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Verteilung von Prozesskosten Ist der obsiegende Anfechtungskläger an den Prozesskosten zu beteiligen?
Mit Inkrafttreten des WEMoG sind Be schlussklagen des einzelnen Wohnungs eigentümers gegen die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer (GdWE) als Beklagte zu richten und nicht mehr, wie bis zum 30.11.2020, gegen die übrigen Wohnungseigentümer. Dabei stellt sich die Frage, wie die bei der GdWE entstehenden Anwalts- und Gerichtskosten im Rahmen der Jahres abrechnung auf die Wohnungseigentü mer umzulegen sind. 1. Der Fall Wohnungseigentümer W erhebt gegen einen von der Eigentümerversammlung der GdWE X-Str. gefassten Beschluss Anfechtungsklage und obsiegt. Durch rechtskräftiges Urteil wird der Beschluss für ungültig erklärt und die Kosten des Rechtsstreits werden der beklagten GdWE auferlegt. Auf Seiten des Anfechtungsklägers W sind Gerichtskosten i.H.v. 500,00 € sowie Anwaltskosten i.H.v. 750,00 € angefallen. Auf Antrag des W erlässt das Gericht einen Kostenfestsetzungsbeschluss, durch den die beklagte GdWE verpflich tet wird, an W 1.250,00 € nebst Zinsen zu erstatten. Verwalter V zahlt daraufhin zu Lasten des Kontos der GdWE an W 1.270,00 € (inkl. Zinsen). Auf Seiten der unterlegenen GdWE sind Anwaltskosten i.H.v. weiteren 750,00 € angefallen, die von Verwalter V ebenfalls vom Konto der GdWE beglichen werden. Im darauf folgenden Jahr wird Beschluss zur Jahresabrechnung gefasst. In dieser werden die im Vorjahr angefallenen Prozesskosten i.H.v. 2.020,00 € nach Mit Hierzu hat der BGH kürzlich eine Grund satzentscheidung veröffentlicht.
eigentumsanteilen auf sämtliche Woh nungseigentümer umgelegt, auch auf W. Dieser erhebt Anfechtungsklage gegen den Beschluss zur Jahresabrechnung. Es könne nicht angehen, dass W, obgleich er im Rechtsstreit obsiegt hat und die Kosten des Rechtsstreits der GdWE auf erlegt wurden, zum einen die Anwalts kosten der unterlegenen GdWE mitbe zahlen müsse. Zum anderen gehe es auch mit Blick auf die Kostenentscheidung des Gerichts und den daraufhin erlassenen Kosten festsetzungsbeschluss zu Lasten der GdWE nicht an, dass er den daraufhin an ihn zu zahlenden Betrag quasi„durch die Hintertür“ anteilig selbst mittragen müsse. 2. Das Problem Das Landgericht Rostock gab in der Be rufungsinstanz der Anfechtungsklage statt. Es entschied. dass entsprechend der zum früheren Recht ergangenen Recht sprechung des BGH ein Wohnungsei gentümer, der eine Anfechtungsklage erhebt, im Innenverhältnis der GdWE an den Prozesskosten nicht zu beteiligen sei, insbesondere dann nicht, wenn er obsiegt. Eine Mit-Belastung des klagenden (ins bes. obsiegenden) Eigentümers mit den auf Beklagtenseite entstandenen Pro zesskosten liefe der gerichtlichen Ko stenentscheidung zuwider, denn diese besage, dass die Prozesskosten (alleine) von der beklagten Partei (der GdWE) zu tragen sind (vgl.: LG Rostock, Urt. v. 16.6.2023 – 1 S 109/22). Das Landgericht Rostock ließ aber mit Blick auf die zum 1.12.2020 eingetrete nen Rechtsänderungen ausdrücklich die
Revision zum BGH zu.
3. Die Lösung des BGH Im Revisionsverfahren hob der BGH das landgerichtliche Urteil auf und wies die Anfechtungsklage ab. Dies mit der Begründung, dass die zum WEG alter Fassung ergangene Recht sprechung auf nach dem 1.12.2020 er hobene Beschlussklagen nicht mehr anwendbar ist. Nach der früheren Rechtslage waren Beklagte - insbesondere einer Beschlus sanfechtung - sämtliche übrigen Woh nungseigentümer, weshalb die GdWE als solche nicht Prozesspartei war. Da es sich somit um einen Rechtsstreit der Wohnungseigentümer untereinan der (und nicht der GdWE) handelte, war es gerechtfertigt, den klagenden Eigen tümer nicht an den zwar über das Kon to der GdWE finanzierten, aber nicht deren Kosten darstellenden Prozessko sten zu beteiligen. Dies hat sich nach Auffassung des BGH grundlegend geändert, da ab dem 1.12.2020 Beschlussklagen nur noch gegen die GdWE als Beklagte zu erheben sind. Verteidigt sich diese gegen die Klage, handelt es sich somit bei sämtlichen entstehenden Prozesskosten um Kosten der Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums. Diese sind mangels abweichender Ver einbarung in der Gemeinschaftsordnung (solche sind regelmäßig für Prozessko sten nicht getroffen) als Verwaltungs kosten nach dem gesetzlichen Kosten verteilerschlüssel gem. § 16 Abs. 2 S. 1 WEG nach Miteigentumsanteilen auf sämtliche Wohnungseigentümer, also auch auf den (obsiegenden) Kläger um zulegen (vgl.: BGH, Urt. v. 19.7.2024 - V ZR 139/23).
BEIRATAKTUELL 72/III-24
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