BEIRATaktuell_66_Flippingbook

befindlichen Bauteile wie die Griffe oder die Öffnungsmechanik angeht. Fenster (auch Dachflächenfenster, Bal kon- oder Terrassentüren) stehen zwin gend und einheitlich (also samt des Rahmens, der Verglasung, der Innensei ten sowie der Beschläge, der Dreh-/ Kippmechanik, etc.) im gemeinschaftli chen Eigentum, da es sich um wesent liche Gebäudebestandteile i.S.d. § 5 Abs. 1 WEG handelt. Des Weiteren handelt es sich im Sinne des § 5 Abs. 2 WEG um solche Teile des Gebäudes, die für dessen Bestand oder Sicherheit erforderlich sind, selbst dann, wenn sich die Fenster im räumlichen Bereich des Sondereigentums befinden (vgl.: OLGMünchen, Beschl. v. 23.8.2006 - 34 Wx 90/06, ZMR 2006, 952; LG Bam berg, Urt. v. 17.3.2015 - 11 S 18/14WEG, ZWE 2016, 31). 7. Die Folgen fehlgeschlagener Be gründung von Sondereigentum Wie vorstehendmehrfach angesprochen, handelt es sich bei den Bestimmungen der §§ 1, 3 und 5 WEG um zwingende Regelungen, die, anders als diemeisten Vorschriften des WEG, nicht durch Ver einbarung oder Beschluss der Eigentü mer abgeändert werden können (vgl.: BGH, Urt. v. 26.10.2012 – V ZR 57/12, ZMR 2013, 454). In vielen Teilungserklärungen, gerade älteren, finden sich jedoch regelmäßig ausdrückliche Bestimmungen dazu, was Sonder- und was Gemeinschaftseigen tum sein soll. Weichen diese von den vorstehendwie dergegebenen gesetzlichen und durch die Rechtsprechung entwickelten Ab grenzungsregeln ab, sind solche Rege lungen nichtig, d.h. rechtsunwirksam. Daher stellt sich regelmäßig die Frage, wie mit solchen unwirksamen Regelun gen umzugehen ist, insbesondere dann,

wenn eine Zuordnung zum Sonderei gentum erfolgte, diese aber „fehlge schlagen“ ist. a) Auslegungsregeln der Rechtspre chung Eine fehlgeschlagene Zuordnung zum Sondereigentum (klassisch: Zuordnung der Fenster im Bereich des Sonderei gentums zum Sondereigentum) kann in eine Kostentragungs- oder sogar in eine Erhaltungspflicht des jeweiligen Sondereigentümers umzudeuten sein. Ansatzpunkt ist die Überlegung, dass nicht anzunehmen ist, dass die Zuord nung der Fenster zumSondereigentum in der Gemeinschaftsordnung bloß ab strakt (etwa zur rein begrifflichen Klarstel lung) erfolgte, sondern dass hiermit letztlich der wirtschaftliche Zweck ver folgt wurde, die Zuständigkeit des ein zelnen Sondereigentümers für die Er haltung bzw. für die Tragung der damit zusammenhängenden Kosten zu regeln. Zu beachten ist indes, dass entgegen schuldrechtlichen Vereinbarungen, bei deren Unwirksamkeit gem. §§ 133, 157 BGB derWille der Vertragsschließenden zu ermitteln und der Auslegung der Vereinbarung zugrunde zu legen ist, für Vereinbarungen im Sinne des § 10 Abs. 2WEG die strengeren Auslegungsgrund sätze für Grundbucheintragungen gel ten. Maßstab der Auslegung ist demnach allein derWortlaut der Regelung, wie er sich für einen unbefangenen Dritten unter Außerachtlassung subjektiver Wertungsumstände darstellt. Zu fragen ist also weniger, was als wirt schaftliches Ergebnis der fehlgeschla genen Regelung gewollt war, sondern ehe, ob dieser Wille im Wortlaut der Regelung auch tatsächlich seinen Aus druck gefunden hat. Daher darf der Versuch einer Auslegung oder Umdeutung nicht überspannt wer

den (vgl.: BGH, Beschl. v. 25.9.2003 - V ZB 21/03, ZMR 2003, 937). aa) Vorhandensein einer salvatori schen Klausel Nach einer hierzu vertretenen Rechts auffassung ist die Umdeutung einer fehlgeschlagenen Zuordnung zwingen den Gemeinschaftseigentums zumSon dereigentum nur möglich, wenn sich aus denweiteren expliziten Regelungen der Gemeinschaftsordnung ein konkre ter Anhalt für eine solche Auslegungs möglichkeit ergibt. Dies soll insbesondere dann anzuneh men sein, wenn die Gemeinschaftsord nung eine sog. salvatorische Klausel enthält, die sich in vielen Teilungserklä rungen findet. Eine salvatorische oder „Heilungs-“Klausel regelt üblicherweise u.a., dass für den Fall, dass eine Bestim mung der Gemeinschaftsordnung un wirksam sein sollte, ersatzweise das gelten soll, was demZweck der unwirk samen Regelung am nächsten kommt. Folgt man diesem Ansatz, ergibt sich aus demWortlaut der Urkunde in Form der salvatorischen Klausel, dass eine Auslegung bzw. Umdeutung nach dem Gewollten erfolgen kann (vgl.: OLG Karls ruhe, Beschl. v. 7.7.2010 - 11Wx 115/08, ZMR 2010, 873; LG Hamburg, Urt. v. 19.6.2013 - 318 S 101/12, ZMR 2013, 373; Jennißen/Abramenko,WEG, 7. Aufl. 2022, § 10 Rn. 17). Nach andereMeinung soll eine Umdeu tung bereits dann möglich sein, wenn in der Gemeinschaftsordnung die Re gelung enthalten ist, dass jeder Woh nungseigentümer sein Sondereigentum auf seine Kosten instand zu halten und instand zu setzen hat (was vielfach ge geben ist). Ein unbefangener Dritter verstehe die Gemeinschaftsordnung dahingehend, bb) Vorhandensein von Regelungen zum Sondereigentum

10

BEIRATAKTUELL 66/ I-23

Made with FlippingBook Annual report maker