BEIRATaktuell_72_FB
stimmen 6 Wohnungseigentümer für die Einführung der virtuellen Eigentü merversammlung, 2 Wohnungseigen tümer gegen die Einführung und 12 Wohnungseigentümer enthalten sich. Ist der Beschluss mit der erforderlichen Mehrheit zustande gekommen?
-eigentümer muss die eingesetzte Vi deokonferenztechnik gegebenenfalls barrierefrei nutzbar sein. Bei der Durchführung von virtuellen Wohnungseigentümerversammlungen sind die Vorschriften der DSGVO zu be achten, insbesondere muss die Daten verarbeitung nach Artikel 6 DSGVO rechtmäßig sein. Insoweit wird in der Regel darauf zu achten sein, dass entsprechende Einwil ligungen der teilnehmenden Wohnungs eigentümerinnen und-eigentümer vor liegen. Die Einwilligung wird allerdings nicht dadurch erteilt, dass ein Wohnungs eigentümer dafür stimmt, dass künftig virtuelle Versammlungen durchgeführt werden sollen oder können, sondern muss klar von dieser Abstimmungsent scheidung zu unterscheiden sein, Artikel 7 Absatz 2 DSGVO. Nach Artikel 4 Num mer 11 DSGVO ist eine Einwilligung eine freiwillig für den bestimmten Fall, in informierter Weise und unmissverständ lich abgegebene Willensbekundung in Form einer Erklärung oder einer sonsti gen eindeutigen bestätigenden Hand lung, mit der die betroffene Person zu verstehen gibt, dass sie mit der Verar beitung der sie betreffenden personen bezogenen Daten einverstanden ist. Damit die Einwilligung im Einzelfall in informierter Weise erfolgen kann, hat der datenschutzrechtlich Verantwortli che (die Gemeinschaft der Wohnungs eigentümer, regelmäßig vertreten durch den Verwalter) die Eigentümer vorab umfassend über u. a. die Arten der zu verarbeitenden Daten zu informieren (vgl. Artikel 13 DSGVO) – (BT-Drs. 20/9890, S. 19).“ § 48 Abs. 6 WEG:„Fassen die Wohnungs eigentümer vor dem 1. Januar 2028 einen Beschluss nach § 23 Absatz 1a, ist bis einschließlich 2028 mindestens ein mal im Jahr eine Präsenzversammlung durchzuführen, sofern die Wohnungs eigentümer hierauf nicht durch einstim migen Beschluss verzichten. Ein Verstoß gegen diese Pflicht führt nicht zur Nich tigkeit oder Anfechtbarkeit der in einer virtuellen Wohnungseigentümerver sammlung gefassten Beschlüsse.“ Übergangsvorschrift (§ 48 Abs. 6 WEG)
Die vorgenannte Übergangsregelung soll der GdWE und den Verwaltern den Übergang von einer Präsenzversamm lung zur virtuellen Wohnungseigentü merversammlung erleichtern. Allerdings ist schon fraglich, für welche Form der Wohnungseigentümerversammlung die o. g. Vorschrift gilt. Das Gesetz kennt lediglich den Begriff Wohnungseigen tümerversammlung, während die Praxis mit ordentlicher Wohnungseigentümer versammlung und außerordentlicher Wohnungseigentümerversammlung arbeitet. Besser wäre eine klare Regelung gewesen, dass die sogenannte ordent liche Wohnungseigentümerversamm lung bis einschließlich 2028 in Präsenz stattfinden sollte. Durch einen einstimmigen Beschluss könnte die GdWE auf das Procedere verzichten. Einstimmigkeit in der Woh nungseigentümerversammlung bedeu tet, dass keine Gegenstimme gegen den Beschlussantrag abgegeben wird, d. h. für die Praxis: Es werden nur Ja und Nein Stimmen gewertet, Enthaltungen wer den nicht mitgezählt. Beispiel: Eine Wohnungseigentümergemeinschaft mit 35 Wohnungen möchte gerne dar über abstimmen, auf die jährliche Prä senzversammlung zu verzichten. Die WEG stimmt nach dem Objektprin zip ab. Zur Eigentümerversammlung erscheinen 20 Wohnungseigentümer. Von den 20 Wohnungseigentümern stimmen 3 Wohnungseigentümer für den Verzicht, 17 Wohnungseigentümer enthalten sich. Ist der Beschluss mit der erforderlichen Mehrheit zustande ge kommen? Die WEG hat einstimmig den Verzicht auf die jährlich stattfindende Präsenz versammlung beschlossen. Der § 48 Abs. 6 S. 2 WEG sieht ausdrück lich vor, dass ein Verstoß gegen die Pflicht zur jährlichen Durchführung einer Prä senzversammlung nicht zur Nichtigkeit oder Anfechtbarkeit von Beschlüssen führt, die in virtuellen Wohnungseigen- Ja: 3 Stimmen 0 Stimmen 17 Stimmen Nein: Enthaltungen:
Ja:
6 Stimmen 2 Stimmen 12 Stimmenr
Nein:
Enthaltungen:
Lösung: Damit der Beschluss mit der erforderli chen Mehrheit zustande kommt, benö tigt die WEG mindestens ¾ der abgege benen Stimmen, d. h. im vorliegenden Fall ¾ von 8 abgegebenen Stimmen (Enthaltungen werden nicht mitgezählt). Es werden also mindestens 6 Ja-Stimmen benötigt (entspricht ¾ von 8 abgege benen Stimmen), damit wurde auch in dieser Konstellation die erforderliche Mehrheit erreicht. „Die vorgeschlagene Befristung auf drei Jahre übernimmt den Befristungsge danken aus dem Aktienrecht (§ 118a AktG) und verfolgt mehrere Zwecke. Erwerberinnen und Erwerber von Woh nungen sollen nicht für unbestimmte Zeit an eine vor dem Erwerb erfolgte Beschlussfassung gebunden werden. Die Befristung trägt auch der Tatsache Rechnung, dass sich die Haltung der Wohnungseigentümerinnen und -ei gentümer zu virtuellen Versammlungen ändern kann." (BT-Drs. 20/9890, S. 19) „Virtuelle Wohnungseigentümerver sammlungen müssen hinsichtlich Teil nahme und Rechteausübung mit Prä senzversammlungen vergleichbar sein. Technisch erfordert dies die Durchfüh rung einer Videokonferenz (Zwei-Wege Audio- und Videoverbindung in Echtzeit), Versammlungen in einem Chat oder Telefonkonferenzen kommen nicht in Betracht. Hinsichtlich der Rechteausübung be deutet dies, dass die Wohnungseigen tümerinnen und -eigentümer alle Rech te ausüben können müssen (etwa Re derecht, Fragerecht, Recht zur Antrag stellung, Stimmrecht). Unter Berücksich tigung der individuellen Verhältnisse der Wohnungseigentümerinnen und
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BEIRATAKTUELL 72/III-24
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