BeiratAktuell 58
Foto: urteil_adobestock_79242019 Die Wohnungseigentümer sind durch die konkrete Formulierung der Einladung nicht gleichsam ausgeladen worden. Denn Aufgabe des Verwalters ist es, durch die Wahl von Ort und Zeit eine ordnungsgemäße Durchführung der Eigentümerversammlung zu ermögli- chen. Dabei muss er die Abstandsgebote und Hygienevorschriften einhalten und auch die zu erwartende Teilnehmerzahl als sachgerechte Ermessenskriterien bei der Auswahl des Versammlungsorts be- rücksichtigen und darf auchVertretungs- möglichkeiten aktiv bewerben. Der Verwalter muss also nicht einen großen (und teueren) Saal anmieten, der sämtliche Eigentümer fasst. Unzu- lässig wäre es allerdings, Teilnehmern den Zugang zum Saal zu verweigern, wenn die Kapazität erschöpft ist. Das wird mit der Einladung hier aber nicht angekündigt. Der Verwalter ist auch berechtigt, darauf hinzuweisen, dass im schlimmsten Fall die Eigentümerversammlung wieder abgesagt werden muss, sofern die Vor- aussetzungen zur ordnungsmäßigen Durchführung nicht mehr gegeben sind. Die Entscheidung hat erheblichen Einfluss auf die Praxis: Verwalter dürfen in der Einladung Ver- tretungsmöglichkeiten bewerben und sich bei der Größe des gebuchten Ver- sammlungssaals an der zu erwartenden
Teilnehmerzahl orientieren.
Nicht durchführbare Wohnungseigen- tümerversammlungen können vom Verwalter auchwieder abgesagt werden. Versammlungen im reinen "Vollmachts- verfahren" bedeuten faktisch eine um- zulässige Ausladung der Eigentümer (AG Lemgo, IMR 2020, 508). Dort gefasste Beschlüsse sind wegen Eingriffs in den Kernberiech des Woh- nungseigentums nicht nur anfechtbar, sondern nichtig (AG Bad Schwalbach, Urt. v. 26.10.2020, 3 C 268/20).
BEIRATAKTUELL 58/ I-21
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