BeiratAktuell 56
››› Wohnungseigentumsrecht ‹‹‹ von RA Klaus Eichhorn Probleme mit dem Trittschall im Wohnungseigentum
Tauscht der Eigentümer den Boden- belag eines Altbaus z.B. gegen Fliesen aus, ergeben sich oft Probleme mit dem Bewohner der darunter gelegenen Wohnung wegen des Trittschalls. Dann stellt sich oft die Frage, welche Anfor- derungen einzuhalten sind. Im Wohnungseigentum sind nach dem BGH (Urteil v. 01.06.2012 –V ZR 195/11) grundsätzlich die zur Zeit der Errichtung des Gebäudes geltenden Schutzwerte zu beachten. Allein der Austausch des Bo- denbelags reicht nicht aus, die im Zeit- punkt des Umbaus geltende Ausgabe der DIN 4109 heranzuziehen. Im Einzelfall kann sich durch besondere Regelungen zum Schallschutz in der Teilungserklärung oder andere prägende Umstände wie eine von Beginn an vorgesehene besondere Ausstattung oder eine bauliche Verände- rung des Gebäudes anderes ergeben. Darüber hinaus besteht kein allgemeiner Anspruch, einen vorhandenen Trittschall- schutz zu erhalten, der die Mindestanfor- derungen übersteigt. Jetzt musste der BGH (Urteil vom 26.06.2020 – V ZR 173/19) einen Fall entscheiden, in dem ein Haus 1962 er- richtet und 1995 in Wohnungseigentum umgewandelt wurde. Der Eigentümer der Wohnung im 2. Obergeschoss verlangte von dem Eigentümer der Dachge-
schosswohnung, in seiner vermieteten Wohnung Teppichboden oder einen in der Trittschalldämmung gleichwertigen Bo- denbelag mit einem "Trittschallverbesse- rungsmaß" verlegen zu lassen. Seitdem dessen Mieter 2008 einenTeppich entfernt und Fliesen verlegt habe, sei deutlich, dass die Wohnungstrenndecke nicht den Anforderungen der DIN 4109 in der im Jahr 1995 geltenden Fassung genüge. Der BGH gibt dem Kläger recht, da er durch die Entfernung des Teppichs einen Nachteil i.S.d. § 14 Nr. 1 WEG hat. Der Schallschutz richte sich nach der DIN 4109, wenn ein vorhandener Bodenbelag durch einen anderen ersetzt und dabei nicht in den unter dem Belag befindlichen Estrich und die Geschossdecke eingegrif- fen werde. Das gelte auch dann, wenn die Trittschalldämmung mangelhaft sei und der Trittschall ohne diesen Mangel den schallschutztechnischen Mindestanfor- derungen entspräche. Wird der Mangel erst durch denAustausch des Bodenbelags erkennbar, weil die Trittschalldämmung unzureichend sei, ändere dies nichts an dem vom Wohnungseigentümer nach Austausch des Bodenbelags einzuhalten- den Schallschutz. Auch wenn dieser in erster Linie durch die im Gemeinschafts- eigentum stehenden Bauteile gewährlei- stet werde, ändere sich hierdurch nichts an den Pflichten derWohnungseigentümer
bezüglich des Schallschutzes bei einer Änderung des Bodenbelags. Maßgeblich sei die DIN 4109 in der Ausgabe von 1989, weil das Dachgeschoss 1995 aus- gebaut worden sei. Unwesentlich sei, dass der Kläger den Trittschall nur wegen eines Mangels der Wohnungstrenndecke höre. Vielmehr müsse der störende Eigentümer auf Ver- langen seineWohnung immer verändern. Allerdings kann er von der Gemeinschaft eine Ertüchtigung der Wohnungstrenn- decke verlangen. Praxistipp 1. Sehen Sie sich die schriftlichen Grund- lagen der Teilungserklärung im Woh- nungseigentum an. 2. Ergeben sich hieraus keine Besonder- heiten, ist im Regelfall die DIN 4109 zum Zeitpunkt der Errichtung des Ge- bäudes einzuhalten. Nur auf Grund spezieller Besonderheiten des Einzel- falls wie z.B. einer umfassenden Sa- nierung etc. können sich hiervon Ab- weichungen ergeben. 3. WelcheAusgabe der DIN-Norm konkret zu beachten ist, wäre zu prüfen und kann durchaus umstritten sein. Im Er- gebnis erscheint es sinnvoller, vorsorg- lich in eine gute Trittschalldämmung
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BEIRAT AKTUELL 56/III-20
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