BeiratAktuell 51

eigentümergemeinschaft zurückverlangen kann, überhaupt nicht beschäftigen. Denn der geltend gemachte Anspruch wurde durch den Mehrheitsbeschluss zurückge- wiesen. Dieser Beschluss wurde bestands- kräftig. Auch einem Negativbeschluss kommt eine so genannte materielle Bin- dungswirkung zu (BGH 15.01.2010 – V ZR 114/09). Damit ging der Eigentümer leer aus. Merke: Bestandskräftige Beschlüsse kön- nen wirksam werden, auch wenn sie bei rechtzeitiger Anfechtung vom Gericht aufgehoben worden wären! Selbst der Bundesgerichtshof musste sich bereits mehrfach dem Haftungsproblem stellen. Am 14.03.2013 (III ZR 253/12) gab es eine Entscheidung, der folgender Sachverhalt zu Grunde lag: Kläger war ein Eigentümer einer Eigen- tumswohnung. Die Wohnung hatte er vermietet, und zwar an den Bruder seiner Lebensgefährtin. Dem Kläger war be- kannt, dass sein Mieter früher einmal in Drogendelikte verwickelt war. Nun be- stand der Verdacht, dass der Mieter in der Wohnung mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge handelte. Das Gericht erließ einen Durchsuchungsbeschluss für die Wohnung. Die Polizei stieg direkt über das Fenster ein. Das Fenster wurde beschädigt, der Teppichboden wurde durch Glassplitter verunreinigt. Der Wohnungseigentümer verlangte vom Land Sachsen-Anhalt Scha-

densersatz. Der Bundesgerichtshof ent- schied den Fall nicht selbst, sondern hat ihn an die Vorinstanz zurückverwiesen. Die Richter wiesen allerdings auf folgen- des hin: Hat ein Vermieter Kenntnis davon oder muss es sich ihm aufdrängen, dass die von ihm vermieteteWohnung für die Be- gehung von Straftaten, die Lagerung von Diebesgut oder von Drogen benutzt wird oder benutzt werden soll, muss er sofort hellhörig werden. Er darf dann entweder den Mietvertrag nicht abschließen oder muss bei bereits abgeschlossenem Miet- vertrag jede Möglichkeit wahrnehmen, das Mietverhältnis zu kündigen. Macht er das nicht, kann er bei einem späteren Polizeieinsatz und einer damit verbunde- nen Beschädigung der Wohnung keinen Schadenersatz verlangen. Merke: Sobald etwas faul ist mit dem Mieter, darf sich der Vermieter nicht taub stellen, sondern muss geeignete Maßnah- men in die Wege leiten! Einen weiteren Fall musste der Bundes- gerichtshof einige Jahre später entschei- den: 2013 gab es in Nürnberg einen Po- lizeieinsatz, bei der eine Wohnungsein- gangstür beschädigt wurde. Gegen den Mieter einer Wohnung lagen ein Haftbe- fehl und ein Durchsuchungsbeschluss für die Mietwohnung vor. Der Mieter soll mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge unerlaubt Handel getrieben haben. Nachdem der Mieter die Tür nicht frei-

willig geöffnet hatte, wurde sie von den Polizeibeamten aufgebrochen und beschä- digt. Der Schaden betrug ca. 1.600 Euro. Bei der anschließenden Durchsuchung stellten die Polizeibeamten 26 Gramm Marihuana sicher. Nachdem das Mietverhältnis beendet wurde, verklagte der Vermieter seinen ehemaligen Mieter auf Schadenersatz. Der Bundesgerichtshof vertrat am 14.12.2016 (VIII ZR 49/16) die Ansicht, dass der Beklagte zwar gegen seine ver- traglichen Obhutspflichten als Mieter verstoßen habe, indem er in der Wohnung illegale Betäubungsmittel aufbewahrt hat. Allerdings war das Aufbewahren nicht kausal zur Beschädigung der Tür. Verein- facht gesagt: Die Polizei hätte die Tür auch aufgebrochen, wenn sich in der Wohnung nicht die 26 Gramm Marihua- na befunden hätten. Und daher wiesen die Richter die Klage gegen den Mieter ab. Auch hier ging der Vermieter also leer aus. Nicht unerwähnt bleiben soll an die- ser Stelle aber: Diese recht formalistische Auffassung des Bundesgerichtshofes ist in der Literatur vereinzelt durchaus auf Kritik gestoßen. Fazit: Es ist schwer, eine einheitliche Li- nie zu erkennen. Daher bliebe allen Ei- gentümern und Bewohnern zu wünschen, dass sie von diesem Problem auf Dauer verschont bleiben!

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Rechtsanwalt DetlefWendt, Fachanwalt für Miet- undWohnungseigentumsrecht, Buch- und Spie- leautor. Auf seiner Webseite www.detlefwendt. de betreibt er einen Blog „Wendt der Woche“. Darauf kommentiert er regelmäßig und in ver- ständlicher und humorvoller Weise Gerichtsur- teile. RA Detlef Wendt

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BEIRAT AKTUELL 51/II-19

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