BeiratAktuell 57

Vereinbarungen und Beschlüsse ver- pflichtet und nicht mehr (auch) gegen- über seinen Miteigentümern. Dies ist nur konsequent, denn gem. § 18 Abs. 1, 2 u. 4 WEG kann der einzelne Eigentümer seine spiegelbildlichen An- sprüche auf ordnungsmäßige Verwal- tung und Nutzung nur gegenüber der Wohnungseigentümergemeinschaft geltend machen. Dies bedeutet, dass der einzelne Woh- nungseigentümer, wenn er der Auffas- sung ist, dass gesetzliche Regelungen, Vereinbarungen oder Beschlüsse in Ansehung des Gemeinschaftseigentums missachtet werden, in einer Eigentü- merversammlung einen Beschluss über ein Vorgehen der Gemeinschaft i.S.d. § 9a Abs. 2 WEG herbeiführen muss. Wird dieser abgelehnt, bleibt nur die Erhebung der Anfechtungs- und Be- schlussersetzungsklage gem. § 44 Abs. 1 WEG (siehe oben). Da eine Vielzahl von Rechten und Pflich- ten, die für die Verwaltung des Gemein- schaftseigentums essentiell sind, ihre Grundlage ausschließlich in solchen Rechten und Pflichten haben, die dem einzelnen Eigentümer und nicht der Gemeinschaft zugewiesen sind, stellt sich in der Praxis die Frage, wie solche Rechte und Pflichten gemeinschaftlich ausgeübt werden können. a) Bisherige Rechtslage Eine Vielzahl von essentiellen, für die Verwaltung des Gemeinschaftseigen- tums notwendigen Pflichten ist rechtlich dem einzelnen Eigentümer zur indivi- duellen Wahrnehmung zugeordnet. So basiert z.B. die Verkehrssicherungs- pflicht auf demEigentum, welches nicht der Gemeinschaft, sondern nur dem jeweils im Grundbuch eingetragenen einzelnen Wohnungseigentümer zu- steht. Daher ist primär nur der einzelne Wohnungseigentümer für die Einhaltung der einschlägigen privat- und öffentlich- rechtlichen Schutz- und Sicherungs- pflichten alleine verantwortlich (z.B.: Brandschutz, Schnee- und Eisbeseiti- gung, TÜV-Prüfungen, Trinkwasserkon- trolle, etc.). 3. Die Ausübungsbefugnis der Woh- nungseigentümergemeinschaft

Foto: rechte - AdobeStock_11839941 damit Prozessgegner der Verwalter so- wie die übrigenWohnungseigentümer. Wurde u.a. eine vom einzelnen Woh- nungseigentümer gewünschteMaßnah- me abgelehnt, so konnte der betreffen- deWohnungseigentümer hiergegen die Beschlussanfechtungsklage gem. § 46 WEG, verbunden mit der Beschlusser- setzungsklage gem. § 21 Abs. 8 WEG erheben. Beklagte waren sämtliche übrigenWoh- nungseigentümer. Gemäß dem neugefassten § 44 WEG sind Beklagte der Anfechtungs-, Nich- tigkeitsfeststellungs- sowie der Beschlus- sersetzungsklage nicht mehr die übrigen Wohnungseigentümer, sondern dies ist (nur) noch die Wohnungseigentümer- gemeinschaft. Dies führt u.a. dazu, dass der klagende einzelne Wohnungseigentümer, selbst wenn er obsiegt, gemäß dem ihm zu- gewiesenen Kostenanteils auch für die Anwaltskosten des beklagten Verbands aufzukommen hat, da es sich nun um Verwaltungskosten der Gemeinschaft handelt. Die Kehrseite der Medaille stellt die mit der Verschiebung der Verwaltungskom- petenz auf die Wohnungseigentümer- gemeinschaft einhergehende Umwäl- zung der bisherigen Haftungsverhält- nisse dar. Nach der bisherigen Rechtslage hafteten die einzelnenWohnungseigentümer für d) Umstrukturierung der Haftungs- verhältnisse

eine Verweigerung ordnungsmäßiger Verwaltung entsprechender positiver Beschlüsse und nicht die Gemeinschaft. Fehlverhalten des Verwalters konnte der Wohnungseigentümergemeinschaft nicht zugerechnet werden, da der Ver- walter aufgrund eigener organschaftli- cher Kompetenzen tätig wurde. Auch das Verschulden von der Gemein- schaft beauftragter Dritter (z.B. Hand- werker, Sachverständige, etc.) konnte der Gemeinschaft nicht zugerechnet werden. Hier musste sich der einzelne Eigentümer an den jeweiligen Verursa- cher wenden. Der Verwalter sowie sonstige von der Gemeinschaft beauftragte Dritte sind nun imGegensatz zur bisherigen Rechts- lage Erfüllungsgehilfen der rechtsfähi- gen Gemeinschaft bei der Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums, deren Verschulden die Gemeinschaft sich nun gem. §§ 278, 280 BGB zurech- nen lassen muss. Auch stehen demeinzelnen Eigentümer Schadensersatzansprüche gegen die Gemeinschaft wegen einer Verletzung der Pflicht zur ordnungsmäßigen Ver- waltung zu. Dabei muss die Gemein- schaft dann jeweils Regress beim Ver- walter, Dritten und auch den eigenen Eigentümern nehmen. 2. Pflichten des einzelnen Eigentü- mers Gem. § 14 Abs. 1 Nr. 1 WEG ist der ein- zelne Eigentümer (nur!) gegenüber der Wohnungseigentümergemeinschaft zur Einhaltung der gesetzlichen Regelungen,

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