BeiratAktuell 51

››› Aktuelles ‹‹‹ von Massimo Füllbeck Aus der Praxis für die Praxis Vermietungsbeschränkung und Vertragsstrafe

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Der Fall: Die Gemeinschaftsordnung der WEG Thalheimer Straße 101 sieht vor, dass ein Wohnungseigentümer zur Vermietung, Verpachtung oder sonstigen Gebrauchs- überlassung seiner Wohnung nur berech- tigt ist, wenn der Verwalter zustimmt. Diese Zustimmung kann nur aus wichti- gem Grund verweigert werden. Wohnungseigentümer Q hält sich nicht an die Bestimmungen der Gemeinschafts- ordnung und vermietet seine Wohnung – ohne Zustimmung des Verwalters – regelmäßig und in kurzen Abständen an wechselnde Studenten. Wohnungseigen- tümer Q ist auch der Meinung, dass die Gemeinschaftsordnung dieVermietungs- aktivitäten nicht einschränken darf. Einige Wohnungseigentümer sind mit demVerhalten desWohnungseigentümers Q nicht einverstanden und bitten denVer- walter zu überprüfen, ob durch Be- schlussfassung eine Strafzahlung ange- ordnet werden kann, sollte weiterhin ohne Zustimmung des Verwalters eineVermie- tung bzw. Gebrauchsüberlassung statt- finden.

Abs. 7 WEG nicht die Einführung von Vertragsstrafen für Verstöße gegen Ver- mietungsbeschränkungen; ein darauf bezogener Mehrheitsbeschluss ist mangels Beschlusskompetenz nichtig. Soweit den Wohnungseigentümern er- möglicht wird, „die Art und Weise von Zahlungen, der Fälligkeit und der Folgen des Verzugs“ durch Stimmenmehrheit zu regeln, spricht schon viel dafür, dass sich diese Fallgruppe nur auf Zahlungspflich- ten bezieht. Unterlassungspflichten werden jedenfalls nicht erfasst. Die von der WEG beschlos- sene Zahlungspflicht knüpft weder an eine besondere Nutzung des gemeinschaft- lichen Eigentums noch an einen beson- deren Verwaltungsaufwand an. Sie hat vielmehr Strafcharakter und soll dieWoh- nungseigentümer dazu anhalten, ihrer Pflicht zur Einholung der Zustimmung nachzukommen. Lösung: Obwohl der Gesetzgeber in seiner Be- gründung die Vertragsstrafe vorgesehen hatte, ergibt sich aus dem Wohnungs- eigentumsgesetz des § 21 Abs. 7 WEG keine Kompetenz, entsprechende Ver- tragsstrafen durch Mehrheitsbeschluss festzulegen. Der BGH führte noch aus, dass die bei- spielhafteAufzählung vonVertragsstrafen in der Gesetzesbegründung unglücklich gewählt wurde! Der vorstehende Fall zeigt mal wieder, dass selbst die vom Gesetzgeber verab- schiedeten Gesetze nicht immer richtig angewandt werden können, da diese von den Gerichten, insbesondere dem BGH, regelmäßig „kassiert“ werden.

Einführung einerVertragsstrafe bei einem Verstoß gegen Vermietungsbeschränkun- gen. (…)

Daraufhin fasst die Wohnungseigentü- mergemeinschaft folgenden Beschluss:

„Miteigentümer, die ohne die erforderli- che Zustimmung der Verwalterin einen Mietvertrag über eineWohnung abschlie- ßen (…), sind verpflichtet, der Gemein- schaft einen Ausgleichsbetrag in Höhe von 500 zu zahlen. Die Zahlungspflicht erhöht sich auf mindestens 2.000 und höchstens 4.000 für jeden angefangenen Monat der Gebrauchsüberlassung, wenn ein wichtiger Grund für die Versagung der Zustimmung vorlag (…). Wohnungseigentümer Q ist mit dem Be- schluss nicht einverstanden und zieht eine Beschlussanfechtung in Erwägung. Mit Erfolg? Die Rechtslage: Grundsätzlich kann dieVermietung durch eine Vereinbarung in der Gemeinschafts- ordnung vorgeschrieben oder auch aus- geschlossen werden (Bärmann,Wohnungs- eigentumsgesetz 14. Auflage 2018; Rn. 43-46). Sollte gegen eine derartige Vereinbarung (Vermietungsbeschränkung) verstoßen werden, können dieWohnungseigentümer den Vermieter auf Unterlassung des un- zulässigen Gebrauchs des jeweiligen Sondereigentums in Anspruch nehmen. Dem ersten Anschein nach wurde in der Gesetzesbegründung zur WEG-Novelle 2007 eine Beschlusskompetenz eröffnet, wonach bei Verstößen eine entsprechen- deVertragsstrafe festgesetzt werden darf.

Der Verwalter entdeckt im Wohnungsei- gentumsgesetz den § 21 Abs. 7 WEG:

DieWohnungseigentümer können die Re- gelung der Art undWeise von Zahlungen, der Fälligkeit und der Folgen desVerzugs sowie der Kosten für eine besondere Nut- zung des gemeinschaftlichen Eigentums oder für einen besonderen Verwaltungs- aufwand mit Stimmenmehrheit beschlie- ßen.

In der dazugehörigen Gesetzesbegründung (Drucksache 16/887, Seite 27) heißt es:

Nach Ansicht des BGH (Urteil vom 22.03.2019 – V ZR 105/18) erfasst § 21

(..) Die Ermächtigung zur Regelung „der Folgen desVerzugs“ ermöglicht etwa die

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BEIRAT AKTUELL 51/II-19

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