BeiratAktuell 53

ist eine ausreichende Anzahl von Ange- boten vorzulegen, aus denen sich ergibt, was konkret und zu welchen Kosten durchgeführt werden soll sowie, dass die jeweiligen Anbieter auch konkret bereit sind, im Falle der Auftragserteilung die Maßnahme durchzuführen (vgl.: LGHam- burg, Beschl. v. 20.1.2016 – 318 S 99/15, ZMR 2016, 724; LG Dortmund, Urt. v. 10.11.2015 - 1 S 308/15, ZMR 2016, 387; Hügel/ Elzer, WEG, 2. Aufl. 2018, § 21 Rn. 154). An den dargestellten rechtlichen und tatsächlichen Hürden dürfte eine indivi- duelle Durchsetzung eines gegen die übrigen Wohnungseigentümer gerichte- ten Anspruch auf Einrichtung einer Vi- deoüberwachungsanlage regelmäßig scheitern. 2. Überwachung des Gemeinschafts- eigentums durch den einzelnen Ei- gentümer Kommt der Betrieb einer Videoüberwa- chungsanlage für den Bereich des Ge- meinschaftseigentums in Betracht, kann der einzelne Eigentümer, wenn die Ge- meinschaft selbst untätig bleiben möchte (und zum Tätigwerden nicht gezwungen werden kann) den Antrag stellen, dass ihm anstelle der Gemeinschaft die Er- laubnis erteilt wird, eine Videoüberwa- chung durchzuführen. a) Ermächtigung des Einzelnen zur Überwachung des Gemeinschaftsei- gentums Die Wohnungseigentümergemeinschaft kann sich grundsätzlich dafür entscheiden, die Durchführung von an sich von der Gemeinschaft obliegendenVerwaltungs- maßnahmen auf einzelne Wohnungsei- gentümer zu delegieren, indem der be- treffende Eigentümer (auf dessenWunsch hin) zur Durchführung einer Verwaltungs- maßnahme in Ansehung des Gemein- schaftseigentums ermächtigt wird (vgl.:

BGH, Urt. v. 19.7.2013 – V ZR 109/12, NZM 2014, 81).

Die Überwachung gemeinschaftlicher Räume oder Flächen durch den einzelnen Eigentümer bedeutet daher in der Regel einen unzulässigen Eingriff in die Per- sönlichkeitsrechte (Recht am eigenen Bild) der betroffenen Eigentümer und Besucher und damit eine nicht hinnehm- bare Beeinträchtigung, auch bei einer Kameraattrappe (vgl.: LG Düsseldorf, Urt. v. 28.11.2013 - 19 S 25/13, ZWE 2015, 30; AG Kassel, Urt. v. 12.11.2009 - 800 C 612/08, ZMR 2010, 485; Bärmann/ Merle, WEG, 14. Aufl. 2018, § 22 Rn. 288). Daher entspricht ein Beschluss der Ei- gentümerversammlung, derartiges zu untersagen, grundsätzlich ordnungsmä- ßiger Verwaltung (vgl.: OLG Köln, Urt. v. 5.11.2008 - 2 U 16/08, ZMR 2008, 559; Jennißen/Schultzky, WEG, 6. Aufl. 2019, § 15 Rn. 109). Eine Ausnahme gilt nur für den beson- deren Fall, dass überwiegende schutzwür- dige Interessen an der dauernden Über- wachung auch von Gemeinschaftseigen- tum vorliegen. Hierzu genügt es aber nicht, dass von einem Teil der übrigen Eigentümer oder anderer Bewohner Be- lästigungen ausgehen oder Eigentum vor Beschädigungen durch Dritte geschützt werden soll; etwas anderes soll aber gel- ten, wenn die körperliche Unversehrtheit des betreffenden Wohnungseigentümers aufgrund konkreter zeitnaher Vorfälle zu schützen ist (vgl.: OLGMünchen, Beschl. v. 11.3.2005 – 34 Wx 2/05/ NZM 2005, 668; Bärmann/Merle, WEG, 14. Aufl. 2018, § 22 Rn. 288). Auch in diesem Fall ist der betreffende Eigentümer aber nicht berechtigt, dauer- hafte Aufzeichnungen zu fertigen bzw. eine dauerhaften Speicherung von Bild- aufzeichnungen durchzuführen (vgl.: OLG bb) Ausnahme: Konkrete Gefährdung der körperlichen Unversehrtheit

Daher ist es denkbar, dass der einzelne Wohnungseigentümer den Antrag stellt, dass, wenn die Gemeinschaft schon selbst nicht tätig werden wolle, der betreffende Eigentümer durch Beschluss ermächtigt wird, auf eigene Kosten eine Videoüber- wachung des Gemeinschaftseigentums durchzuführen. Das Interesse eines einzelnenWohnungs- eigentümers an der Überwachung des Gemeinschaftseigentums rechtfertigt in- des grundsätzlich nicht dessen Ermäch- tigung zur Videoüberwachung des Ge- meinschaftseigentums, da die notwendi- ge Kontrolle der Rechtmäßigkeit der Maßnahme der Wohnungseigentümerge- meinschaft entzogen bzw. erheblich er- schwert wird (vgl.: AG Bergisch Glad- bach, Urt. v. 3.9.2015 – 70 C 17/15, NZM 2016, 211; Jennißen/Heinemann, WEG, 6. Aufl. 2019, § 21 Rn. 109). b) Überwachung des Gemeinschafts- eigentums ohne Genehmigung Der einzelne Eigentümer kann sich aber auch entscheiden, eine Überwachung ohne Genehmigung der Eigentümerversamm- lung durchzuführen. aa) Grundsatz: Keine Befugnis zur Überwachung des Gemeinschaftsei- gentums Dabei gilt, dass, ebenso wie sich das Recht der Gemeinschaft zur Videoüberwachung nur auf Flächen, Anlagen, Einrichtungen und Räume des gemeinschaftlichen Ei- gentums und nicht auf das Sondereigentum bezieht, dass der einzelne Sondereigentü- mer grundsätzlich nicht zur Überwachung des gemeinschaftlichen Eigentums befugt ist (vgl.: OLG Düsseldorf, Beschl. v. 5.1.2007 – I-3 Wx 199/06, MDR 2007, 946; OLGMünchen, Beschl. v. 11.3.2005 – 34 Wx 2/05/ NZM 2005, 668).

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BEIRAT AKTUELL 53/IV-19

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