BeiratAktuell-50
die Fenster zu oft und zu lange offen halte, was zu einer Auskühlung des Trep- penhauses und hohen Heizkosten führe. Q ist der Auffassung, dass frische Luft noch niemand geschadet habe. Des ewi- gen Streites müde, beschließt daraufhin die Eigentümerversammlung, dass ab- schließbare Fenstergriffe installiert wer- den und dass dem Hausmeister die allei- nige Befugnis übertragen wird, die Flur- fenster zum witterungsangepassten Lüf- ten nach einem eigens erstellten, jahres- zeit- und witterungsabhängigen Plan zu öffnen und zu schließen. a) Die Flurfenster im Treppenhaus einer WEG-Anlage stehen im gesetzlich zwin- genden gemeinschaftlichen Eigentum, weshalb der klagende Q zumMitgebrauch an den Fenstern, also auch hinsichtlich deren Öffnen und Schließen, berechtigt ist. Fraglich ist, ob die Installation der abschließbaren Griffe zulässig ist. b) Das mit dem Fall befasste LG Koblenz vertritt dieAuffassung, dass der Beschluss nicht nur rechtswidrig, sondern sogar nichtig, d.h. rechtsunwirksam ist. Zwar besteht ein berechtigtes Interesse der übrigen Eigentümer, die streitige Fra- ge der Frequenz und der Dauer des Öff- nens der Flurfenster zu regeln, die Ge- meinschaft schießt indes über das Ziel hinaus. Die beschlussweise Regelung, ausschließlich dem Hausmeister die al- leinige Befugnis zu übertragen, die mit abschließbaren Griffen ausgerüsteten Flurfenster witterungsabhängig zum Lüf- ten zu öffnen, stellt keine Gebrauchsre- gelung des Gemeinschaftseigentums i.S.d. § 15 Abs. 2 WEG dar, sondern den Ent- zug des Gebrauchs am Gemeinschaftsei-
gentum insgesamt. Hier wird der Gebrauch nicht (punktuell) geregelt, sondern voll- ständig reglementiert und damit entzogen (vgl.: LG Koblenz, Urt. v. 22.8.2016 – 2 S 15/16, NZM 2017, 135). 3. Burkini-Verbot im Schwimmbad Die WEG-Anlage verfügt über ein Ge- meinschafts-Schwimmbad. Die neu in die Gemeinschaft eingetretene Frau K trägt aus religiösen Gründen bei der Be- nutzung des Schwimmbads einen Ganz- körper-Badeanzug (sog. „Burkini“). Da dies den übrigen Eigentümern ein Dorn im Auge ist, wird durch Eigentümerbe- schluss eine Schwimmbadordnung erlas- sen, die u.a. besagt, dass bei der Benutzung des Bades das Tragen eines Burkini un- tersagt ist. Das mit der hiergegen gerichteten An- fechtungsklage der Eigentümerin K ent- scheidet, dass diese Regelung nichtig ist (vgl.: AG Köln, Urt. v. 5.12.2017 – 204 C 97/17, ZWE 2018, 269). Auch wenn allgemein in westeuropäischen Schwimmbädern Badebekleidung wie Bikinis, Badeanzüge oder Badehosen vorherrschend ist, müsse es auch gestat- tet sein, wenn andere Badekleidung be- nutzt wird. Zudem sei mit Blick auf den Vortrag der Beklagten nicht ersichtlich, warum ein Burkini mehr Wassertropfen absondern soll als übliche Badekleidung oder ein nasser unbekleideter Körper. Zudem ist es allgemein üblich, dass in Schwimmbädern durch die vorhandene Nässe erhöhte Rutschgefahr besteht und dass darauf von den Benutzern zu achten ist. Auch ist nicht ersichtlich, warum durch das Tragen eines Burkinis ein Hygiene- risiko besteht und dieAnsteckungsgefahr für Krankheiten erhöht sein soll. Es gibt keinen allgemeinen Erfahrungssatz, dass
ein Schwimmbadbesucher, vornehmlich weiblicher Natur, generell in einem un- gepflegteren Zustand das Schwimmbad benutzt als andere Schwimmbadbesucher und dies durch das Tragen eines Burkinis zu verdecken sucht. 4. Fazit Bei der Beschlussfassung über Gebrauchs- und Benutzungsregelungen ist also immer darauf zu achten, dass nur einAusschnitt des Mitbenutzungsrechts des einzelnen Eigentümers reglementiert bzw. ausge- schlossen wird. So kann z.B. durchaus beschlossen werden, dass auf der gemein- schaftlichen Rasenfläche Fußballspielen, dasAusführen von Hunden oder das Gril- len untersagt ist, ein Verbot, den Rasen überhaupt zu betreten, ist nichtig. Auch ist zu berücksichtigen, dass nur der Gebrauch geregelt werden kann, nicht aber in Persönlichkeitsrechte des einzel- nen Eigentümers eingegriffen werden darf. So können durchaus die Badezeiten im Gemeinschaftsschwimmbad oder ge- trennte Nutzungszeiten für Damen oder Herren sowie gemeinschaftliche Nut- zungszeiten einer Gemeinschaftssauna eingeführt werden. Dem einzelnen Ei- gentümer kann aber seine Garderobe, gleich ob im Schwimmbad oder anders- wo, nicht vorgeschrieben werden.
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BEIRAT AKTUELL 50/I-19
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