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BeiratAktuell 69
BEIRATAKTUELL E n t s c h e i d e n d e I n f o r m a t i o n f ü r d e n V e r w a l t u n g s b e i r a t i m Wo h n u n g s e i g e n t u m E i n z e l p r e i s 8 , 5 5 ( i nk l . 7 % USt . )
EINEN GUTEN START IN DAS NEUE JAHR 2024!
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Ausgabe: 69 Quartal IV-23
i Aktuelles aus der Branche
Wichtige Urteile
Impressum BEIRATaktuell erscheint seit 2006 viertel jährlich und bietet entscheidende Infor mation für Verwaltungsbeiräte imWoh nungseigentum. Herausgeber /Verlag: Massimo Füllbeck Sachverständiger fürWohnungseigentum Sellerbeckstraße 32 45475 Mülheim an der Ruhr
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Verantwortlich i. S. d. P.: Massimo Füllbeck
Massimo Füllbeck, Herausgeber
Redaktion: Massimo Füllbeck
Verehrte Leserinnen und Leser,
Abonnenten-Betreuung: Massimo Füllbeck Fon 0208 30276831 info@beirataktuell.de
das Jahr 2024 neigt sich dem Ende zu.
In der letzten Ausgabe möchten wir Ihnen einen Überblick über die wichtig sten Themen bzw. Urteile der letzten Wochen und Monate geben. Darüber hinaus haben wir einige Anfra gen zur Behandlung der Themen "Nie derschrift / Protokoll und Eigentümer wechsel" erhalten und diese gerne in der aktuellen Ausgabe aufbereitet. Wir möchten uns bei allen Lesern und Abonnenten bedanken und wünschen einen guten Start in das neue Jahr 2024.
Grafische Umsetzung: Massimo Füllbeck
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Auflage: 4.730 Stück
Preise: Einzelpreis Heft 8,55 EUR, im Jahresabo 16 EUR (4 Ausgaben, excl. MwSt. + Ver sand), ab 20 Exemplaren Jahresabo 2,40 EUR (4 Ausgaben, exkl. MwSt. und Ver sand) Datenschutz: Informationen zumDatenschutz finden Sie auf www.beirataktuell.de Urheberrecht: Die veröffentlichten Artikel sind urhe berrechtlich geschützt. Jede vom deut schen Urheberrecht nicht zugelassene Verwertung bedarf der vorherigen schrift lichen Zustimmung des Herausgebers. Dies gilt insbesondere für Vervielfälti gung, Bearbeitung, Übersetzung, Ein speicherung, Verarbeitung bzw.Wieder gabe von Inhalten in Datenbanken oder anderen elektronischen Medien und Systemen. Die unerlaubte Vervielfältigung oder Weitergabe einzelner Artikel oder meh rerer Seiten ist nicht gestattet und straf bar. Lediglich die Herstellung von Kopi en für den persönlichen, privaten und nicht kommerziellenGebrauch ist erlaubt.
Ihr Massimo Füllbeck
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BEIRATAKTUELL 69/ IV-23
››› Aktuelles ‹‹‹ von Massimo Füllbeck Neuigkeiten zum CO2-Kostenaufteilungsgesetz
In der Ausgabe BEIRATaktuell 65/IV-22 hatten wir bereits ausführlich über das neue Gesetz informiert. Mit Wirkung zum 1.1.2023 müssen die in den Brennstoffkosten enthal tenen Kohlendioxidkosten für die Versorgung des Gebäudes zwischen Vermieter und Mieter aufgeteilt wer den. Je geringer die CO2-Emissionen des Gebäudes sind, desto geringer ist der Anteil, der von den Vermietern zu zahlenden CO2- Kosten und desto höher ist dementsprechend der Anteil der Mieter. Bisher war fraglich, wie die Umsetzung bei der Verwaltung von Wohnungs eigentümergemeinschaften erfolgt, denn grundsätzlich gelten im WEG Recht andere Abrechnungsprinzipien als imMietrecht und soweit ein Abzug der Kohlendioxidkosten aus den Brennstoffkosten erfolgt, würde es eine Differenz geben, die dann (ver mutlich) nachMEA aufzuteilen ist, da es sich um nicht umlagefähige Be triebskosten bzw. nicht umlagefähige Kohlendioxidkosten handelt.
Nach vorliegenden Informationen wer den sämtlicheMessdienstleister bei den WEG-Verwaltern anfragenwelcheDienst leistung die WEG in Anspruch nehmen möchte. Beispiel 1. Sie wünschen keine CO2-Kostenauf teilung und keine Information je Nutzer zur Aufteilung der CO2 Kosten. 2. Sie wünschen zusätzlich zum Infor mationsblatt je Nutzer den Abzug des Vermieteranteils an den CO2Kosten in der Heizkostenabrechnung. 3. Sie wünschen ein Informationsblatt je Nutzer ohne Abzug des Vermieter anteils an den CO2Kosten in der Heiz kostenabrechnung. Damit es bei der Verteilung der Ausga ben keine Differenzen gibt, sollten die WEG-Verwalter die Ziffer 3 beauftragen. Damit ist gewährleistet, dass jeder Ver mieter die Verpflichtungen aus dem CO2KostAufG gegenüber seinemMieter erfüllen kann. Vertragspartner des Messdienstleisters ist die Wohnungseigentümergemein schaft, so dass der WEG-Verwalter - als Organ derWEG - die zusätzliche Dienst leistung beauftragen muss. Nach hier vertretener Ansicht ergibt sich die Berechtigung aus § 27 Abs. 1 Nr. 1 WEG oder aus einem entsprechenden Geschäftsführungsbeschluss oder Er mächtigung aus Vertrag.
Etwaige Zusatzkosten sind zunächst auf alleWohnungseigentümer zu verteilen. Die Selbstnutzer werden sicherlich hin terfragen, warumSie eine Zusatzgebühr für ein Infoblatt zahlen müssen, wenn Sie diese Information gar nicht benöti gen. Der WEG steht es seit dem 1.12.2020 frei, eine andere Kostenverteilung nach § 16 Abs. 2 WEG zu beschließen, der Beschluss muss lediglich ordnungsmä ßiger Verwaltung entsprechen. Da eine Änderung der Kostenverteilung nur für die Zukunft beschlossen werden kann, wäre es sinnvoll, das Thema auf die Tagesordnung der Eigentümerver sammlung 2024 zu setzen, um eine Änderung der Kostenverteilung zu be raten und ggf. zu beschließen. Hinweis: Die Bundesregierung hat unter https:// www.bmwk.de/Redaktion/DE/CO2Ko stenaufteilung/co2kostenaufteilung. html ein Online-Tool zur Berechnung der angefallenen C02-Kosten und Auf teilung zwischen Miete und Vermieter hinterlegt.
Beispiel: Gaskosten:
7.000 EUR
abzgl. CO2Steuer -100 EUR Umlagefähige Kosten 6.900 EUR
In derWEG-Verwaltung stellt sich nun die Frage, wie mit den 100,00 EUR umzugehen ist.
BEIRATAKTUELL 69/ IV-23
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››› Aktuelles ‹‹‹ von Massimo Füllbeck
Wer unterschreibt das Protokoll der Eigentümerversammlung?
In der Praxis stellt sich oft die Frage, ob die Unterschriften unter demPro tokoll (im Gesetz Niederschrift ge nannt) erforderlich sind und wer das Protokoll unterzeichnen muss. Ein Beschluss kommt nicht dadurch zustande, dass die Niederschrift un terzeichnet wurde, sondern durch Verkündgung in der Eigentümerver sammlung. D. h. die Unterschriften erhärten le diglich die Beweiskraft des Doku ments. Bei Rechtsgeschäftenmit dem Grundbuchamt (z. B. bei Abgabe der Verwalterzustimmung) ist es aber zwingend erforderlich, dass die Form vorschriften eingehalten werden. Gemäß § 24 Abs. 6WEG unterzeichnet der Verwalter (i. d. R. als Vorsitzender), einWohnungseigentümer und - falls einVerwaltungsbeirat bestellt wurde - auch dessen Vorsitzender oder sein Stellvertreter die Niederschrift. Unser Ausgangsfall: Der Verwalter erstellt die Niederschrift der letzten Eigentümerversammlung. Folgende Unterschriften fordert er
ein:
Bei einem mehrköpfigen Verwaltungs beirat genügt die der Unterschrift bei gefügte Bezeichnung »Verwaltungsbei rat« diesenAnforderungennämlichnicht. Nach den gesetzlichenVorschriftenmuss - wie bereits oben ausgeführt - der Vor sitzende des Verwaltungsbeirats unter zeichnen, d. h. diese Funktion muss aus den Protokollen hervorgehen. Der Nachweis, dass die den Bestellungs beschluss unterzeichnenden Personen in der Versammlung anwesend waren und die angegebenen Funktionen in der Eigentümergemeinschaft haben, ist grundsätzlich nicht erforderlich. Weitere Grundsätze: • Ist die Funktion einer den Bestel lungsbeschluss unterzeichnenden Per son für das Grundbuchamt nicht fest stellbar, hat aber die richtige Person unterzeichnet, kann eine formlose Er gänzung vorgenommen werden; sonst ist die Unterschrift der richtigen Person in notariell beglaubigter Form nachzu holen. • Bei der Protokollierung der Verwal terbestellung ist darauf zu achten, dass die Firmenbezeichnung des Verwalters
• Verwalter • gesamter Verwaltungsbeirat (4 P.) • Miteigentümer Herr Meier Das Grundbuchamt moniert, dass die Unterschriften fehlerhaft sind, weil sie nicht den gesetzlichen Regelungen ent sprechen. Was ist hier schief gelaufen? Das Problem: Der Niederschrift kommt als Verwalter nachweis für die Verwalterzustimmung gemäß § 12 WEG eine wichtige Bedeu tung zu. Damit der Rechtspfleger die gesetzlichen Anforderungen auch überprüfen kann, muss eindeutig sein, welche Personen in welcher Funktion die Niederschrift auch unterzeichnet haben. Die Lösung: Für das Grundbuchamt muss die jewei lige Funktion der unterzeichnenden Person feststellbar sein, d. h. es muss exakt herausgestellt werden, zum Bei spiel durch entsprechende Unterschrif tenleisten, welche Person in welcher Funktion unterschreibt.
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BEIRATAKTUELL 69/ IV-23
klar erkennbar ist (also z. B. keine Ab kürzungen usw.)
schlusses der Wohnungseigentümer versammlung außer den dort genannten Bestimmungen die Protokollierung des Beschlusses erforderlich ist. Das Protokoll ist vomVerwalter und von zwei von der Eigentümerversammlung bestimmten Wohnungseigentümern zu unterzeich nen.« Der BGH hat bereits 1997 geklärt, dass eine solche Klausel wirksam ist und die gesetzliche Vorgabe abändert.
Bitte unbedingt darauf achten, dass die Gemeinschaftsordnung keine anderen Vereinbarungen bzw. Regelungen ent hält.
• Im Protokoll sollte erkennbar sein, wer der Versammlungsvorsitzende, wer der Vorsitzende des Verwaltungsbeirats und wer Miteigentümer ist (Funktion der unterzeichnenden Personen hinzu fügen). Soweit unklar ist, wer der Vorsitzende des Verwaltungsbeirats ist, sollte der Verwaltungsbeirat eine Sitzung abhalten und denVorsitzenden bestimmen (Nach weis gegenüber Grundbuchamt – aller dings nicht in der Form des § 29 GBO, also nicht öffentlich beglaubigt, sondern in Schriftform – erforderlich).
Sehr beliebt sind sog. qualifzierte Pro tokollierungklauseln.
Beispiel: Bei der Vorbereitung dieses Protokolls fällt dem Verwalter folgende Regelung in der Gemeinschaftsordnung auf:
»In Ergänzung des § 23 WEG wird be stimmt, dass zur Gültigkeit eines Be
››› Aktuelles ‹‹‹ von Massimo Füllbeck
Wärmeplanungsgesetz zum 1.1.2024 verabschiedet! Bereits in der letzten Ausgabe hatten wir darauf hingewiesen, dass das Wär meplanungsgesetz eine zentrale Rolle spielenwird, da die Fristen zur Erstellung einer Wärmeplanung in den jeweiligen Kommunen eine wichtige Entschei dungsgrundlage für die Umsetzung der neuen Vorschriften des GEG relevant sind. Der Bundesrat hat nun am15. Dezember 2023 das Gesetz zurWärmeplanung und Dekarbonisierung derWärmenetze ge billigt, das der Bundestag am 17. No vember 2023 beschlossen hatte. Es ergänzt das so genannte Heizungs gesetz und tritt zeitgleich mit diesem am 1. Januar 2024 in Kraft.
Folgende Fristen zur Erstellung bzw. Vorlage einerWärmeplanung sindgrund sätzlich verabschiedet worden: Ab 100.000 Einwohner bis 30.06.2026, unter 100.000 Einwohner bis 30.06.2028, bei weniger als 10.000 Einwohnern sind vereinfachte Verfahren möglich.
Wir werden in Kürze ausführlich darüber berichten.
BEIRATAKTUELL 69/ IV-23
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››› Aktuelle Rechtsprechung ‹‹‹ von Dr. Olaf Riecke
Kein Anspruch auf die Genehmigung eines SplitKlimageräts
Ein Wohnungseigentümer hat keinen Anspruch auf die Genehmigung zweier Split-Klimageräte. Pauschale Ausführungen zu den Folgen von Hitzebelastung können einen An spruch aus § 20 Abs. 2 Nr. 1 WEG nicht begründen. Zur hinreichenden Vorbe fassung der Eigentümerversammlung bei Bezeichnung der konkret begehrten Geräte erst im Gerichtsverfahren. LG Frankfur t/M. , Beschluss vom 14.08.2023, 2-13 S 5/23 Der Fall: Die Wohnungseigentümerin begehrt mit der Beschlussersetzungsklage die Erlaubnis zur Installation von zwei Kli maanlagen mit Split-Technik, wobei im Laufe des Verfahrens beantragt wurde, konkrete Geräte zu gestatten und die Lage der Bohrungen in der Fassaden wand bezeichnet wurden. Auf der Versammlung vom 1.11.2021 wurde ein Beschlussantrag abgelehnt, mit welchem ihr gestattet werden soll te, auf eigene Kosten zwei Klimageräte mit Wanddurchbrüchen zu installieren, wobei die Lautstärke laut Herstelleran gaben 45-50 dB außen betragen sollte. Das Problem: Besteht überhaupt ein Anspruch auf Gestattung? Sind die Vorschriften über privilegierte bauliche Veränderungen analog auf Klimageräte anwendbar? Muss zur späteren Konkretisierungen des ursprünglichen Antrags erst eine Diskussion auf der nächsten Versamm lung stattfinden? Die Entscheidung des Gerichts: Es fehlt bereits an einem Rechtsschutz bedürfnis, denn Gegenstand der Klage
anträge sind nunmehr zwei konkrete Klimageräte. Hiermit ist dieGemeinschaft derWohnungseigentümer (GdWE) aber nicht vorbefasst worden. Bei Angabe eines konkreten Modells hätten die Ei gentümer ggf. einen abweichenden Beschluss dahingehend fassen können, dass ein Gutachten über die zu erwar tenden Lärmbeeinträchtigungen in den anliegenden Wohnungen einzuholen wäre. Die insoweit erforderliche Erforschung der Grundlagen für eine Beschlussfas sung hat vor der Ermessensentscheidung der GdWE – nicht erst im Prozess - zu erfolgen. Ein Anspruch auf den Einbau von Split klimageräten besteht zumgegenwärti gen Zeitpunkt nicht. Aus § 20 Abs. 3 WEG lässt er sich auch nicht herleiten. Es handelt sich nicht um nur ganz ge ringfügige und völlig belanglose bzw. bagatellartige Beeinträchtigungen. Das WEMoG hat insoweit den Handlungs spielraumder Mehrheit deutlich erwei tert, zugleich aber Ansprüche einzelner Eigentümer auf Baumaßnahmen nur bezüglich weniger Einzelbereiche zu gelassen. Sind diese nicht einschlägig, bleibt es bei dem Grundsatz, dass bauliche Ver änderungen nur zulässig sind, wenn sie niemanden beeinträchtigen oder der Beeinträchtigte zustimmt. Demzufolge genügt ein Eingriff in die bauliche Sub stanz oder eine erheblicheVeränderung des Erscheinungsbildes. Vorliegendmuss bereits zur Verbindung des Außenteils mit dem Innenteil eine Durchbohrung der im gemeinschaftlichen Eigentum befindlichen Daches erfolgen, bereits dies stellt einen Eingriff in die bauliche Substanz dar. Bereits der erforderliche
Durchbruch von Wänden im Gemein schaftseigentumstellt eine entsprechen de Benachteiligung dar. Es wäre Aufga be der Bauwilligen gewesen, vor der Beschlussfassung darzutun, dass eine Lärmbeeinträchtigung unter allen Um ständen ausgeschlossen ist. Insoweit ist auch zu berücksichtigen, dass durch die Genehmigung von zwei Klimageräten aufgrund des Gleichbehandlungsgrund satzes damit auch verbundenwäre, dass sämtliche anderen Wohnungseigentü mer ebenfalls derartigeGeräte anbringen dürfen. Auch die insoweit mögliche Addition von Lärmbeeinträchtigungen wäre zu berücksichtigen, wobei auch die Sum mierung in keinemFalle zu einemNach teil führen dürfte. Praxis-Tipp: Nur bei den 4 privilegierten baulichen Veränderungen des § 20 Abs.2 Nr. 1-4 WEG - demnächst evtl. auch für sog. „Balkonkraftwerke“ - sowie Bagatell Be einträchtigungen besteht ein Anspruch auf Gestattung.
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BEIRATAKTUELL 69/ IV-23
››› Aktuelles‹‹ von Massimo Füllbeck
Rückschritt bei der Online-Eigentümerversammlung?
Im Gesetzesentwurf wurde folgender Vorschlag zur Einführung der Online Eigentümerversammlung genannt: „Nach § 23 Absatz 1 wird folgender Ab satz 1a eingefügt: „(1a) Die Wohnungs eigentümer könnenmit mindestens drei Vierteln der abgegebenen Stimmen beschließen, dass die Versammlung in nerhalb eines Zeitraums von längstens drei Jahren ab Beschlussfassung ohne physische Präsenz derWohnungseigen tümer und des Verwalters an einem Versammlungsort stattfindet oder statt finden kann (virtuelleWohnungseigen tümerversammlung). Die virtuelleWoh nungseigentümerversammlung muss hinsichtlich der Teilnahme und Rech teausübungmit einer Präsenzversamm lung vergleichbar sein.“ In einer Stellungahme des Bundesrates vom 24.11.2023 (Drucksache 508/23) äußert dieser sich zu demoben genann ten Gesetzesentwurf u. a. wie folgt: „Zur sichereren Gewährleistung der Teil nahme- und Stimmrechte halten wir es daher für erforderlich, Einstimmigkeit vorzusehenoder – hilfsweise – zumindest
eine Regelung zu schaffen, wonach auf Antrag schon eines Eigentümers die Versammlung als hybrideVersammlung durchzuführen ist.“ Mit Einstimmigkeit ist vermutlich die Allstimmigkeit gemeint, d. h. es müssen - sollte der Vorschlag angenommen werden - sämtlicheWohnungseigentü mer einem Beschluss zur Einführung einer reinen Online-Eigentümerver sammlung zustimmen. Diese Mehrheit wird in denmeisten Fäl len nicht erreichbar sein, so dass hof fentlich ein vernünftiger Kompromiss gefunden wird, der sowohl die Belange der WEG, als auch auch der einzelnen Wohnungseigentümer berücksichtigt. Die Praxis muss nun leider doch noch warten, wie esmit demGesetzesentwurf weiter geht.
Wir werden weiter berichten.
Unsere Autoren i
- Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht, Schwerpunkt: Wohnungseigentums- und Mietrecht sowie Makler- und Bauträgerrecht - Praktiker, Fachautor und Referent namhafter Tagungsveranstaltungen www.krall-kalkum.de RA Rüdiger Fritsch
Dr. Olaf Riecke
• Schriftleiter ZMR • Richter am Amtsgericht Hamburg-Blankenese a. D. • Schwerpunkt: Miet- und Wohnungseigentumsrecht
BEIRATAKTUELL 69/ IV-23
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››› Aktuelle Rechtsprechung ‹‹‹ von Massimo Füllbeck
Beschluss zur Einführung einer Hybrid Eigentümerversammlung
2. Unabhängig von der konkreten Soft ware oder des Kommunikationsmittels, hat jeder Wohnungseigentümer die technischen Voraussetzungen für eine Teilnahme an den Versammlungen in elektronischer Form auf eigene Kosten zu schaffen. 3. DieOnline-Beteiligunghat über einen durch geeignete Verschlüsselung ge schützten Zugang zu erfolgen. Der be rechtigte Online-Teilnehmer hat die Übertragung an Nichtberechtigte zu unterbinden. 4. Jeglicher Übertragungsfehler – gleich auf wessenVerantwortungsbereich die ser beruht – hindert den Fortgang der Eigentümerversammlung nicht. Der Online-Teilnehmer ist für einen solchen Fall darauf verwiesen, sich von einer anwesenden Person vertreten zu lassen. Das Problem: Bisher sindHybrid-Eigentümerversamm lungen kaum erprobt. Auch die hierzu erforderlichen Beschlüsse sind bisher kaum in Erscheinung getreten. Interes sant war daher die Frage, ob die in dem Beschluss gemachten Vorgaben, ord nungsmäßiger Verwaltung entsprachen. Das Urteil: Die zulässige Klage ist jedoch nicht be gründet. Der unter TOP 1 der Eigentü merversammlung gefasste Beschluss hinsichtlich der Onlineteilnahme an Eigentümerversammlungen entspricht den Grundsätzen ordnungsgemäße Verwaltung. Die gefassten Regelungen sind auch nicht zu beanstanden. Der Verwalter hat für die Organisation und Durchführung der Eigentümerver sammlung zu sorgen, somit auch für die Wahl des Kommunikationsmittels bzw. der Software. Dies den einzelnen Woh-
Ein von den Wohnungseigentümern gefasster Beschluss hinsichtlich der Online-Teilnahme an Eigentümerver sammlungen entspricht den Grundsät zen ordnungsgemäßer Verwaltung auch dann, wenn u.a. dieVerwaltung dieWahl des Kommunikationsmittels bzw. der Software treffen darf, jeder Wohnungs eigentümer die technischenVorausset zungen für eine Teilnahme an der Ver sammlung in elektronischer Form auf eigene Kosten zu schaffen hat und Übertragungsfehler, die auf den von der Wohnungseigentümergemeinschaft angeschafften Kommunikationsmitteln beruhen, nicht zu Lasten derjenigen Wohnungseigentümer gehen, die an einer Eigentümerversammlung in elek tronischer Form teilnehmen. AG München, Endurteil v. 27.4.2022 – 1292 C 19128/21, Der Fall: Der Kläger verlangte die Ungültigkeits erklärung folgenden Beschlusses: „Auf der Grundlage des § 23 Abs. 1 Satz 2 WEG beschließen die Wohnungsei gentümer, dass Wohnungseigentümer grds. anWohnungseigentümerversamm lungen auch in elektronischer Form teilnehmen können. Die Teilnahme an Eigentümerversammlungen mittels elektronischer Kommunikationwirdnach Maßgabe folgender Bestimmung zuge lassen: 1. Jeder Eigentümer kann seinTeilnah me-/Rede- sowie Stimmrecht per Audio/ Video-Funktion ausüben. Die Wahl des Kommunikationsmittels bzw. der Soft ware ist durch dieVerwaltung zu treffen. Die Kosten für den technischen/perso nellen Aufwand / Mehraufwand der Verwaltung hat die Eigentümergemein schaft zu erbringen.
nungseigentümer zu überlassen, wäre, wie von Beklagtenseite zutreffend vor getragen, lebensfremd. Mit der Vorgabe der Wahl eines Kom munikationsmittels mit verschlüsseltem Zugang werden auch die Vorschriften der DSGVO eingehalten. Dass überhaupt eine Onlineteilnahme zulässig ist, wird durch das neue Wohnungseigentums gesetz, das zum 01.12.2020 in Kraft ge treten ist, ausdrücklich gestattet. Auch ist die Kostenregelung konkret genug, da die Vergütungssätze des Verwalters sich aus demVerwaltervertrag ergeben, über den dieWohnungseigentümerge meinschaft Beschluss gefasst hat, so dass dieVergütungssätze bekannt sind. Auch ist nicht zu beanstanden, dass ein technischer Fehler in der Sphäre der Beklagten nicht zu einer Pflicht zur Be endigung der Eigentümerversammlung führt. Im neuen Wohnungseigentums gesetz ist geregelt, dass jede Eigentü merversammlung beschlussfähig ist. Würde ein Übertragungsfehler bzw. eine technische Unterbrechung zwangsläu fig auch die Beendigung der Eigentü merversammlung bedeuten, würde dies demWillen des Gesetzgebers zuwider laufen. ImÜbrigen hat jeder Eigentümer die Freiheit, sich zu entscheiden, ob er in digitaler Form an einer Eigentümer versammlung teilnimmt. Es steht jedem Eigentümer frei, auch persönlich und direkt an einer Eigentümerversammlung teilzunehmen. Daran ändern die streit gegenständlichen Regelungen im Be schluss zu TOP 1 der Eigentümerver sammlung vom 02.11.2021 nichts. Praxis-Tipp: Der Beschluss ist eine gute Grundlage zur Einführung der Hybrid-Eigentümer versammlung.
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BEIRATAKTUELL 69/ IV-23
››› Aktuelle Rechtsprechung ‹‹‹ von Massimo Füllbeck
Die "Geschichte" von den drei Angeboten
Grundsätzlich sind vor Beschlüssen über Erhaltungsmaßnahmen mindestens 3 Vergleichsangebote einzuholen, umden Eigentümern einen ausreichendeTatsa chengrundlage zu liefern. Sind in der Region keine Anbieter zu finden, muss nicht vom Verwalter ver sucht werden, ortsferne Unternehmen zur Abgabe von Angeboten zu veran lassen. Es muss nicht vorgetragen wer den, wann bei welchem Unternehmen – das abgelehnt hat – telefonisch oder schriftlich angefragt wurde. AG Buxtehude, Urt. v. 06.04.2023, 31 C 324/22 Der Fall: DieWEG hatte unter TOP 4 beschlossen, dass der Austausch desWasserspeichers gemäß Angebot der Firma C vom 19.10.2022 in Auftrag gegeben werden sollte. Darüber hinaus wurde unter TOP 5 be schlossen, dass der Firma Mden Auftrag erteilt werde, die Kellerabdichtung ge mäß Angebot vom 24.03.2022 instand zu setzen. Der Kläger war mit der Beschlussfassung nicht einverstanden, da für beide Maß nahmen nicht die geforderten drei Ver gleichsangebote vorlagen. Das Problem: Die WEG trägt hinsichtlich des Austau sches des Wasserspeichers vor, dass hierzu keine weiteren Angebote einge holt werden mussten, da die Firma C in der Vergangenheit u. a. sämtliche Repa raturen an der Heizungsanlage ausge führt hatte. Bezüglich der Kellerabdich tung sei versucht worden, weitere An
gebote einzuholen. Es habe hierzu je doch lediglich Absagen gegeben, so dass dieVorlage vonVergleichsangebo ten nicht möglich gewesen sei. Kommt dieWEGmit diesen Argumenten durch? Die Entscheidung des Gerichts: TOP 4 war für ungültig zu erklären, da hier keine Ausnahmesituation gegeben ist. Eine besondere Eilbedürftigkeit, die das Einholen weiterer Angebote erschwert bzw. unmöglich gemacht hätte, wird von der Beklagten nicht konkret vorge tragen und auch nicht unter Beweis gestellt. Soweit die Beklagte im Übrigen vor bringt, die Firma X sei seit Jahrzehnten mit der Heizungsanlage der Beklagten betraut und vertraut, stellt dies ebenfalls keine Rechtfertigung dar, von der Ein holung anderer Angebote abzusehen (…). TOP 5 war nicht für ungültig zu erklären: Zwar gilt auch hier, dass bei dem nicht unerheblichenVolumen (ca. 13.500 EUR) für die Abdichtung einer Kellerwand das grundsätzliche Erfordernis bestanden hat, Vergleichsangebote einzuholen. Von diesem Grundsatz ist jedoch dann eine Ausnahme zu machen, wenn der artigeVergleichsangebote bei angemes sener Bemühung nicht zu erhalten wa ren. So lag es hier. Die Behauptung der Beklagten, trotz mehrerer Versuche der Verwalterin sei es nicht möglich gewesen, vonmehr als einer Firma ein Angebot für die Durch führung der Kellerabdichtung zu erhal ten, ist durch die durchgeführte Beweis
aufnahme bestätigt worden (…). Inso weit kann der Kläger auch nicht damit gehört werden, dass dieVerwaltung der Beklagten nicht nur im regionalen Be reich, sondern auch überregional nach Angeboten für die Arbeiten hätte fragen müssen. Es würde sich hier die Frage stellen, bis zu welcher Entfernung derartige Anfra gen durchgeführt werden müssten, zumal hieraus Dutzende oder gar Hun derte von Erhaltungsmaßnahmen (3-An gebote?) Firmen als potentielle Auftrag nehmer in Betracht kämen (…). Praxis-Tipp: In den letztenMonaten ergingen immer mehr Urteile, die sich mit der Angebot sproblematik auseinandersetzen. Handwerker bzw. Dienstleister sind über lastet und es ist kaummöglich, die von der Rechtsprechung geforderten drei Vergleichsangebote einzuholen. Die Rechtsprechung in Deutschland ist allerdings nicht einheitlich. Daher ist es zu begrüßen, dass der BGH die drei Angebots-Theorie aufweicht, und zwar wie folgt: „Ein solcher Fall liegt zum Beispiel vor, wenn in dem Vorprozess bemängelt wurde, dass für die beschlossene Auf tragsvergabe nur ein Angebot vorliegt, und dann nach Vorlage der gerichtlich geforderten Zahl von Angeboten im Kern dieselbe Auftragsvergabe beschlos sen wird. Ein Zweitbeschluss kann zudem dann ordnungsmäßiger Verwaltung entspre chen, wenn sich die darauf bezogenen tatsächlichenUmständegeändert haben.
BEIRATAKTUELL 69/ IV-23
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Dies ist beispielsweise anzuneh men, wenn zwar weiterhin die in dem Vorprozess bemängelte Vorla ge weiterer Angebote unterblieben ist, der Grund hierfür aber nach weislich darin liegt, dass trotz aus reichender Anfragen keine weiteren Angebote abgegeben wurden.“ Hat der Verwalter alles getan, um drei Vergleichsangebote einzuholen, sollte er dies dokumentieren und der WEG mitteilen. Das AG Köln (Urt. v. 17.10.2023, 215 C 3/23) bestätigt in einer vor kurzem ver öffentlichten Entscheidung:
lich sind, können die Wohnungseigen tümer im Rahmen ihres Beurteilungs spielraums aber selbst festlegen. Er ist nur überschritten, wenn der Zweck solcher Vergleichs- bzw. Alternativan gebote verfehlt wird, nämlich denWoh nungseigentümer die Stärken und Schwächen der Leistungsangebote aufzuzeigen (vgl. BGH, ZMR 2012, 885 sowie zu Kleinaufträgen LG Köln, ZMR 2021, 685).“ Auch andere Gerichte lassen bei „klei neren“ Maßnahmen offensichtlich Aus nahmen zu, so z. B: LG Karlsruhe, ZWE 2013, 417; LG Itzehoe ZWE 2018, 178; LG Frankfurt, Urteil vom17.05.2018, 2-13 S 26/17, LG Dessau-Roßlau, Urteil vom
08.06.2023, 5 S 7/23 – hier Maßnahmen unter: 3.000 €)
„Wie viele Alternativangebote erforder
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BEIRATAKTUELL 69/ IV-23
››› Aktuelle Rechtsprechung ‹‹‹ von Massimo Füllbeck
Beschluss über den Wirtschaftsplan oder Vorschüsse?
Ein nach dem 30. November 2020 ge fasster Beschluss, durch den „der Wirt schaftsplan genehmigt wird“, ist nächst liegend dahingehend auszulegen, dass dieWohnungseigentümer damit ledig lich die Höhe der in den Einzelwirt schaftsplänen ausgewiesenen Beträge (Vorschüsse) festlegen wollen. BGH, Beschluss vom 25. Oktober 2023 - V ZB 9/23 - Der Fall: Die Klägerin ist Mitglied der beklagten Gemeinschaft derWohnungseigentümer. In der Eigentümerversammlung vom 20. Juni 2022 fassten die Wohnungsei gentümer folgenden Beschluss: "Der vorgelegte Wirtschaftsplan 2022 wird genehmigt. Es gelten die ausge druckten neuen Wohnlasten und zwar rückwirkend ab dem 01.01.2022. Der Wirtschaftsplan gilt bis zur Beschlussfas sung eines neuenWirtschaftsplanes fort." Die Klägerin ist der Meinung, dass der vorgenannte Beschluss nichtig ist. Das Landgericht hat die Berufung als unzu lässig verworfen. Dagegen wendet sich die Klägerinmit der Rechtsbeschwerde, deren Zurückweisung die Beklagte be antragt. Das Problem: Seit dem1.12.2020werden grundsätzlich nur nochdie Zahlungspflichtenbeschlos sen und nicht mehr das Zahlenwerk (z. B. Wirtschaftsplan oder Jahresabrech nung). Interessant war daher die Frage, wie der BGH mit Beschlüssen umgeht, die nicht konkret auf die Zahlungspflich ten eingehen. Das Urteil: Die Rechtsbeschwerde ist begründet. In Teilen der Rechtsprechung und Lite
ratur wird die Ansicht vertreten, ein Beschluss, in dem dieWohnungseigen tümer nach dem 30. November 2020 über den Wirtschaftsplan beschließen, sei mangels Beschlusskompetenz (teil-) nichtig. Nach der Neufassung des § 28 Abs. 1 Satz 1 WEG sei nur noch über die Vor schüsse zu beschließen, nicht mehr über den Wirtschaftsplan. Ein solcher Be schluss könne nicht dahingehend aus gelegt werden, dass er sich trotz des Wortlauts (nur) auf die Vorschüsse zur Kostentragung und zu den Rücklagen beschränke (diverse Fundstellen in der Literatur): Richtig ist aber die Gegenauffassung. Ein nach dem 30. November 2020 ge fasster Beschluss, durch den "der Wirt schaftsplan genehmigt wird", ist nächst liegend dahingehend auszulegen, dass dieWohnungseigentümer damit ledig lich die Höhe der in den Einzelwirt schaftsplänen ausgewiesenen Beträge (Vorschüsse) festlegen wollen. Dabei kommt es maßgebend darauf an, wie der Beschluss nach seinemWortlaut und Sinn für einen unbefangenen Be trachter nächstliegend zu verstehen ist (vgl. Senat, Urteil vom10. Oktober 2014 - V ZR 315/13, BGHZ 202, 346 Rn. 8mwN). Hierbei ist zu berücksichtigen, dass die Wohnungseigentümer imZweifel keinen rechtswidrigen Beschluss fassenwollen. Dies spricht nächstliegend dafür, dass dieWohnungseigentümer nach In-kraft treten des § 28 Abs. 1 Satz 1 WEG ent sprechend dieser Vorschrift nur über die Höhe der Vorschüsse beschließenmöch ten, auch wenn nach demWortlaut (zu gleich) der Wirtschaftsplan genehmigt werden soll. (Objektive) Anhaltspunkte, die die Annahme rechtfertigen könnten,
die Wohnungseigentümer wollten mit ihrer Beschlussfassung weitere als die gesetzlich vorgesehenen Regelungen treffen, liegen bei einem Beschluss mit dem oben genannten Inhalt nicht vor (so auch LG Berlin, ZMR 2022, 988 Rn. 5). Praxis-Tipp: Interessant ist die Frage, ob der hier besprochene Beschluss analog auf die Beschlüsse zur Jahresabrechnung bzw. Anpassung der Vorschüsse / Nachschüs se anzuwenden ist.
BEIRATAKTUELL 69/ IV-23
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››› Aktuelles ‹‹‹ von RAin Cathrin Fuhrländer
Eigentümerwechsel in der WEG-Verwaltung
In der Praxis kommt es regelmäßig zu Problemfällen bei einem Eigentümer wechsel: Der Fall Eigentümer E zeigt dem Verwalter an, dass er seine Wohnung an N verkauft hat. Im Kaufvertrag ist geregelt, dass der Käufer die Wohnung zum 1. Mai über nimmt und ab diesem Zeitpunkt die Kosten- und Nutzenlast übergeht. E entzieht sein erteiltes SEPA-Lastschrift mandat undweist denVerwalter an, sich ab dem 1. Mai in allen Belangen an N zu halten. Außerdemhätte er gerne sei nen Anteil an der Erhaltungsrücklage überwiesen. Der sei vom Kaufvertrag nicht umfasst und dieWEGmüsse diesen Anteil vom Erwerber einfordern. Das Problem Die in der Praxis immer wieder auftau chende Schwierigkeit des Verwalters, denWünschen der Eigentümer nachzu kommen, ist häufigmit den rechtlichen Voraussetzungen nicht in Einklang zu bringen. Sofern der Käufer und neue Eigentümer seinen Verpflichtungen nachkommt, kann der Verwalter der Bitte des Verkäu fers und scheidenden Eigentümers ent sprechen. Problematisch wird es, wenn sich der Erwerber nicht an seine Ver pflichtungen der WEG gegenüber hält oder Rechte als Eigentümer in Anspruch nehmen will, die ihm ggf. noch nicht zustehen. Neben der Erfüllung fälliger Forderungen, wie der Beitragszahlung der laufenden Vorschüsse, Sonderum lagen oder Ansprüche aus Anpassungen
der Vorschüsse aus den Jahresabrech nungen, geht es auch um die Frage der Teilnahme an der ETV und hier insbe sondere um die Ausübung des Stimm rechtes. Die Lösung Der Verwalter hat zu beachten, dass der Erwerber einer Sondereigentumseinheit erst ab demTag der Eigentumsumschrei bung im Grundbuch als Mitglied der Gemeinschaft anzusehen ist. Der im Kaufvertrag in der Regel verein barte Lastenübergang ist im Verhältnis zurWEGbedeutungslos. Der Kaufvertrag wird ausschließlich zwischen dem Ver käufer und dem Käufer geschlossen (Inter-partes-Wirkung) und kann daher für amVertrag nicht beteiligte Personen keine Bindungswirkung entfalten. Auch die Eintragung der Auflassungs vormerkung – in der Regel kurz nach Unterzeichnung des notariellen Kauf vertrags – ändert die Rechtslage der WEG gegenüber nicht. Die Auflassungsvormerkung dient der Absicherung und dem Schutz des Er werbers vor weiteren Verfügungen des Verkäufers über das Eigentum. Mit der Eintragung der Auflassungsvormerkung kann der Verkäufer ohne die Zustim mung des Erwerbers keineVerfügungen zu seinemNachteil vornehmen, die eine dauerhafte rechtliche Wirkung gegen den Erwerber entfalten. Der Verkäufer haftet daher bis zur Ei gentumsumschreibung weiterhin für die bis dahin fälligwerdendenVorschüs se auf denWirtschaftsplan und sonstige Zahlungsverpflichtungen. Der Erwerber
ist bis zur Eigentumsumschreibung rechtlich nicht nur nicht verpflichtet, die der WEG gegenüber fälligen Zahlungs verpflichtungen gem. § 16 Abs. 2 WEG zu bedienen, sondern er kann der WEG gegenüber bis zu diesemZeitpunkt auch keine Rechte herleiten. Eine Teilnahme an der ETV unter Aus übung des Rede- und Stimmrechts ist daher ohne gesonderte Vollmacht des Veräußerers nicht möglich – dies sollte der Verwalter beachten. Eine Vollmacht wird häufig bereits über den Kaufvertrag verliehen. Ein Anteil an der Erhaltungsrücklage steht weder demVeräußerer noch dem Erwerber zu. Mit der zweckgebundenen Zahlung des Grundbucheigentümers an die WEG geht der Betrag für die Er haltungsrücklage in das Vermögen der WEG über. Der einzelnen Eigentümer hat darauf keinen Anspruch mehr. Er kann über diesen Betrag daher nicht mehr allein verfügen. Entnahmen sind nur durch alle Eigentümer im Rahmen einer Be schlussfassungmöglich undmüssen für Maßnahmen der Erhaltung verwendet werden. Wichtig Der Verwalter ist gut beraten, sich nicht auf die Angaben des Verkäufers zum Lastenübergang zu verlassen, sondern die Eigentumsumschreibung abzuwar ten. Sowohl Verkäufer als auch Käufer sind verpflichtet, die Verwaltung von der Eigentumsumschreibung in Kennt nis zu setzen.
Das Bedürfnis des Veräußerers und auch
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Unsere Autorin:
Fachanwältin für Miet- und Wohnungseigentumsrecht in der Kanzlei WIR Jennißen und Partner mbB in Köln und seit vielen Jahren eine erfolgreiche Referentin für verschiedene Themen des WEG-Rechts. RAin Cathrin Fuhrländer
des Erwerbers, bereits in der Zeit zwi schen kaufvertraglichem Lastenüber gang und Umschreibung als »Volleigen tümer« behandelt zu werden, kann der Verwalter erfüllen und die Leistungen des Erwerbers annehmen. Er sollte jedoch beachten, dass im Falle des Ausbleibens der Hausgelder die Ansprüche nur demVeräußerer gegen über gerichtlich durchgesetzt werden können.
§ 24 Abs. 1WEG gibt vor, dass dieWoh nungseigentümer zur ETV einzuladen sind. Der Verwalter muss also zwingend beachten, dass der Erwerber bis zur Um schreibung im Grundbuch ohne Voll macht an der ETV nicht teilnehmen kann und dass weiterhin der Verkäufer zu laden ist. ImRahmen der Vollmachtserteilung sind zudem die Regelungen der GO zu be achten: Sehr häufig sind dort Vereinba
rungen enthalten, die den Kreis der Vertretungsberechtigten einschränken (z. B. nur Miteigentümer, Verwalter oder nahe Angehörige). In diesen Fällen kann der Käufer weder an der ETV teilnehmen noch ein Stimm recht ausüben, sondern ist wie ein un beteiligter Dritter zu behandeln. Die Teilnahme stellt dann einen Verstoß gegen den Grundsatz der Nichtöffent lichkeit dar.
Hinweis der Redaktion:
Fälligkeitstheorie beachten!
Faustregel: Es muss derjenige die Sonderumlage, das Hausgeld oder Nachschüsse aus der Jahresabrechnung begleichen, der zumZeitpunkt der Fälligkeit (nicht Beschlussfas sung) imGrundbuch steht.Wenn der Beschlusstag auch der Fälligkeitstag ist, dann sind Ereignisse zufällig identisch. Beispiel: Die Sonderumlage wurde am 19.12.2023 beschlossen, fällig und zahlbar ist die Sonderumlage gemäß Beschluss allerdings am 31.01.2024. Sollte am 1.1.2024 ein Eigentümerwechsel stattfinden und der neue Wohnungs eigentümer am1.1.2024 in Abteilung I des Grundbuchs eingetragen werden, muss dieser im Verhältnis zur WEG die Sonderumlage begleichen. Ggf. hat er im Innen verhältnis und dem vereinbarten Kaufvertrag einen Ausgleichsanspruch gegen den Veräußerer. Besonderheiten zumGuthaben (Anpassung der beschlossenenVorschüsse) werden wir in der nächsten Ausgabe behandeln.
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››› Aktuelle Rechtsprechung ‹‹‹ von Dr. Olaf Riecke
Voraussetzungen für: Gestattung eines geplanten Wanddurchbruchs zur Verbindung von zwei Wohnungen?
Bestellung: Jahresabo für 19,69 EUR (incl. 7% MwSt. und Versand) Bitte senden Sie das leserlich ausgefüllte Formular per Post oder Fax an: 02 08. 30 27 68 -32 Massimo Füllbeck Sachverständiger für Wohnungseigentum Sellerbeckstraße 32 · 45475 Mülheim an der Ruhr Ja, hiermit bestellen wir die Zeitschrift BEIRATaktuell im Jahresabo für nur 19,69 Euro (inkl. MwSt. und Versand). Bitte senden Sie uns ____ Exemplar(e) zum nächsten Erscheinungs termin zu. BEIRATaktuell umfasst 16 DIN-A4-Seiten mit den Themen: Technik, WEG-Recht, Mietrecht und Wirtschaft; erscheint 4 x im Jahr und kostet somit pro Einzelheft nur 4 Euro netto! WICHTIG: Das Abonnement ist für ein Kalenderjahr gültig und verlängert sich automatisch um ein weite res Kalenderjahr, wenn es nicht fristgerecht 3 Monate vor Ablauf gekündigt wird. Die Rech nungsstellung erfolgt jährlich im Voraus. EinWanddurchbruch ist keine Bagatell maßnahme; er beeinträchtigt die ande ren Wohnungseigentümer, wenn der Bauwillige nicht nachweist, dass die Gebäudestatik nicht beeinträchtigt wird, weil es sich z.B. umeineTrockenbauwand handelt. Die fehlende Beeinträchtigung muss bereits imZeitpunkt der Beschlus Ein Negativbeschluss zum Antrag auf Gestattung des geplantenWanddurch bruchs genügt demErfordernis der Vor befassung.
sersetzung durch Gutachten o.ä. bei geplantem Durchbruch einer Stahlbe tonwand feststehen. LG Itzehoe, Urteil vom4. März 2022 – 11 S 37/20 Der Fall: Die Eigentümerin von zwei nebenein anderliegendenWohnungseigentums einheiten beabsichtigte, einen Wand durchbruch herzustellen, umdie beiden Einheiten zu verbinden. Hintergrund
hierfür war, dass der Ehemann der Klä gerin erheblich pflegebedürftigwar und in einer der beiden Wohnungseigen tumseinheiten eine Pflegekraft wohnen und über eine Verbindung schnell zu dem in der benachbarten Einheit leben den Ehemann der Eigentümerin gelan gen können sollte. Das Problem: Sind mit der beabsichtigten baulichen Veränderung in Formeines Durchbruchs von Wänden Nachteile in Form einer
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Beeinträchtigung der Statik und des Brandschutzes sowie einer Einschrän kung des Versicherungsschutzes ver bunden? Die Entscheidung des Gerichts: DieVoraussetzungen für eine Beschlus sersetzung (vgl. die neue Regelung in § 44 Abs. 1 Satz 2 WEG) liegen nicht vor. Die Beschlussfassung am 15.07.2019 bezog sich auf den beabsichtigtenWand durchbruch und hatte damit denselben Gegenstand wie das jetzige Klagebe gehren. Insofern ist in demablehnenden Beschluss eineVorbefassung der Eigen tümer zu sehen. Die materiellrechtlichen Voraussetzun gen für die begehrte Beschlussersetzung nach § 20WEG liegen nicht vor. Bei einem Wanddurchbruch handelt es sich nicht um eine privilegierte Maßnahme nach § 20 Abs. 2 WEG. Auch § 20 Abs. 3 WEG greift nicht. Es bleiben nur ganz gering fügige und völlig belanglose bzw. ba gatellartige Beeinträchtigungen außer Betracht. Da es im Fall eines Wanddurchbruchs nicht auf das Einverständnis von be stimmten hierdurch beeinträchtigten Eigentümern ankommt, liegen die Vor aussetzungen für die Gestattung einer solchen baulichenVeränderung nur vor, wenn hiermit insgesamt keine über das unvermeidliche Maß hinausgehenden Beeinträchtigungen verbunden wären. Das ist nicht der Fall. Ein maßgeblicher Nachteil ist nicht bereits darin zu sehen, dass ein Wanddurchbruch zur Verbin dung von zweiWohnungseinheiten die Abgeschlossenheit der betreffenden Wohnungen aufhebt. Ein Wanddurchbruch stellt aber einen Nachteil im Sinne von § 14 Abs. 2 Nr. 1 WEG dar, wenn hiermit ein wesentlicher Eingriff in die Substanz des gemein schaftlichen Eigentums verbunden ist.
Handelt es sich bei der Wand um keine Voraussetzungen für: Gestattung eines geplanten Wanddurchbruchs zur Ver bindung von zwei Wohnungen tragen deWand, so ist ein Eingriff in die Substanz des Gemeinschaftseigentums nicht gegeben, da eine solche Wand im ver tikal geteilten Sondereigentumder bei den betroffenenWohnungseigentümer steht. Im vorliegenden Fall besteht die Wand aus Stahlbeton. Dieser Umstand spricht dafür, dass es sich um eine tragende Wand handelt. Bei tragendenWänden, die imGemein schaftseigentum stehen, ist ein Nachteil im Sinne von § 14 Abs. 2 Nr. 1 WEG nur dann zu verneinen, wenn es sich bei der baulichen Maßnahme um keinen we sentlichen Eingriff in die Substanz des Gebäudes handelt und hiermit keine Nachteile für die konstruktive Stabilität des Gebäudes und dessen Brandsicher heit geschaffen werden. Praxis-Tipp: Der bauwillige Eigentümer muss deshalb bereits im Vorfeld durch Vorlage von entsprechenden Gutachten den Nach weis erbringen, dass mit der beabsich tigten Maßnahme keine erheblichen Beeinträchtigungen verbunden sind.
Hinweis der Redaktion: Der BGH (Beschluss vom 21.11.2000, V ZB 45/00) äußerte sich bereits im Jahr 2000 zu einem ähnlichen Fall: 1. Wanddurchbrüche zwischen zwei Wohnungen, die zumVerlust der Abge schlossenheit (§ 3 Abs. 2 WEG) oder einemder Teilungserklärungwiderspre chenden Zustand führen, stellen nicht schon deshalb einen für die anderen Wohnungseigentümer nicht hinnehm baren Nachteil dar. 2.Wird eine tragende, in Gemeinschafts eigentumstehendeWanddurchbrochen, so ist ein nicht hinnehmbarer Nachteil allerdings erst dann ausgeschlossen, wenn kein wesentlicher Eingriff in die Substanz des Gemeinschaftseigentums erfolgt, insbesondere keine Gefahr für die konstruktive Stabilität des Gebäudes und dessen Brandsicherheit geschaffen worden ist.
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Ausgabe: 69 Quartal IV-23
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