BeiratAktuell-48
eine Mieterhöhung zur Folge, da zwar regelmäßig, aber nicht in jedem Fall eine Modernisierung vorliegt (vgl. Schmidt- Futterer/Eisenschmid BGB § 555b Rn. 106-108, beck-online). ImWohnungseigentumsrecht ist die Fra- ge, ob es sich bei dem Anbau von Bal- konen um eine Modernisierungsmaßnah- me völlig offen. Eine Klärung durch den BGH steht noch aus. Verschiedene Land- gerichte (LG Berlin, ZWE 2014, 276; LG Hamburg, ZMR 2012, 574) und auch die einschlägige Kommentierung (WEG, Bärmann, 13. Aufl. 2015, § 22 Rn. 38) gehen auch nach der Einführung der Mo- dernisierung (§ 22 Abs. 2 WEG) davon aus, dass der Anbau von Balkonen eine bauliche Veränderung darstellt und folg- lich nur mit Zustimmung allerWohnungs- eigentümer durchgeführt werden kann. Das LG Lüneburg (ZMR 2011, 830) hat zwar in einem Einzelfall entschieden, dass der Anbau von Balkonen eine Mo- dernisierungsmaßnahme im Sinne von § 22Abs. 2WEG i. V. m. § 559Abs. 1 BGB darstellt, aber dadurch die Eigenart der Wohnanlage verändert wird und damit
wieder die Zustimmung aller Wohnungs- eigentümer erforderlich sei.
Leider spiegeln sich diese Erkenntnisse nicht in dem anschließend verabschiede- ten Gesetz wieder. Soweit in Wohnungs- eigentümergemeinschaften einAnbau von Balkonen geplant und Widerstand zu erwarten ist, sollte rechtliche Beratung bei einem Fachanwalt eingeholt werden, damit – soweit überhaupt möglich – eine rechtssichere Beratung zur Vorgehens- weise erfolgen kann.
Fazit Auch bei anderen Maßnahmen, wie z. B. Anbau/Einbau von Fahrstühlen, stellen sich ähnliche Fragen. Wenn Wohnungs- eigentümergemeinschaften in den Genuss von sinnvollen Modernisierungsmaßnah- men kommen sollen, wäre eine Überar- beitung des Gesetzes angebracht. In der damaligen Gesetzesbegründung (Bärmann/Pick, WEG - Änderungsgesetz vom 26.3.2007, S. 175 (176)) zur Ein- führung der Modernisierung (§ 22 Abs. 2 WEG) wird u. a. ausgeführt: „Die erforderliche Zustimmung, die so- genannteAllstimmigkeit, ist aber jedenfalls in mittleren und größeren Einheiten prak- tisch kaum zu erreichen, da es dort fast immer den einen oder anderen Miteigen- tümer gibt, der auch aus nicht sachlichen Gründen widerspricht oder sich mangels Interesses nicht an der Abstimmung be- teiligt, so dass viele auch wirtschaftlich sinnvoll und wünschenswert erscheinen- de Maßnahmen in der Praxis scheitern“.
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Unsere Autoren
- Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht, Schwerpunkt: Wohnungseigentums- und Mietrecht sowie Makler- und Bauträgerrecht - Praktiker, Fachautor und Referent namhafter Tagungsveranstaltungen www.krall-kalkum.de RA Rüdiger Fritsch
Weiterhin wirkten an dieser Ausgabe mit: Massimo Füllbeck
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BEIRAT AKTUELL 48/III-18
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