BeiratAktuell 58

››› Aktuelles ‹‹‹ von RA Rüdiger Fritsch Neue Regeln für die Eigentümerversammlung Welche Änderungen sind seit dem 1.12.2020 zu beachten?

Am1.12.2020 sind die durch das WEMoG eingeführten Neuregelungen des Woh- nungseigentumsgesetzes in Kraft ge- treten. Für Verwaltungsbeiräte undWohnungs- eigentümer von besonderer praktischer Bedeutung sind dabei die vielfältigen Änderungen, die sich in Bezug auf die Abhaltung von Eigentümerversamm- lungen ergeben haben. Der nachfolgende Überblick erläutert die Neuregelungen und gibt erste Hin- weise zu deren Anwendung. Der Verwalter ist gem. § 24 Abs. 1 WEG als gesetzliches Organ der Wohnungs- eigentümergemeinschaft grundsätzlich alleine zu der nur seinem pflichtgemä- ßen Ermessen unterliegenden Entschei- dung über die Einladung einer Eigentü- merversammlung befugt. Die Regelung des § 24 Abs. 1WEGbesagt zwar nicht, dass die Eigentümerver- sammlung zwingend in der ersten Jah- reshälfte abzuhalten wäre, allerdings ist das grundsätzliche Ermessen des Ver- walters, eine Eigentümerversammlung einzuberufen, dahingehend reduziert, als dass jährlich eine Eigentümerver- sammlung einzuberufen ist. Insofern besteht eine Rechtspflicht des Verwalters, mindestens einmal im Ka- lenderjahr eine Eigentümerversammlung einzuberufen. a) Erleichterte Aufforderung zur Ladung zu Eigentümerversammlungen 1. Die Ladung zur Eigentümerver- sammlung

Ungeachtet der gem. § 24 Abs. 1 WEG geschuldeten jährlichen Eigentümer- versammlung hat der Verwalter gem. § 24 Abs. 2 Alt. 1 WEG die Pflicht, weitere Eigentümerversammlung einzuberufen, sofern die Regelungen der Gemein- schaftsordnung dies vorsehen. Darüber hinaus haben die Wohnungs- eigentümer gem. § 24 Abs. 2 Alt. 2 WEG die Möglichkeit, den Verwalter zur Ab- haltung einer weiteren Eigentümerver- sammlung zu veranlassen, wenn es aus der Sicht der Wohnungseigentümer einen sachlichen Grund hierfür gibt. Notwendig war nach dem bisher gel- tenden Recht indes, dass dies mehr als ein Viertel der Wohnungseigentümer (gerechnet nach Köpfen) vomVerwalter unter Angabe des Zwecks und der Grün- de in Schriftform verlangten. In der Praxis hat sich das Schriftformer- fordernis allerdings als hinderlich und auch nicht zeitgemäß erwiesen. § 126 BGB bestimmt nämlich, dass dann, wenn durch Gesetz die Schriftform vorge- schrieben ist, diese nur eingehaltenwird, wenn die zu errichtende Urkunde (d.h. das an den Verwalter zu richtende Schrei- ben) mit der eigenhändigen Namens- unterschrift der Unterzeichnenden im Original versehen ist, weshalb Telefax, E-Mail, Kopien oder andere Formen der digitalen Übermittlung ausschieden. Die Neufassung des § 24 Abs. 2 Alt. 2 WEG sieht daher vor, dass die Textform ausreicht. Ist gesetzlich die Textform zugelassen, so reicht es gem. § 126b BGB u.a. aus,

wenn eine Erklärung in digitaler Form abgegeben wird, da lediglich deren Speicherung und Reproduzierbarkeit gegeben sein müssen. Hiernach reicht eine elektronische Übermittlung per E-Mail oder Fax aus. b) Ersatzberechtigte für die Ladung zur Eigentümerversammlung Weigert sich der Verwalter, eine Eigen- tümerversammlung einzuladen und abzuhalten, obgleich er hierzu nach dem o. G. rechtlich verpflichtet ist oder fehlt ein Verwalter, so stellt sich die Frage, wer dann anstelle des Verwalters zur Eigentümerversammlung einladen darf, denn ansonsten ist die Eigentümerver- sammlung de facto handlungsunfähig. Hierzu sah der bisherige § 24 Abs. 3WEG a.F. eine ersatzweise Ladungsbefugnis des Vorsitzenden des Verwaltungsbeirats bzw. dessen Stellvertreters vor. Aufgrund der Fassung des bisherigen § 24 Abs. 3WEGwar allerdings ungeregelt, wer zur Versammlung einladen darf, wenn ein Verwaltungsbeirat fehlt oder dessen Vorsitzender bzw. Vertreter un- tätig bleiben. In diesen Fällen blieb, sofern nicht sämtliche Eigentümer sich mit der Einladung einer Eigentümerver- sammlung durch einen beliebigen Mit- eigentümer einverstanden erklärten, nur die Möglichkeit, dass sich ein Eigen- tümer durch das anzurufende zustän- dige Amtsgericht zur Einladung und Abhaltung einer Eigentümerversamm- lung ermächtigen lies. Die aktuelle Fassung des § 24 Abs. 3 WEG schließt diese Lücke, indem zusätz-

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