BeiratAktuell 51

a) Während im sog. Gesamtwirtschaftsplan die zu erwartenden Gesamteinnahmen und Gesamtausgaben der Gemeinschaft angesetzt werden, ist im Rahmen des für jedes Sondereigentum zu erstellenden sog. Einzelwirtschaftsplanes unter An- wendung der vereinbarten oder beschlos- senen Kostenverteilungsschlüssel die jeweilige anteilige Hausgeldvorauszahlung der betreffenden Einheit festzulegen, wo- bei in der Praxis diese beiden Teile des Wirtschaftsplans zusammengefasst wer- den (vgl.: BGH, Beschl. v. 2.6.2005 – V ZR 32/05, ZMR 2005, 547). Eine der Hauptaufgaben des Verwalters besteht nun darin, durch einen adäquat kalkulierten Wirtschaftsplan mittels der hierdurch festgelegten Vorschusszahlun- gen der Wohnungseigentümer die ge- schätzten Kosten der Bewirtschaftung, der Instandhaltung und Instandsetzung sowie der Verwaltung des Gemeinschafts- eigentums zu decken und für eine stets ausreichende Liquidität der Wohnungs- eigentümergemeinschaft zu sorgen (vgl.: BGH, Urt. v. 7.6.2013 – V ZR 211/12, ZMR 2014, 49). Daher sind großzügige Kostenschätzungen nicht nur zulässig, sondern sogar geboten, um Nachforderungen oder unterjährige Liquiditätsengpässe möglichst zu vermei- den (vgl.: LGMünchen I, Urt. v. 21.1.2013 - 1 S 3378/12, ZMR 2014, 66). Der Verwalter ist dabei auch berechtigt, bloße Eventualpositionen wie „Unvor- hergesehenes“ in den Wirtschaftsplan aufzunehmen. Ob der Verwalter im Zuge der gebotenen großzügigen Kalkulation des Wirtschaftsplans nun bei jeder ein- zelnen Position einen Sicherheitszuschlag vornimmt oder einen separaten Liquidi- tätspuffer in einer solchen generellen Sicherheitsposition berücksichtigt, läuft im Ergebnis auf das gleiche hinaus (vgl.: BGH, Urt. v. 17.10.2014 - V ZR 26/14, ZMR 2015, 244; AG Traunstein, Urt. v. 24.6.2011 - 391 C 1783/10, ZMR 2012, 63). Dementsprechend kommt demVerwalter bei der Erstellung des Wirtschaftsplans als reine Prognose, insbesondere bei der erforderlichen Schätzung der Höhe der anzusetzenden Positionen, ein denkbar weiter Ermessensspielraum zu, der nur dann überschritten wird, wenn offensicht- lich völlig überhöhte Nachzahlungen oder umgekehrt völlig überhöhte Überschüsse

zu erwarten sind (vgl.: BayObLG, Beschl. v. 10.4.2002 - 2Z BR 70/01, NZM 2002, 531). b) Problematisch ist nun, dass der vomVer- walter erarbeiteteWirtschaftsplan lediglich einen Vorschlag darstellt, dem die Eigen- tümer folgen können, aber nicht zwingend folgen müssen, denn die Entscheidung über den konkreten Inhalt desWirtschafts- plan und die Höhe der darin enthaltenen Einnahmen- und Ausgabenansätze sowie die Höhe des jeweiligen Hausgeld steht nur den Eigentümern gem. § 28 Abs. 5 WEG durch Beschlussfassung zu. Dabei ist in der Praxis leider häufig zu beobachten, dass sich die Wohnungsei- gentümer zur Geringhaltung des laufen- den Hausgelds oftmals nicht bereitfinden, den großzügigen Kostenansätzen in dem vom Verwalter vorgelegten Entwurf des Wirtschaftsplans zu folgen. Hinzu kommt, dass üblicherweise (mit den aufgezeigten negativen Folgen) in der Gemeinschaftsordnung vereinbart ist bzw. beschlossen wird, dass die auf den Wirtschaftsplan geschuldeten Hausgeld- vorauszahlungen monatlich imVoraus zu entrichten sind.

Wohnungseigentümer gem. § 21 Abs. 7 WEG Sanktionen für den Fall desVerzugs mit der Hausgeldzahlung beschließen können, etwa dieVorfälligkeit des gesam- ten Jahreshausgelds in einer Summe, dies erleichtert indes nur die Beitreibung rück- ständiger Beträge, ist aber nicht geeignet, den hierdurch ausgelösten Zahlungsaus- fall zeitnah zum kompensieren (vgl.: BGH, Beschl. v. 2.10.2003 –V ZB 34/03, ZMR 2003, 943; LG Köln, Urt. v. 20.2.2014 - 29 S 181/13, ZMR 2014, 745). Zudem kann auch die sorgfältigste Pro- gnose nicht alleWechselfälle berücksich- tigen, so z. B. den unvorhergesehenen Ausfall der Zentralheizungsanlage, der einen erheblichen, kurzfristig zu finan- zierenden Instandsetzungsbedarf mit sich bringt. In solchen Fällen, insbesondere wenn noch Zahlungsausfälle hinzutreten, wird der Wirtschaftsplan zu Makulatur. c) Dabei hilft es der Wohnungseigentümer- gemeinschaft auch nicht weiter, dass die Wohnungseigentümer nicht nur zur Be- gleichung des laufenden Hausgelds auf der Grundlage desWirtschaftsplans, son- dern ebenso zum Ausgleich von Nach- zahlungsbeträgen aus der Jahresabrech- nung i.S.d. § 28Abs. 3WEG verpflichtet sind.

Zwar ist es geraten und entspricht der herrschenden Rechtsmeinung, dass die

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BEIRAT AKTUELL 51/II-19

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