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berücksichtigen, dass der Beschluss auch angefochten werden kann, woraus sich für den Verwalter die Frage ergibt, ob er den gefassten Beschluss ungeachtet eines laufenden Beschlussanfechtungs- verfahrens gleichwohl umsetzen soll. Formulierungsvorschlag für einen Ge- schäftsordnungsbeschluss zur Umset- zung: 1. Die Eigentümerversammlung be- schließt, die Verwaltung anzuweisen, die nachfolgend zu TOP […] zur Be- schlussfassung anstehenden Beschlüs- se, sofern als zustande gekommen verkündet werden, ungeachtet einer etwaigen Beschlussklage zu vollziehen. 2. [alternativ] Die Eigentümerversamm- lung, die Verwaltung anzuweisen, die nachfolgend zu TOP […] zur Be- schlussfassung anstehenden Beschlüs- se, sofern als zustande gekommen verkündet werden, erst dann umzu- setzen, wenn die von ihr zu stellende Anfrage beimzuständigen Amtsgericht […], die frühestens 5Wochen nach der Beschluss-fassung zu stellen ist, ergibt, das dort keine gegen die obigen Be- schlüsse oder einen von diesen gerich- tete Beschlussklage anhängig ist. dd) Finanzierung baulicher Verän- derungen i.S.d. § 21 Abs. 2 WEG Gem. § 19 Abs. 2 WEG gehört es zur ordnungsmäßigen Verwaltung des ge- meinschaftlichen Eigentums, für dessen Erhaltung eine angemessene Erhaltungs- rücklage anzusammeln.

Dabei handelt es sich um ein zweckge- bundenes Sondervermögen der Woh- nungseigentümergemeinschaft, welches nicht zur Finanzierung anderer Maßnah- men als solcher der Erhaltung des Ge- meinschaftseigentums zweckentfremdet werden darf. Die Finanzierung baulicher Veränderun- gen, auch solcher, die zu Kosten sämt- licherWohnungseigentümer gem. § 21 Abs. 2 WEG beschlossen werden, unter Inanspruchnahme der Mittel der Erhal- tungsrücklage ist somit rechtswidrig (vgl.: Hügel/Elzer, WEG, 3. Aufl. 2021, § 19 Rn. 141 ff., 166). Die Finanzierung baulicher Veränderun- gen kommt daher grundsätzlich nur durch Erhebung einer Sonderumlage zu Lasten des kostentragungspflichtigen Wohnungseigentümer oder im Wege einer Darlehensaufnahme der Woh- nungseigentümergemeinschaft in Frage. Denkbar ist zwar, eine ausreichend hoch bemessene, absehbar nicht einzuset- zende Erhaltungsrücklage in Ansehung des nicht benötigen Kapitals durch Be- schluss der Eigentümerversammlung in eine„Modernisierungsrücklage“ umzu- widmen und zur Finanzierung einer baulichen Veränderung i.S.d. § 20 Abs. 2WEG einzusetzen, in der Praxis dürfte dies jedoch (mangels ausreichend vor- handener Mittel) die Ausnahme darstel- len. Alternativ besteht auch die Befugnis, für solche Zwecke vorgreiflich eine geson- derte Rücklage anzusparen (vgl.: Dötsch, ZWE 2018, 61).

1. Die Eigentümerversammlung be- schließt, die Verwaltung anzuweisen, die nachfolgend zu TOP […] zur Be- schlussfassung anstehenden Beschlüs- se, sofern diese mehrheitlich gefasst werden, als zustande gekommen zu verkünden. 2. Die Eigentümerversammlung be- schließt insbesondere, die nachfolgend zu TOP […] zur Beschlussfassung vor- gesehenen Beschlüsse dann als mehr- heitlich zustande gekommen i.S.d. § 21 Abs. 2 S. 1 Nr. 1WEG zu verkünden, wenn diese mit einer Mehrheit von mehr als 2/3 der abgegebenen Stim- men (berechnet nach Miteigentums- anteilen gemäß der Regelung unter Ziff. [...] der Gemeinschaftsordnung), die zugleich mindestens die Hälfte aller Miteigentumsanteile repräsentie- ren, gefasst werden. Ferner ist auf das oben beschriebene „Trittbrettfahrer“-Problemhinzuweisen, da denkbar ist, dass einzelneWohnungs- eigentümer entgegen ihrer bisherigen Ankündigung nicht positiv abstimmen, wodurch eine nach § 21 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 WEG erforderliche Mehrheit verfehlt werden kann, dies mit der Folge der Kostentragung nur durch die positiv abstimmenden Eigentümer gem. § 20 Abs. 3 WEG. Auf die vorgeschlagene bedingte Beschlussfassung gem. obiger Ziff. 4. Buchst. b) ist sinngemäß zu ver- weisen. Auch ist für den Fall des positiven Zu- standekommens des Beschlusses zu

Unsere Autoren

- Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht, Schwerpunkt: Wohnungseigentums- und Mietrecht sowie Makler- und Bauträgerrecht - Praktiker, Fachautor und Referent namhafter Tagungsveranstaltungen www.krall-kalkum.de RA Rüdiger Fritsch

Dr. Olaf Riecke

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• Schriftleiter ZMR • Richter am Amtsgericht Hamburg-Blankenese a. D. • Schwerpunkt: Miet- und Wohnungseigentumsrecht

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