BeiratAktuell 53

Auch wenn in Ansehung gemeinschaft- licher Kosten ein Ersatzanspruch gegen einen Eigentümer wegen einer diesem zurechenbaren schuldhaften Pflichtver- letzung in Rede steht, rechtfertigt dies die Direktbelastung des betreffenden Ei- gentümers in der Jahresabrechnung in Abweichung von dem vereinbarten Ko- stenverteilungsschlüssel nur dann, wenn der Anspruch rechtskräftig tituliert ist oder sonst feststeht, insbesondere aner- kannt ist (vgl.: BGH, Urt. v. 4.3.2011 - V ZR 156/10, ZMR 2011, 573). Im Übrigen besteht auch keine Befugnis der Wohnungseigentümergemeinschaft, behauptete Schadensersatzansprüche durch Beschluss über die Jahresabrech- nung unter Umgehung des Rechtswegs zu begründen und unmittelbar beizutrei- ben (vgl.: BGH, Urt. v. 4.3.2011 - V ZR 156/10, ZMR 2011, 573). Die Genehmigung der Jahresabrechnung, in welcher die Kosten der Legionellen- beseitigung sowie der erforderlichen Nachuntersuchungen auf sämtlicheWoh- nungseigentümer umgelegt werden, be- deutet indes nicht, dass damit keine Er- satzansprüche gegen diejenigen Sonderei- gentümer geltend gemacht werden können, welche den Kostenanfall zurechenbar und schuldhaft verursacht haben (vgl.: BGH v. 4.3.2011 - V ZR 156/10, ZMR 2011, 573). Soweit die übrigenWohnungseigentümer der Auffassung sind, dass in Ansehung der Kosten der o.g. Nachuntersuchungen Schadensersatzansprüche gegen diejeni- gen Sondereigentümer geltend gemacht werden können/sollen, deren Sonderei- gentum als Quelle der Legionellen-kon- tamination des Trinkwassers identifiziert wurde, ist folgendes zu berücksichtigen. aa) Ursächlichkeitsnachweis Zunächst können solche Schadensersatz- ansprüche nur dann mit Aussicht auf b) Vorbehalt von Schadensersatzan- sprüchen

Erfolg geltend gemacht werden, wenn gerichtsfest nachgewiesen werden kann, dass die o.g. Nachuntersuchungen nur deshalb notwendig wurden, weil der oder die betreffenden Sondereigentümer die ihnen obliegende Pflicht, ihr Sonderei- gentum so zu benutzen sowie instand zu halten und instand zu setzen, dass dem Sondereigentum anderer Wohnungsei- gentümer und/oder dem Gemeinschafts- eigentum kein Nachteil erwächst, schuld- haft vernachlässigt haben (vgl. §§ 280, 823 ff. BGB, 14 Nr. 1 WEG). Dies setzt voraus, dass gerichtsfest nach- gewiesen werden kann, dass die imTrink- wasser festgestellte Legionellenkontami- nation ursächlich auf einen mangelhaften Gebrauch oder Zustand des Sondereigen- tums zurückzuführen ist. bb) Verschuldensnachweis Ferner ist zu beweisen, dass die betref- fenden Sondereigentümer dabei ein Ver- schulden trifft. Der Verschuldensnachweis bei einer Ver- nachlässigung der Betreiberpflichten im Umgang mit Trinkwasserinstallationen ist dabei allerdings regelmäßig schwer zu führen, da die technischen Vorschriften, aus denen sich u.a. die Pflicht zur regel- mäßigenWasserentnahme aus der Trink- wasserinstallation ergibt (z.B. VDI-Richt- linie 6023, u.v.a.m.) einem diesbezüglich technisch nicht vorgebildeten durch- schnittlichenWohnungseigentümer nicht positiv bekannt sein müssen. Anders kann dies zu beurteilen sein, wenn sämtliche Eigentümer der Anlage zuvor, insbesondere durch schriftliche oder sonst nachweisbare Belehrung (insbesondere durchAushändigung entsprechender Bro- schüren über den regelgerechten Umgang mit der Trinkwasserinstallation) über die entsprechenden Betreiberpflichten infor- miert wurden. Besondere Probleme ergeben sich indes, wenn das betreffende Sondereigentum vermietet ist, da der jeweilige Sonderei- gentümer für ein etwaiges Verschulden

seines Mieters nicht ohne weiteres haf- tet.

cc) Beschlussfassung zur An- spruchsdurchsetzung

Ferner bedarf es für die außergerichtliche und notfalls gerichtliche Durchsetzung der o.g. Ansprüche eines Beschlusses der Eigentümerversammlung, durch welchen die Verwaltung zur Anspruchsdurchset- zung (unter Einschaltung eines Rechts- anwalts) ermächtigt wird (vgl. § 27 Abs. 3 S. 1 Nr. 7 WEG). Dabei ist besonders zu berücksichtigen, dass der BGH aktuell die Frage unbeant- wortet gelassen hat, ob durch die Bestrei- tung von Kosten aus Gemeinschaftsmit- teln, hinsichtlich deren Verauslagung Schadensersatzansprüche geltend gemacht werden sollen, derWohnungseigentümer- gemeinschaft selbst ein Schaden entstan- den ist, oder ob dieser Schaden, da die Kosten im Rahmen der Jahresabrechnung auf die einzelnen Wohnungseigentümer umgelegt wurden, lediglich diesen in Höhe des von ihnen mit der Abrechnung begli- chenen Kostenanteils ein individueller Schaden entstanden ist (vgl.: BGH, Urt. v. 8.2.2019 - V ZR 153/18, BeckRS 2019, 9147). Dabei können nachAuffassung des BGH die gegebenenfalls den einzelnen Eigen- tümern zustehenden Schadensersatzan- sprüche jedoch durch sog. Vergemein- schaftungsbeschluss gem. § 10Abs. 6 S. 3Alt. 2WEG zurAusübung an dieWohnungseigentümergemeinschaft gezogen werden, so dass im Falle der Beschlussfassung über die Durchsetzung von Schadensersatzansprüchen stets vor- sorglich Ansprüche des Verbandes und die vergemeinschafteten Ansprüche der Eigentümer benannt werden sollten (vgl.: BGH, Urt. v. 8.2.2019 - V ZR 153/18, BeckRS 2019, 9147).

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BEIRAT AKTUELL 53/IV-19

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