BEIRATaktuell_62
6. Fazit Ungeachtet der begrüßenswerten Lok- kerung der Vorschriften zur Gestattung bzw. Durchführung baulicher Verände- rungen am gemeinschaftlichen Eigen- tum sollte, da naturgemäß valide höchstrichterliche Rechtsprechung zu den vorstehend angesprochenen viel- fältigen Problemen noch nicht vorliegt, von den durch die §§ 20, 21 WEG ge- schaffenen Möglichkeiten mit Vorsicht Gebrauch gemacht werden.
7. Aktuelle Rechtsprechung Nach einer Reformmussman zunächst mit vielen AG-Urteilen rechnen, bevor sich irgendwann der BGH zu den ver- schiedenen Problemen und Frage- stellungen äußern kann. Nachfolgend finden Sie einige wich- tige Entscheidungen, die in den letz- ten Tagen veröffentlicht wurden:
››› Aktuelle Rechtsprechung ‹‹‹ von Dr. Olaf Riecke Gestattung des bloßen Einbaus eines Klimageräts auf eigene Kosten
Die Gestattung (nur/allein) des Einbaus eines Klimageräts unter demVorbehalt, dass Ansprüche wegen störender Emis- sionen unberührt bleiben, scheitert nicht an § 20 Abs. 4 WEG. Der Einbau der Kli- maanlage als solcher bewirkt noch kei- ne Nachteile für die Miteigentümerin; diese können erst mit dem Betrieb der Klimaanlage entstehen. AG Ludwigshafen, Urteil vom26.01.2022 - 2p C 88/21 Der Fall: Am25.08.2021 wurde beschlossen: "Der Eigentümer B derWhg. Nr. 12, beabsich- tigt folgendeMaßnahme durchzuführen: Aufstellung eines Klimagerätes in Form eines Splitgerätes. Das Außengerät wird auf dem Balkonboden … aufgestellt. Damit eine Verbindung (Leitungen / Kabel) zum Gerät im Inneren der Woh- nung hergestellt werden kann, erfolgt eine Bohrung durch die Fassade und das Fensterelement. Die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer erklärt aus- drücklich, dass sie diese Maßnahme gestatten will. 1.Der Eigentümer B verpflichtet sich, den Beschluss erst nach Ablauf der mög-
lichen Anfechtungsfrist umzusetzen. 2. Bwird alle etwaigen Kosten, die durch eine etwaige Anfechtung der Gemein- schaft entstehen könnten, übernehmen. 3. B wird alle Kosten, die mit der Maß- nahme in technischer und sonstiger Weise verbunden sind, einschließlich etwaiger öffentlich-rechtlicher Gebüh- ren, Abnahmekosten, Gutachten etc. übernehmen. B verpflichtet sich darüber hinaus alle durch die gestattete Maß- nahme entstehenden Unterhaltskosten zu übernehmen. …“ Das Problem: Die anfechtende Sondereigentümerin rechnet sowohl tagsüber als auch nachts mit nicht unerheblichen Lärmbelästi- gungen sowie einemWärmestau. Die Entscheidung: Der Einbau einer Klimaanlage stellt eine bauliche Veränderung dar, die gemäß § 20 Abs. 1WEGmit einfacher Mehrheit beschlossen werden kann. Sie ist nicht gemäß § 20 Abs. 2WEG privilegiert, und auch nicht gemäß § 20 Abs. 4, 1. Altern. WEG ausgeschlossen. § 20 Abs. 4, 2. Altern. WEG steht auch nicht entgegen. Eine unbillige Benach- teiligung liegt dann vor, wenn einem
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