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Tücken der Sonderumlage Inhaltliche Bestimmtheit und Änderung des Umlageschlüssels

Die Erhebung einer Sonderumlage ist eine zulässige, aber wenig beliebte Vor gehensweise zur Abdeckung unvorher gesehenen Finanzbedarfs der Gemein schaft der Wohnungseigentümer. Aufgrund der regelmäßig eigentümer seits nicht eingeplanten zusätzlichen Belastung ergibt sich ein relativ hohes Streitpotential. Der Bundesgerichtshof hat in zwei ak tuellen Entscheidungen u.a. zu den for malen Voraussetzungen der Erhebung einer Sonderumlage sowie einer darin enthaltenen Änderung der Kostenvertei lung Stellung genommen. 1. Der Fall Die Eigentümerversammlung beschließt die Erhebung einer Sonderumlage zur Finanzierung einer nicht vorhergesehe nen größeren Ausgabe. In dem Beschluss ist der Zweck, die Ge samtsumme der Sonderumlage und deren Fälligkeit genannt. Weiter heißt es nur, dass sich der von den einzelnen Wohnungseigentümern zu entrichten de Anteil an der Sonderumlage nach den Miteigentumsanteilen richtet; die auf die Eigentümer entfallenden Einzel

beträge werden nicht genannt. Wohnungseigentümer W wendet sich hiergegen mit der Beschlussanfech tungsklage. Dies mit der Begründung, dass zum ei nen der auf ihn entfallende Zahlbetrag nicht genannt wurde und zum anderen, dass die Gemeinschaftsordnung als all gemeinen Verteilerschlüssel das Verhält nis der Wohnflächen und nicht die Mit eigentumsanteile vorsieht. 2. Das Problem der inhaltlichen Bestimmtheit Jeder Beschluss der Wohnungseigentü mer muss den Grundsätzen ordnungs mäßiger Verwaltung entsprechen. Zu diesen Grundsätzen gehört das Gebot der inhaltlichen Bestimmtheit. Aus dem reinen Wortlaut des Beschlusses muss ersichtlich sein, was konkret beschlossen und was, von wem, wann und wie zu veranlassen ist. Dies wird von der Rechtsprechung des halb als so wichtig angesehen, weil Be schlüsse Rechtswirkungen auch für nach der Beschlussfassung in die Gemein schaft neu eintretende Wohnungseigen tümer entfalten. Auch muss ein ggfls. erst nach der Beschlussfassung gewähl

ter Verwalter dem Beschlusstext ent nehmen können, was genau von ihm zu veranlassen ist. Dabei darf, um ein unnötiges Aufblähen des Beschlusstextes (gerade bei bauli chen Maßnahmen) zu vermeiden, im Beschlusstext auf sog. Verweisurkunden (Angebote, Gutachten, etc.) Bezug ge nommen werden, die den Beschlussin halt konkretisieren. Diese müssen den Eigentümern aller dings rechtzeitig vorher bekannt ge macht worden sein, im Beschlusstext genau bezeichnet und als Anlage zur Niederschrift der Eigentümerversamm lung genommen werden (vgl.: BGH, Urt. v. 8.4.2016 – V ZR 104/15). Im vorliegenden Fall hätte es daher na hegelegen, wenn schon im Beschlusstext selbst die jeweiligen einzelnen Zahlbe träge zur Sonderumlage nicht genannt werden, eine Liste der Einzelbeträge vorzulegen, auf diese im Beschlusstext Bezug und diese als Anlage zum Proto koll zu nehmen. 3. Die Lösung des BGH Der BGH bestätigt zunächst, dass bei der Erhebung einer Sonderumlage die

Unsere Autoren i

- Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht, Schwerpunkt: Wohnungseigentums- und Mietrecht sowie Makler- und Bauträgerrecht - Praktiker, Fachautor und Referent namhafter Tagungsveranstaltungen www.krall-kalkum.de RA Rüdiger Fritsch

Dr. Olaf Riecke

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Schriftleiter ZMR

Richter am Amtsgericht Hamburg-Blankenese a. D. Schwerpunkt: Miet- und Wohnungseigentumsrecht

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