BEIRATaktuell_69_Flipping
Beeinträchtigung der Statik und des Brandschutzes sowie einer Einschrän kung des Versicherungsschutzes ver bunden? Die Entscheidung des Gerichts: DieVoraussetzungen für eine Beschlus sersetzung (vgl. die neue Regelung in § 44 Abs. 1 Satz 2 WEG) liegen nicht vor. Die Beschlussfassung am 15.07.2019 bezog sich auf den beabsichtigtenWand durchbruch und hatte damit denselben Gegenstand wie das jetzige Klagebe gehren. Insofern ist in demablehnenden Beschluss eineVorbefassung der Eigen tümer zu sehen. Die materiellrechtlichen Voraussetzun gen für die begehrte Beschlussersetzung nach § 20WEG liegen nicht vor. Bei einem Wanddurchbruch handelt es sich nicht um eine privilegierte Maßnahme nach § 20 Abs. 2 WEG. Auch § 20 Abs. 3 WEG greift nicht. Es bleiben nur ganz gering fügige und völlig belanglose bzw. ba gatellartige Beeinträchtigungen außer Betracht. Da es im Fall eines Wanddurchbruchs nicht auf das Einverständnis von be stimmten hierdurch beeinträchtigten Eigentümern ankommt, liegen die Vor aussetzungen für die Gestattung einer solchen baulichenVeränderung nur vor, wenn hiermit insgesamt keine über das unvermeidliche Maß hinausgehenden Beeinträchtigungen verbunden wären. Das ist nicht der Fall. Ein maßgeblicher Nachteil ist nicht bereits darin zu sehen, dass ein Wanddurchbruch zur Verbin dung von zweiWohnungseinheiten die Abgeschlossenheit der betreffenden Wohnungen aufhebt. Ein Wanddurchbruch stellt aber einen Nachteil im Sinne von § 14 Abs. 2 Nr. 1 WEG dar, wenn hiermit ein wesentlicher Eingriff in die Substanz des gemein schaftlichen Eigentums verbunden ist.
Handelt es sich bei der Wand um keine Voraussetzungen für: Gestattung eines geplanten Wanddurchbruchs zur Ver bindung von zwei Wohnungen tragen deWand, so ist ein Eingriff in die Substanz des Gemeinschaftseigentums nicht gegeben, da eine solche Wand im ver tikal geteilten Sondereigentumder bei den betroffenenWohnungseigentümer steht. Im vorliegenden Fall besteht die Wand aus Stahlbeton. Dieser Umstand spricht dafür, dass es sich um eine tragende Wand handelt. Bei tragendenWänden, die imGemein schaftseigentum stehen, ist ein Nachteil im Sinne von § 14 Abs. 2 Nr. 1 WEG nur dann zu verneinen, wenn es sich bei der baulichen Maßnahme um keinen we sentlichen Eingriff in die Substanz des Gebäudes handelt und hiermit keine Nachteile für die konstruktive Stabilität des Gebäudes und dessen Brandsicher heit geschaffen werden. Praxis-Tipp: Der bauwillige Eigentümer muss deshalb bereits im Vorfeld durch Vorlage von entsprechenden Gutachten den Nach weis erbringen, dass mit der beabsich tigten Maßnahme keine erheblichen Beeinträchtigungen verbunden sind.
Hinweis der Redaktion: Der BGH (Beschluss vom 21.11.2000, V ZB 45/00) äußerte sich bereits im Jahr 2000 zu einem ähnlichen Fall: 1. Wanddurchbrüche zwischen zwei Wohnungen, die zumVerlust der Abge schlossenheit (§ 3 Abs. 2 WEG) oder einemder Teilungserklärungwiderspre chenden Zustand führen, stellen nicht schon deshalb einen für die anderen Wohnungseigentümer nicht hinnehm baren Nachteil dar. 2.Wird eine tragende, in Gemeinschafts eigentumstehendeWanddurchbrochen, so ist ein nicht hinnehmbarer Nachteil allerdings erst dann ausgeschlossen, wenn kein wesentlicher Eingriff in die Substanz des Gemeinschaftseigentums erfolgt, insbesondere keine Gefahr für die konstruktive Stabilität des Gebäudes und dessen Brandsicherheit geschaffen worden ist.
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