BeiratAktuell 57
Für Tiefgaragenstellplätzemuss ggf. eine Ladeinfrastruktur geschaffen werden, die Eingriffe in die vermieterseits vor- gehalten E-Installation erfordert. Wenn der Mieter die Kosten für solche Arbei- ten übernimmt, ist es dem Vermieter i.d.R verwehrt, aus diesemGrunde dem einzelnenMieter die Erlaubnis zu Schaf- fung von Ladeinfrastruktur zu verwei- gern. Für„Nachzügler“ unter denMietern könnte man § 21 Abs.4 WEG nF analog anwenden. Der Vermieter kann für sich entscheiden, statt dem Mieter die Erlaubnis zu ertei- len, selbst die begehrte Maßnahme durchführen zu lassen. Dies muss dann zeitnah erfolgen. Reines Vertrösten des Mieters reicht nicht. Die Rückbaupflicht des Mieters besteht trotz (temporärer, auf die Mietzeit be- grenzter) Zustimmung des Vermieters. Wenn der Mieter z. B. insolvenzbedingt seine Rückbaupflicht nicht erfüllt, treffen wirtschaftlich denVermieter auch Rück- baukosten. Falls der Mieter dem Ver- mieter eine Zusatzkaution in Höhe orts- üblicher Handwerkerkosten zzgl. Sicher- heitszuschlag anbietet, wären die evtl. Rückbaukosten kompensiert. Auf Mieterseite gilt: Die nicht zwingend notwendigen „berechtigte Interessen“ wie Art, Dauer (Heilungschancen) und Schwere der Behinderung, Umfang und Erforderlichkeit der Maßnahme, Dauer der Bauzeit undMöglichkeiten des Rück- baus werden beimWohnraummieter als Abwägungskriterien angesehen, eben- so die restliche/voraussichtliche Dauer des Mietverhältnisses, Entwicklung des Gesundheitszustands des Mieters oder seines Haushaltsangehörigen sowie bisherige Dauer des Mietverhältnisses und dadurch bereits aufgebaute Bin- dungen an die Umgebung. Das Umbau- interesse ist jetzt sogar generell relevant. Die Erlaubnis darf nicht verweigert wer- den, weil an der baulichenVeränderung kein anerkennenswertes Interesse be- stehe. Alternativ können sich die Parteien da- hingehend verständigen, dass der Ver- mieter diemieterseits erstrebte bauliche Veränderung durchführt und über die
Kosten eine Modernisierungsvereinba- rung treffen. Der Vermieter kann nämlich seine Kosten der„Ersatzvornahme“ nicht analog § 670 BGB vollständig und ohne Modernisierungsmieterhöhung dem Mieter belasten. Dies lässt sich schon nicht damit verein- baren, dass der Vermieter, der seine Erlaubnis mit Auflagen versieht, keinen Anspruch auf Umsetzung durch den Mieter hat. Eine Berücksichtigung der Interessen der Gemeinschaft der Woh- nungseigentümer bereits im Rahmen der Interessenabwägungen wird allge- mein als unzulässig angesehen, da § 554 BGB die Abwägung ausdrücklich nur auf die Berücksichtigung von Interessen anderer Mieter bezieht. Bei vermietetem Wohnungseigentum darf der Mieter auch eine ihm vomVer- mieter erlaubte privilegierte bauliche Veränderung erst durchführen, nachdem die Wohnungseigentümer nach § 20 Abs. 2 S. 2 WEG nF positiv hierzu Be- schluss gefasst haben. Auch ein bestandskräftiger »Zitterbe- schluss« reicht hier aus. Sind alle Tatbe- standsvoraussetzungen einschließlich einer zugunsten des Mieters ausgegan- genen Interessenabwägung für die Zu- stimmung zur Herstellung der Barriere- freiheit gegeben, kann sich der vermie- tende Wohnungseigentümer nicht er- folgreich darauf berufen, dass es ihm unmöglich sei, die Zustimmung zu er- teilen. Der Vermieter sollte ggf. nicht unter Verweis auf die WEG-Problematik die Erlaubnis zurückhalten, sondern „vor- behaltlich eines positiven Eigentümer- beschlusses“ erteilen. Selbst ein be- standskräftiger Beschluss bringt keine endgültige Sicherheit, da zumindest vor Auftragserteilung - wenn sich noch kein Vertrauen auf Seiten des Mieters mani- festiert hat - ein Zweitbeschluss möglich und nicht evident ordnungswidrigwäre. Achtung: Nur bei einer vom Vermieter bereits unbedingt und vorbehaltslos erlaubten baulichen Veränderung, die letztlich aber am Widerstand der Ge- meinschaft der Wohnungseigentümer scheitert, würde dies nach § 536 BGB
etwa zur Mietminderung führen können. Bei bloß bedingter Zustimmung des Vermieters ist der Mieter noch nicht berechtigt, in das gemeinschaftliche Eigentum einzugreifen; er muss den Genehmigungsbeschluss abwarten. Da die §§ 20, 21WEG nF bei privilegier- ten baulichen Maßnahmen einen An- spruch des vermietenden Eigentümers auf Gestattung / Vornahme solcher baulichen Veränderungen begründen, muss er diesen auch im Interesse seines Mieters durchsetzen.
BEIRATAKTUELL 57/ IV-20
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