BeiratAktuell 51

Denn die Jahresabrechnung ist vomVer- walter erst nach Ablauf des Wirtschafts- jahres aufzustellen und von den Eigen- tümern gem. § 28 Abs. 5 WEG zu be- schließen. Hieraus resultierende Nachzahlungen kommen also zur Behebung eines im laufenden Wirtschaftsjahr auftretenden Liquiditätsengpasses zu spät. 2. Die Instandhaltungsrückstellung und ihre Schwächen Die Bereitstellung der Mittel für größere Maßnahmen der Instandhaltung und In- standsetzung des Gemeinschaftseigentums soll durch die Bildung einer sog. Instand- haltungsrückstellung erfolgen. Gem. § 21Abs. 3, Abs. 5 Nr. 4WEG sind die Wohnungseigentümer im Rahmen ordnungsmäßigerVerwaltung verpflichtet, eine angemessene Instandhaltungsrück- stellung anzusammeln, deren Zuführungs- beträge in denWirtschaftsplan, allerdings nicht als Ausgabe, einzuarbeiten sind (vgl.: BGH, Urt. v. 4.12.2009 – V ZR 44/09, ZMR 2010, 300; Bärmann/Becker, WEG, 14. Aufl. 2018, § 28 Rn. 31). a) In welcher konkreten Höhe die Instand- haltungsrückstellung als „angemessen“ anzusammeln ist, sagt das WEG indes nicht. Dies kommt auf den jeweiligen Einzelfall, insbesondere auf dasAlter und den baulichen Zustand der WEG-Anlage an. Zur Ermittlung der anzusammelnden Be- träge sollte sich die Wohnungseigentü- mergemeinschaft eines vomVerwalter zu erstellenden Sanierungsplans bedienen. Da der Verwalter indes kein Bausachver- ständiger ist (und auch nicht sein muss) sollte hierzu ein Fachmann hinzugezogen werden. Eine verbindliche Instandset- zungs- und Zuführungsplanung hat indes die Eigentümerversammlung zu beschlie- ßen. Diese kann mittels einer Prioritäten- liste, die bei neuen Erkenntnissen gege- benenfalls aktualisiert werden muss, geschehen. Ein Rechtsanspruch auf die Beschlussfassung über eine Instandset- zungsplanung besteht indes nur, wenn dies aufgrund besonderer Umstände ord- nungsmäßiger Verwaltung entspricht

(vgl.: BGH, Urt. v. 9.3.2012 – V ZR 161/11, NZM 2012, 421).

oder der Begleitung solcher Maßnahmen dienen, zugegriffen werden darf, weshalb Entnahmen zu anderen Zwecken stets als kritisch, überwiegend als rechtswidrig, angesehen werden (vgl.: BGH, Beschl. v. 11.6.2015 - V ZB 78/14, NZM 2015, 864; LG Köln, Urt. v. 19.1.2012 - 29 S 190/11, IMR 2012, 199). Zusätzlich hat stets eine sog. eiserne Re- serve in der Rücklage für Notfälle ver- bleiben (vgl.: LG Düsseldorf, Urt. v. 23.9.2015 - 25 S 18/15, ZMR 2016, 873). Zwar spricht auch nach der Rechtsprechung aus praktischen Gründen viel dafür, dass vorübergehende Zugriffe auf die Mittel der Instandhaltungsrückstellung möglich sein können, die für die Rechtmäßigkeit einer solchen Zweckentfremdung der Rück- lage von den Gerichten errichteten Hürden sind jedoch schwer zu meistern, weshalb mit Blick auf das bestehendeAnfechtungs- und Prozessrisiko hiervon nur in Ausnah- mefällen Gebrauch gemacht werden soll- te (vgl.: LG München I, Urt. v. 14.7.2016 - 36 S 3310/16, IMR 2017, 62; LG Frank- furt, Urt. v. 16.7.2014 – 2-13 S 91/13, IMR 2014, 389). 4. Die Erhebung einer Sonderumlage Regelmäßig bleibt dem Verwalter der Wohnungseigentümergemeinschaft zur Behebung eines Liquiditätsengpasses in laufender Rechnung oder zur Finanzierung einer größeren Instandsetzungsmaßnahme kaum etwas anderes übrig, als die Woh- nungseigentümer zu einer (gegebenenfalls kurzfristig einzuberufenden außerordent- lichen) Eigentümerversammlung zu laden und ihnen die Beschlussfassung über die Erhebung einer Sonderumlage zu emp- fehlen. Dabei ist die sog. Sonderumlage imWoh- nungseigentumsgesetz nicht erwähnt. Nach herrschender Rechtsauffassung handelt es sich dabei schlicht um eine Anpassung bzw. eine Erweiterung des bestehenden Wirtschaftsplans. Dies gilt ebenso für den Fall, dass die Wohnungs- eigentümer angesichts bestehenden In- standsetzungsbedarfs eine Rücklage in angemessener Höhe nicht gebildet haben oder durch eine Entnahme die „eiserne

b) Auch bei der Ansammlung der Instand- haltungsrückstellung ist zu berücksichti- gen, dass diese als Bestandteil des vom Verwalter erarbeiteten Wirtschaftsplan wiederum lediglich einen Vorschlag dar- stellt, dem die Eigentümer folgen können, aber oftmals nicht folgen. So ist in der Praxis zu beobachten, dass dieWohnungseigentümer neu errichteter oder jüngerer WEG-Anlagen die recht- zeitige Bildung einer Rücklage vernach- lässigen. Auch sind Kapitalanleger oft- mals nicht bereit, angemessen zur Bildung einer für sie regelmäßig steuerlich unin- teressanten Rückstellung beizutragen. Zu berücksichtigen ist auch, dass gerade bei Objekten mit einem erheblichen Sa- nierungsstau durch regelmäßige Entnah- men aus der Rücklage zur Finanzierung der anfallenden Instandsetzungsmaßnah- men die Bildung einer angemessenen Rücklage auf Dauer unterbleibt. Fallen nun nicht planbare dringende In- standsetzungsmaßnahmen an, so führt dies oftmals zu einer Auszehrung der Rücklage oder dazu, dass die vorhandenen Mittel der Rücklage zur Finanzierung solcher Maßnahmen nicht ausreichen. 3. Querfinanzierung schwierig Erschwerend kommt hinzu, dass Liqui- ditätsengpässe auf dem laufenden Konto der Wohnungseigentümergemeinschaft selbst dann, wenn an sich ausreichende Mittel in der Instandhaltungsrückstellung vorhanden sind, kaum durch einen Zugriff auf die Rücklage behoben werden können. NachAuffassung der Gerichte handelt es sich bei den Mitteln der Instandhaltungs- rückstellung um ein sog. zweckgebunde- nes Sondervermögen der Gemeinschaft, auf welches grundsätzlich nur durch Be- schluss sowie nur zum Zwecke der Fi- nanzierung von Maßnahmen der Instand- haltung und Instandsetzung des Gemein- schaftseigentums sowie für die Bestreitung von Sachverständigenkosten, die der Feststellung des Instandsetzungsbedarfs

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BEIRAT AKTUELL 51/II-19

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