BeiratAktuell-49

››› Wohnungseigentumsrecht ‹‹‹ von RA Rüdiger Fritsch Wer trägt die Sonderkosten der Anfechtung? Beschlussfassung zur Kostenregelung ist möglich

1. Das Problem Zunächst stellt sich die Frage, ob für ei- nen solchen Beschluss überhaupt Be- schlusskompetenz besteht, denn für jede Form einer Kostentragungsregelung bedarf es einer entsprechenden Ermächtigung durch Gesetz oder Vereinbarung. Sodann stellt sich die Frage, ob eine Ab- wälzung der Sonderkosten eines Beschlus- sanfechtungsprozesses nicht gegen die gerichtliche Kostenentscheidung verstößt, denn hierüber wird schließlich durch Ur- teil oder Beschluss entschieden. 2. Die Beschlusskompetenz Ausweislich der Bestimmung des § 21 Abs. 7 Alt. 3 WEG sind die Wohnungs- eigentümer berechtigt, durch einfachen Mehrheitsbeschluss in Abänderung des gesetzlichen sowie eines etwa abweichend vereinbarten Kostenverteilerschlüssels über die Verteilung der Kosten eines be- sonderenVerwaltungsaufwands über den Einzelfall hinaus zu entscheiden (vgl.: BGH, Urt. v. 18.3.2016 - V ZR 75/15, ZMR 2016, 476). Im Rahmen des § 21Abs. 7WEG besteht dabei sowohl Kostenbegründungskom- petenz als auch Kostenverteilungskom- petenz, also Regelungsbefugnis sowohl über das „Ob und Was“ als auch über „Wie“ (vgl.: BGH, Urt. v. 1.10.2010 – V ZR 220/09, ZMR 2011, 141). 3. Besonderer Verwaltungsaufwand Voraussetzung einer wirksamen Be- schlussfassung ist somit zunächst, dass ein besonderer Verwaltungsaufwand vor- liegen muss. Ein besonderer Verwaltungsaufwand im Sinne des § 21 Abs. 7 Alt. 3 WEG liegt vor, wenn das normale, übliche Maß bei der Verwaltung des gemeinschaftlichen

Prozessieren kostet Geld. Wer mit einem Beschluss der Eigentümerversammlung nicht einverstanden ist, der kann vor Ge- richt ziehen und Anfechtungsklage erhe- ben. Je nachdem, ob und in welchem Umfang das Gericht dem Kläger Recht gibt, wird im Urteil auch darüber entschieden, wer die Kosten des Rechtsstreits zu tragen hat. Dabei wird oft übersehen, dass über die Anwalts- und Gerichtskosten hinaus auch außerhalb des gerichtlichen Verfahrens nicht unerhebliche Kosten anfallen. Dies betrifft insbesondere die für den Verwalter (oder an seiner Stelle bei dem Ersatzzustellungsbevollmächtigten) ent- stehenden Kopier- und Portoauslagen für die Unterrichtung der beklagten Eigen- tümer über denAnfechtungsprozess, des- sen Verlauf und Ergebnis. Hinzu kommt die üblicherweise im Ver- waltervertrag vereinbarte Sondervergü- tung des Verwalters für die Begleitung des Prozesses, wie die Zuarbeit für den Rechtsanwalt, das Zusammenstellen von Unterlagen oder die Wahrnehmung von Gerichtsterminen, denn diese Tätigkeiten gehören nicht zu den allgemeinen Auf- gaben des Verwalters. Wie bereits im BEIRATAKTUELL (Aus- gabe 45/IV-17) berichtet, fallen diese Kosten bei der Gemeinschaft an und kön- nen, je nach Umfang und Dauer des Ge- richtsverfahrens, recht ansehnlich ausfal- len. Dabei stellt sich die Frage, ob und wie solche Kosten auf den „Verursacher“, d.h. auf den oder die Kläger, abgewälzt wer- den können.

Eigentums überschritten ist (vgl.: BGH, Urt. v. 18.3.2016 - V ZR 75/15, ZMR 2016, 476). Im Falle der Erhebung einer Beschlus- sanfechtungsklage entsteht indes Verwal- tungsaufwand, insbesondere durch eine demVerwalter geschuldete Sondervergü- tung für die Begleitung des gerichtlichen Verfahrens, durch Aufwendungsersatz- ansprüche von Ersatzzustellungsbevoll- mächtigen, durch die gem. § 27 Abs. 1 Nr. 7 WEG anfallenden Kosten der Un- terrichtung der Eigentümer sowie durch Mehraufwendungen infolge einer gem. § 27 Abs. 2 Nr. 4 WEG Vergütungsverein- barung mit Rechtsanwälten. Dabei sind die vorgenanntenAufwendun- gen auch ausdrücklich den Verwaltungs- kosten der Wohnungseigentümergemein- schaft zuzuordnen. Die vorgenanntenVerwaltungskosten sind zudem verfahrensrechtlich nicht festset- zungsfähig, fallen also ungeachtet des Obsiegens oder Unterliegens der Streit- parteien bei der Wohnungseigentümerge- meinschaft, die diese die o.g. Aufwen- dungen als Kostenschuldnerin zu bestrei- ten hat, an (vgl.: BGH, Beschl. v. 11.5.2017 – V ZB 52/15, NZM 2017, 635). Bei den vorgenanntenVerwaltungskosten handelt es sich auch um besonderen Ver- waltungsaufwand, da der Verband der Wohnungseigentümer am Beschlussan- fechtungsprozess nicht beteiligt ist und daher das Führen solcher gerichtlicher Verfahren nicht zu der der Wohnungsei- gentümergemeinschaft zugewiesenen Verwaltung des gemeinschaftlichen Ei- gentums gehört (vgl.: BGH, Urt. v. 17.10.2014 - V ZR 26/14, ZMR 2015, 244; BGH, Beschl. v. 15.3.2007 – V ZB 1/06, ZMR 2007, 623; Bärmann/Merle,

6

BEIRAT AKTUELL 49/IV-18

Made with FlippingBook HTML5