht muss (vgl.: LG Düsseldorf, Urt. v. 10.9.2014 – 25 S 9/14). Entsprechende Ausgleichzahlungen der Gemeinschaft sind daher mit Blick auf die vorhergehenden Ausführungen eher als symbolischer Befriedungsbeitrag, denn als (100%-ige) Erstattung anzusehen.

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BEIRAT AKTUELL 49/IV-18

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