BeiratAktuell 57

Foto: urteil_adobestock_79242019 2. Das Problem

Bei der Bestellung des Verwalters nach WEG sowie dem Abschluss des Verwal- tervertrags handelt es sich sicherlich um einewesentliche Entscheidung derWoh- nungseigentümer mit erheblichen Aus- wirkungen, zu der im Vorfeld Ver- gleichsangebote eingeholt werden sollten. Da dem vorliegend aber Genü- ge getan war, verfällt der Kläger auf die Idee, dass eine Entscheidung über meh- rere Angebote nur getroffen werden könne, wenn sämtliche Eigentümer sich mit den Angeboten längere Zeit inten- siv beschäftigen konnten, wofür min- destens 2Wochen (dieMindestladungs- frist) anzusetzen seien. Eine Entschei- dung über Angebote, die nicht innerhalb der Mindestladungsfrist oder gar erst in der Eigentümerversammlung vorgelegt werden, sei mangels hinreichender Ge- legenheit zur Prüfung niemandem zu- zumuten. Ein gleichwohl gefasster Be- schluss sei rechtswidrig. Wäre diese Rechtsauffassung zutreffend, so müssten bei der anstehenden Ent- scheidung über mehrere Beschlüsse, zu denen mehrere Angebote vorliegen, spätestens der Einladung zur Ei-gentü- merversammlung ggfls. hunderte Blatt Papier mit Angebotskopien beigefügt (und deren tatsächlicher Zugang nach- gewiesen) werden. 3. Die Entscheidung des BGH Der BGH bestätigt zwar grundsätzlich die querulantenfreundliche Auffassung, dass es bei einem Beschluss der Eigen- tümer über die Vergabe größerer Auf-

träge, wie etwa der Neubestellung des Verwalters (oder bei der Erteilung eines großen Instandsetzungsauftrags), regel- mäßig erforderlich ist, die eingeholten Vergleichsangebote den Wohnungsei- gentümern schon vor der Eigentümer- versammlung, spätestens innerhalb der Mindest-Einladungsfrist des § 24 Abs. 4 S. 2WEG von 2Wochen, in Kopie vorzu- legen. Dabei macht der BGH indes eine wich- tige Ausnahme. Nach der Auffassung des BGH reicht es aber auch aus, wenn denWohnungseigentümern (zur anste- henden Neuwahl des Verwal-ters) mit der Einladung zur Eigentümerversamm- lung die Namen der Bewerber sowie die Eck-punkte ihrer Angebote mitgeteilt werden, sofern dann spätestens in der Versammlung selbst die vorliegenden Angebote aktiv zur Einsichtnahme vor- gelegt und zum Gegenstand der Dis- kussion der Eigentümer gemacht wer- den. Werden dieWohnungseigentümer näm- lich durch Bekanntgabe der Eckpunkte der Angebote informiert, so ist es, so der BGH, Aufgabe des einzelnen Woh- nungseigentümers selbst (wenn er dies wünscht), sich Kenntnis des vollständi- gen Inhalts der eingeholten Angebote zu ver-schaffen, und zwar durch Ein- sichtnahme in diese in den Geschäfts- räumen der Verwaltung. Dabei hat die- se Wohnungseigentümern, die dies wünschen, natürlich eine Kenntnisnah- me der vollständigen Angebote zu er-

möglichen.

4. Praxis-Tipp Auch wenn der BGH zur Frage der Not- wendigkeit der Einholung von minde- stens drei Vergleichsangeboten die hierzu in den letzten Jahren ergangene anderslautende Rechtsprechung igno- riert und auf diese mit keinem Wort eingeht, lässt sich aus der Entscheidung doch ein Nutzen für die Verwaltungs- praxis ziehen. Zur erforderlichen Information der Ei- gentümer im Vorfeld der Eigentümer- versammlung über vorliegende Ange- bote reicht die Mitteilung über die Person des Anbieters und den wesent- lichen Inhalt seines Angebots aus, wenn nur das Angebot spätestens in der Ver- sammlung vorgelegt wird. Insofern reicht z.B. bei Instandsetzungsmaßnahmen die Übersendung eines Preisspiegels oder Kurzfassung eines Gutachtens grundsätzlich aus. Dabei sollte aber zur Sicherheit aus- drücklich spätestens in der Einladung kommuniziert werden, dass die Mög- lichkeit besteht, sich durch Einsichtnah- me in sämtliche Unterlagen imOriginal amGeschäftssitz des Verwalters zu des- sen Bürozeiten nach vorheriger Termin- vereinba-rung umfassen zu informieren (vgl.: LG Düsseldorf, Urt. v. 22.10.2014 - 25 S 34/14; LG München I, Urt. v. 6.10.2014 - 1 S 21342/13WEG; AG Augs- burg, Urt. v. 17.2.2016 - 31 C 1980/15 WEG).

BEIRATAKTUELL 57/ IV-20

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