BeiratAktuell-50

lin, wonach es keinen Rechtsanspruch auf die Fortsetzung von rechtswidrigen Abrechnungen gibt. Abgerundet wird das Ganze durch eine nennenswerte Entschei- dung des BGH zum Widerspruchsrecht des Mieters bei einer Mieterhöhung. Unser erfahrener Autor Martin Metzger beleuchtet ein grundsätzliches Thema in der Praxis: Schäden durch Bäume – wann wurde dieVerkehrssicherungspflicht ver- letzt? Gerade durch die heftigen Wetter- ereignisse der letzten Tage rückt die

Verkehrssicherung immer mehr in den Fokus aller Beteiligten. Fakt ist jedoch auch, dass nicht alle Risiken gänzlich ausgeschlossen werden können. Zu guter Letzt möchte ich noch inhaltlich auf ein Rundschreiben der Bundesnotar- kammer eingehen, welches durch eine Entscheidung des LG Düsseldorf entstan- den ist und alle Notare darauf hinweist, dass die Kosten der Unterschriftsbeglau- bigung unter der Verwalterzustimmung denVerwaltern bzw. der Wohnungseigen-

tümergemeinschaft in Rechnung zu stel- len sind. PraktischeAuswirkungen dieser neuenVorgehensweise werden ausführlich beschrieben und erläutert.

Eine anregende Lektüre wünscht Ihnen

Ihr Massimo Füllbeck

››› Wohnungseigentumsrecht ‹‹‹ von RA Rüdiger Fritsch Das war hier schon immer so! Kein Rechtsanspruch auf Fortsetzung rechtswidriger Abrechnung

Die Frage, wie und nach welchen Maß- gaben die Jahresabrechnung durch den Verwalter zu erstellen ist, wird – mangels ausdrücklicher Regelung imWEG – um- fassend durch die hierzu von der Recht- sprechung entwickeltenVorgaben geregelt. Diese widersprechen allerdings in der Praxis in vielfältiger Hinsicht der Inter- essenlage der Wohnungseigentümer. Da- her wird vielfach an den Verwalter der Wunsch herangetragen, im Interesse z.B. der vermietenden Wohnungseigentümer, die Jahresabrechnung unter Einbeziehung von Abgrenzungspositionen zu erstellen oder andere Abrechnungsregeln zu igno- rieren. Das ein solches Vorgehen auf tö- nernen Füßen steht, hat das Landgericht Berlin in einer aktuellen Entscheidung nochmals verdeutlicht (vgl.: LG Berlin, Urt. v. 22.6.2018 – 85 S 23/17 WEG). 1. Der Fall Aufgrund einer unausgesprochenen Über- einkunft zwischen der überwiegenden Mehrzahl der Wohnungseigentümer und dem Verwalter erstellt dieser die jeweili- gen Jahresabrechnungen unter Missach- tung der hierzu ergangenen Rechtspre- chung. Da die Wohnungseigentümer diese Vorgehensweise aber gutheißen, werden die (fehlerhaften) Jahresabrech- nungen jährlich bestandskräftig beschlos-

sen. Nach etlichen Jahren erheben nun die Eigentümer A und B Anfechtungs- klage gegen die aktuell beschlossene Jahresabrechnung. Der Verwalter und die übrigen Eigentümer meinen, dass die Klageerhebung zwar formal-juristisch zutreffend sein, aber nach langen Jahren gegen Treu und Glauben verstößt. 2. Das Problem Unstreitig ist die vom Verwalter vorge- legte und von den anderen Eigentümern mehrheitlich genehmigte Jahresabrech- nung rechtlich fehlerhaft, da gegen ver- schiedene Abrechnungsgrundsätze ver- stoßen wurde. Gleichwohl kann gegen die Klageerhebung eingewandt werden, dass diese gem. § 242 BGB gegen die Grundsätze von Treu und Glauben ver- stößt. Denn die Kläger A und B haben die fehlerhafteAbrechnungspraxis in der Vergangenheit über lange Jahre hinweg hingenommen, ohne hiergegen vorzuge- hen. Daher könnte das Klagerecht verwirkt sein und das Rechtsschutzinteresse fehlen. 3. Die Entscheidung des LG Berlin Das LG Berlin lässt den Einwand: „Das haben wir hier schon immer so gemacht“ zutreffender weise nicht gelten. Die Er- stellung der Jahresabrechnung in der vorliegenden Form ist rechtswidrig. Dass

die in der Vergangenheit genehmigten Abrechnungen auch fehlerhaft waren, aber als bloß rechtswidrige Einzelfallbe- schlüsse gem. § 23Abs. 4WEG mangels Anfechtung in Bestandskraft erwachsen sind, ändert daran nichts. Es widerspricht auch nicht Treu und Glauben, nach langen Jahren der Untätigkeit gegen eine rechts- widrigeVerfahrensweise vorzugehen, denn das Anfechtungsrecht bezieht sich stets auf den konkret gefassten Beschluss. Ins- besondere der Verwalter durfte auch nicht davon ausgehen, dass eine rechtswidrige Handhabung der Vergangenheit sich auch stets in der Zukunft fortsetzt. 4. Fazit Wohnungseigentümergemeinschaften, die, aus welchen Gründen auch immer, ihren Verwalter dazu anhalten, den Vor- gaben der Rechtsprechung nicht überein- stimmende Jahresabrechnungen vorzule- gen, müssen sich darüber klar sein, dass es sich um eine „Handhabung auf Zeit“ handelt. Der Krug geht eben solange zum Brunnen, bis er bricht. Denn, wie das Landgericht Berlin zutref- fend entscheidet, gibt es weder einen Anspruch auf Gleichbehandlung im Un- recht noch ein Recht, dass Fehler der Vergangenheit auch in Zukunft fortgesetzt werden.

3

BEIRAT AKTUELL 50/I-19

Made with FlippingBook - professional solution for displaying marketing and sales documents online