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BEIRATaktuell 63

BEIRATAKTUELL E n t s c h e i d e n d e I n f o r m a t i o n f ü r d e n V e r w a l t u n g s b e i r a t i m Wo h n u n g s e i g e n t u m E i n z e l p r e i s 8 , 5 5 ( i nk l . 7 % USt . )

Umsetzung der neuen Heizkostenverordnung in der Praxis

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Ausgabe: 63 Quartal II-22

i Prozessführungsbefugnisse

Wichtige Urteile

Impressum BEIRATaktuell erscheint seit 2006 viertel jährlich und bietet entscheidende Infor mation für Verwaltungsbeiräte imWoh nungseigentum. Herausgeber /Verlag: Massimo Füllbeck Sachverständiger fürWohnungseigentum Sellerbeckstraße 32 45475 Mülheim an der Ruhr

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am 1.12.2021 ist die Novellierung der Heizkostenverordnung in Kraft getreten, die vieleVeränderungenmit sich bringt. RA Rüdiger Fritsch bleuchtet die neuen Vorschriften aus Sicht der Praxis und geht sehr detailliert auf Schwächen und Probleme der neuen Vorschriften ein. Durch die WEG-Reform am 1.12.2020 haben sich in vielen Bereichen die Be fugnisse, insbesondere auch die Pro zessführungsbefugnisse, verändert. In der aktuellen Ausgaben beleuchtet Frau RAin Cathrin Fuhrländer einzelne Pro bleme der Praxis in Bezug auf die Frage, wann ich eigentlich "klagen" darf? Un termauert wird das Thema mit einem neuen Urteil des BGH. Was passiert eigentlich, wenn im Keller alte Fahrräder lagern und niemandweiß, wem diese gehören? Dr. Olaf Riecke kommentiert hierzu eine interessante Entscheidung des AG Mitte (Berlin).

Grafische Umsetzung: Massimo Füllbeck

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Eine anregende Lektüre wünscht Ihnen

Ihr Massimo Füllbeck

Hinweis: Die nächste Ausgabe erscheint Ende 9-2022.

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››› Aktuelles ‹‹‹ von RA Rüdiger Fritsch

Die Umsetzung der neuen Heizkostenverordnung in der Praxis Neue Herausorderungen für Wohnungseigentümergemeinschaften

Ausstattungen Ab dem 1.12.2022 dürfen nur noch sol che fernablesbaren Ausstattungen zur Verbrauchserfassung installiert werden, die sicher an ein Smart-Meter-Gateway (SMGW) angebunden werden können (§ 5 Abs. 2 S. 3 HeizkostenV). Hierbei werden die über einen Datensammler erfassten Daten der Erfassungsgeräte der Nutzeinheiten gebündelt über ein SMGWdes Gebäudes auf elektronischem Wege direkt zum Gebäudeeigentümer bzw. dessen Abrechnungsdienstleister übertragen. Ob die Ausstattung zur Verbrauchser fassung aber auch tatsächlich an ein SMGW angeschlossen wird und die Fernauslesung über ein solches erfolgt, wird dem Wortlaut der Bestimmung nach („können“) aber nicht verpflichtend geregelt. Da ohne SMGW die zur Erstellung der den Nutzern monatlich mitzuteilenden Verbrauchsinformation notwendige Datenerhebung aber wirtschaftlich sinn voll kaum durchführbar ist, ist davon auszugehen, dass sich die Fernablesung über ein SMGWals Standard durchsetzt. Zudem dürfen ab dem 1.12.2022 nur noch solche fernauslesbaren Ausstat tungen zur Verbrauchserfassung instal liert werden, die einschließlich ihrer Schnittstellen mit den Ausstattungen gleicher Art anderer Hersteller interope rabel sind und dabei den Stand der Technik einhalten (§ 5 Abs. 5 S. 1 Heiz kostenV). Hierdurch soll erreicht werden, dass der Gebäudeeigentümer für den Fall, dass er den Anbieter für Ablese- und Abrechnungsdienstleistungenwechseln oder diese Leistungen selbst ausführen

Die Europäische Energieeffizienz-Richt linie (Energy Efficiency Directive - EED) v. 25.10.2012 enthält u.a. die Verpflich tung der Mitgliedsstaaten der Europä ischen Union zur Einführung fernables barer messtechnischer Ausstattungen zur Verbrauchserfassung, zur unterjäh rigen Verbrauchsinformation und zur Abrechnungsinformation der Endnutzer nebst der hierfür erforderlichen techni schen Standards. DieseMaßnahmen sollen u.a. durch eine zeitnahe Information des Endnutzers über seinen individuellen Energiever brauch zu dessen Senkung und damit zur Umsetzung der Klimaschutzziele der Europäischen Union beitragen. Die EED hätte bis zum 25.10.2020 in nationale Rechts- und Verwaltungsvorschriften umgesetzt werden müssen; die erfor derliche Änderung der Heizkostenver ordnung (HeizkostenV) ist jedoch erst mit Wirkung ab dem 1.12.2021 in Kraft getreten (Verordnung der Bundesregie rung zur Änderung der Heizkostenver ordnung v. 24.11.2021 (BGBl. 2021 I Nr. 80,S. 4964). Daher besteht nun unmit telbarer Handlungsbedarf fürWohnungs eigentümergemeinschaften. I. Pflicht zur Ausstattung mit ferna blesbaren Verbrauchserfassungsge räten Voraussetzung der zeitnahen Informa tion des Endnutzers von Heizenergie über sein aktuelles Verbrauchsverhalten ist die Ausrüstung der Gebäude mit fer nablesbarenmesstechnischen Ausstat tungen zur Verbrauchserfassung. Hierfür sowie für die erforderlichen technischen Standards sieht die neue HeizkostenV ab dem1.12.2020 stichtagsbezogen eine Pflicht für Neuausrüstungen vor, wäh

rend für Bestandsimmobilien eine Über gangsfrist bis längstens zumAblauf des 31.12.2026 gewährt wird. Hierdurch soll gewährleistet werden, dass je nach Ab lauf der Standzeit der bisherigen Erfas sungsgeräte diese nach und nach bis spätestens Ende 2026 durch die neue Messtechnik ersetzt werden. 1. Stichtag 1.12.2021 – Pflicht zur Installation fernablesbarer Ver brauchserfassungsgeräte Gem. § 5 Abs. 2 S. 1 u. 2 HeizkostenV müssen Ausstattungen zur Verbrauch serfassung (d.h.Wärmezähler und Heiz kostenverteiler sowieWarmwasserzäh ler gem. § 5 Abs. 1 S. 1 HeizkostenV bzw. Wärmezähler zur Erfassung der auf eine zentraleWarmwasserversorgungsanla ge entfallenden Wärmemenge gem. § 9 Abs. 2 S. 1 HeizkostenV), die nach dem 1.12.2021 neu installiert werden, fernab lesbar sein und dabei den Datenschutz und die Datensicherheit nach demStand der Technik gewährleisten. Fernablesbar ist eine Ausstattung zur Verbrauchser fassung gem. § 5 Abs. 2 S. 2 HeizkostenV bereits dann, wenn sie ohne Zugang zu einzelnen Nutzeinheiten abgelesenwer den kann. Hierfür reicht es aus, dass die Daten der Erfassungs- bzw. Messgeräte der einzel nen Nutzereinheiten über einen imOb jekt installierten Datensammler erfasst und mittels der sog. „Walk-by“-Techno logie bzw. der sog. „Drive-by“-Techno logie ausgelesen werden. Beides erfor dert zwar noch ein Erscheinen des Ab lesers vor Ort, aber nicht mehr das Be treten der Nutzereinheit selbst.

2. Stichtag 1.12.2022 – Installation SMGW-fähiger sowie interoperabler

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will, die Ausstattung zur Verbrauchser fassung nicht austauschen muss, da er bzw. der neue Dienstleister aufgrund der freienVerfügbarkeit von Protokollen, Schnittstellen und Kommunikations technologien die verbleibende Ausstat tung mit eigenen Mitteln fernablesen kann. Insofern dürfte es nicht sinnvoll sein (und auch von den Messdienstleistern kaumaktiv angebotenwerden), während der Übergangsfrist vom 1.12.2021 bis zum 1.12.2022 lediglich fernablesbare, nicht aber SMGW-fähige Ausstattungen zur Verbrauchserfassung zu installieren. Gleichzeitigmit der Installation SMGW einen hohen Anteil an Bewehrungsstahl in Wänden und Böden oder andere im Gebäude verbaute Materialien ein ord nungsgemäßes Funktionieren der ver fügbaren drahtlosenTechnik verhindern würde, und Alternativenmit Kabelnmit unverhältnismäßig hohen Kosten ver bunden wären). II. Pflicht zur Verbrauchs- und Ab rechnungsinformation des Nutzers Die von der EED vorgesehene Unterrich tung des Endnutzers über seinen indi viduellen Energieverbrauch wird von der neuen HeizkostenV mittels unter jähriger Verbrauchsinformationen sowie zusätzlicher Abrechnungsinformationen umgesetzt. Gem. § 6a Abs. 1 HeizkostenV hat der Gebäudeeigentümer, sofern fernables bare Ausstattungen zur Verbrauchser fassung installiert wurden, den Nutzern Verbrauchsinformationen für Heizung undWarmwasser auf der Grundlage des tatsächlichen Verbrauchs oder der Ab lesewerte von Heizkostenverteilern mitzuteilen. Die Verbrauchsinformationen sind im Regelfall gem. § 6a Abs. 1 Nr. 2 Heizko stenV ab dem 1.1.2022 monatlich mit zuteilen, damiet- bzw. wohnungseigen tumsrechtliche Abrechnungszeiträume typischerweise kalenderjährlich orien tiert sind. 1. Pflicht zur Mitteilung unterjähri ger Verbrauchsinformation a) Monatliche Verbrauchsinformati on des Nutzers

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fähiger Ausstattungen sollte darauf ge achtet werden, dass diese auch inter operabel sind, wobei der Anspruch auf Herausgabe des „Schlüsselmaterials“ auch bei Anmietung oder Leasing der Verbrauchserfassungsgeräte besteht. Solche interoperablen Geräte (z.B. auf der Grundlage des OMS-Standards) wer den von den Messdienstleistern auch schon angeboten. 3. Stichtag 31.12.2026 – Pflicht zur Umrüstung von Alt-Verbrauchsaus stattungen Bis zum 1.12.2021 installierte nicht fer nablesbare Ausstattungen mit Ver brauchserfassungsgeräten dürfen gem. § 5 Abs. 3 S. 1 HeizkostenV zunächst weiter betriebenwerden. Diese Ausnah meregelung läuft indes am 30.11.2026 ab. Mit Blick auf den übergangsweise er laubtenWeiterbetrieb nicht fernausles barer Verbrauchserfassungsgeräte stellt sich die Frage, was für solche Geräte gilt, die ab dem1.12.2021 in Alt-Ausstattun gen (z.B. aufgrund eines Defekts) aus getauscht oder (z.B. aufgrund der Neu anbringung eines Heizkörpers) ergänzt werden müssen. Hierzu regelt § 5 Abs. 2 S. 4 HeizkostenV, dass die ab dem 1.12.2021 geltende Pflicht zur Installation fernablesbarer Verbrauchserfassungsgeräte sowie die ab dem 1.12.2022 geltende Pflicht zur Installation Smart-Meter-Gateway-taug licher Verbrauchserfassungsgeräte aus gesetzt ist, sofern ein einzelner Zähler

oder Heizkostenverteiler ersetzt oder ergänzt wird, der Teil eines Gesamtsy stems ist und die anderen Zähler oder Heizkostenverteiler dieses Gesamtsy stems zum Zeitpunkt des Ersatzes oder der Ergänzung nicht fernablesbar sind. Diese Übergangsfrist läuft indes konform mit der o.g. Ausnahmeregelung für Alt Ausstattungen gem. § 5 Abs. 3 S. 1 Heiz kostenV zum 30.11.2026 ab. Ab dem 1.12.2026 sind auch übergangsweise nach dem1.12.2021 als nicht-fernables bar ersetzte oder erneuerte Verbrauch serfassungsgeräte durch Nachrüstung oder Austausch an die Anforderungen der Fernablesbarkeit nebst SMGW-Fä higkeit und Interoperabilität anzupassen. 4. Ausnahmeregelung für techni sche Unmöglichkeit oder unbilliger Härte Auf die Installation fernablesbarer Ver brauchserfassungsgeräte (und damit auf die monatliche Mitteilung der Ver brauchsinformationen) kann nur ver zichtet werden, wenn gem. § 5 Abs. 3 S. 2 HeizkostenV die Installation imEinzel fall wegen besonderer Umstände tech nisch nicht möglich oder sonst u.a. we gen eines unangemessenen Aufwands zu einer unbilligen Härte führen würde. Da regelmäßig bereits Verbrauchserfas sungsgeräte vorhanden sind, dürfte somit die o.g. Ausnahmebestimmung überwiegend nicht greifen. Die Verord nungsbegründung nennt demgemäß als Anwendungsfall auch nur die tech nische Unmöglichkeit (z.B. wenn durch

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b) Inhalt der Verbrauchsinformatio nen DiemonatlichenVerbrauchsinformationen müssen gem. § 6a Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 Heiz kostenV mindestens Informationen zum Verbrauch des Nutzers im letzten Monat in Kilowattstunden, einenVergleich dieses Verbrauchs mit dem Verbrauch des Vor monats desselben Nutzers sowiemit dem entsprechenden Monat des Vorjahres desselben Nutzers, soweit diese Daten erhobenworden sind, und einenVergleich mit demVerbrauch eines normierten oder durch Vergleichstests ermittelten Durch schnittsnutzers derselben Nutzerkatego rie enthalten. „Mitteilen“ der Verbrauchsinformationen bedeutet, dass dieVerbrauchsinformatio nen demNutzer so zugehenmüssen, dass diese von ihm unmittelbar zur Kenntnis genommen werden können. Dies kann in Papierform oder -besser- auf elektroni schemWege, etwa per E-Mail, aber auch über das Internet (z.B. über einWebportal oder eine Smartphone-App desVerwalters oder Messdienstleisters) geschehen. Da die monatliche Mitteilung der Ver brauchsinformationen in Papierform per Postversand mit Blick auf den verfolgten Zweck des Klimaschutzes nicht sinnvoll ist und zu einem erheblichen bürokrati schen Aufwand führt, liegt es imwohlver standenen Interesse aller Beteiligten, dies auf digitalemWege zu organisieren. Nach folgend wird daher aufgezeigt, wie dies unter notwendiger Beachtung daten schutzrechtlicher Aspekte in der Zusam menarbeit zwischen Wohnungseigentü mergemeinschaf t, Verwalter und Messdienstleister praktisch umgesetzt werden kann. Für alle Abrechnungszeiträume, die ab dem1.12.2021 begonnen haben, sind den Nutzern zusammen mit den Abrechnun gen (sofern diese auf dem tatsächlichen Verbrauch oder auf den Ablesewerten von Heizkostenverteilern beruhen) zu sätzliche Informationen zugänglich zu machen, und zwar unabhängig von der Installation fernablesbarer Verbrauchser fassungsgeräte (§ 6a Abs. 3 HeizkostenV). c) Mitteilung der Verbrauchsinforma tionen 2. Pflicht zur Erteilung von Abrech nungsinformationen

a) Inhalt der Abrechnungsinfor mationen Die als Abrechnungsinformationen geschuldeten Angaben beziehen sich im Wesentlichen darauf, dass dem Nutzer weiterführende Infor mationsquellen eröffnet werden, umdie ihm imRahmen der Abrech nung zur Verfügung gestellten Da ten besser einschätzen zu können und sich hieraus ergebende Einspar potenziale zielgerecht nutzen zu können. So ist gem. § 6a Abs. 3 Ziff. 1. - 5. der Nutzer (auszugsweise) über den Anteil der eingesetzten Energieträ ger, die in den ihm in Rechnung gestellten Kosten enthaltenen Steu ern, Abgaben und Zölle sowie Ent gelte für die Ausstattung mit Ver brauchserfassungsgeräten, deren Ablesung und Abrechnung infor miert werden. Weiter sind Durchschnittsnutzer Vergleichswerte und witterungsbe reinigte Energieverbrauchswerte im Jahresvergleich darzustellen. Zusätzlich sind demNutzer Kontakt informationen zu Institutionen an hand zu geben, über welche der Nutzer weitergehende Informatio nen zur Verbesserung der Ener gieeffizienz einholen kann. Zudem sind bei Verbraucherverträgen In formationen zumVerbraucherstreit beilegungsgesetz geschuldet.

b) Zugänglichmachen der Abrech nungsinformationen Der Verordnungsgeber sieht nur die Pflicht zum„zugänglichmachen“ der Abrechnungs informationen vor, wofür die Eröffnung der Möglichkeit der Kenntnisnahme ausreicht. Hierfür genügt es, wenn dem Nutzer bloß aufgezeigt wird, wo er diese Informationen erlangen kann (z.B. durch die Angabe, dass diese über eine bestimmte Internetseite oder App abrufbar sind). Insofern können sich Gebäudeeigentümer, Verwalter und Abrechnungsdienstleister darauf beschrän ken, solche Hinweise im Rahmen der dem Nutzer ohnehin zu erteilenden Abrechnung abzubilden. Als Sanktion für den Gebäudeeigentümer sieht § 12 Abs. 1 S. 2 u. 3 HeizkostenV zu sätzliche Kürzungsrechte in Ergänzung des fortbestehenden § 12 Abs. 1 S. 1 HeizkostenV (Kürzungsrecht i.H.v. 15% der anteiligen Kosten bei nicht verbrauchsabhängiger Abrechnung) vor. Hat der Gebäudeeigentümer entgegen § 5 Abs. 2 u. 3 HeizkostenV keine fernablesba re Ausstattung zur Verbrauchserfassung installiert, kann der Nutzer gem. § 12 Abs. 1 S. 2 HeizkostenV bei der Abrechnung den auf ihn entfallenden Kostenanteil um 3% kürzen. Teilt der Gebäudeeigentümer -trotz Aus stattungmit fernablesbaren Erfassungsge räten- die Informationen gem. § 6a Heizko stenV nicht oder nicht vollständigmit, kann der Nutzer gem. § 12 Abs. 1 S. 3 HeizkostenV bei der Abrechnung den auf ihn entfallen den Kostenanteil ebenfalls um 3% kürzen. Das Kürzungsrecht aus § 12 Abs. 1 S. 1 Heiz kostenV (typischer Fall: § 9a Abs. 2 Heizko stenV) besteht als pauschalierter Schadens ersatzanspruch unabhängig von denman gels Fassbarkeit eines finanziellen Nachteils des Nutzers als reine Sanktion ausgestalte ten Kürzungsrechten des § 12 Abs. 1 S. 2 u. 3 HeizkostenV. Da sich das Kürzungsrecht aus § 12 Abs. 1 S. 3 HeizkostenV („mitteilt“) lediglich auf den Verstoß gegen die Mittei lungspflicht der Verbrauchsinformationen bezieht (die von fernablesbaren Erfassungs geräten abhängt), kommt eine kumulative Anwendung der Kürzungsrechte aus § 12 III. Kürzungsrechte der Nutzer bei Ver stößen 1. Verhältnis der Kürzungsrechte zuei nander

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Abs. 1 S. 2 und S. 3 HeizkostenV hier vertretener Auffassung nach nicht in Betracht. Ein Verstoß gegen die Pflicht zur Zurverfügungstellung der Abrech nungsinformationen bleibt somit sank tionslos. Die neu geschaffenen Kürzungsrechte sind gem. § 12 Abs. 1 S. 4 HeizkostenV allerdings im Verhältnis des einzelnen Wohnungseigentümers zurWohnungs eigentümergemeinschaft nicht anwend bar. Aus dembloßen Sanktionscharakter der Kürzungsrechte aus § 12 Abs. 1 S. 2 u. 3 HeizkostenV und dem Verweis auf die „allgemeinen Vorschriften“ in § 12 Abs. 1 S. 4 HeizkostenV ergibt sich indes, dass dem vermietendenWohnungseigentü mer im Falle der schuldhaften Nicht Einhaltung der Vorschriften der §§ 5, 6a HeizkostenV durch dieWohnungseigen tümergemeinschaft dieser gegenüber ein Schadensersatzanspruch in Höhe einer durch denMieter berechtigterwei se vorgenommenen Kürzung zustehen kann (§§ 280 Abs. 1 BGB, 18 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 WEG). Die Geltendmachung von Schadenser satz ist dem Wohnungseigentümer al lerdings versagt, wenn er einen den Vorschriften der HeizkostenVwiderspre chenden Beschluss nicht gerichtlich angreift. Eine direkte Inanspruchnahme desWEG Verwalters durch den vermietenden Wohnungseigentümer kommt hingegen nicht mehr in Frage. Da der Verwalter nur noch als Erfüllungsgehilfe derWoh nungseigentümergemeinschaft bei der dieser obliegenden ordnungsmäßigen Verwaltung tätig ist, haftet er nur dieser für schuldhafte Pflichtverletzungen. Dabei beschränken sich die Aufgaben des Verwalters darauf, auf notwendige Maßnahmen hinzuweisen und eine sach 2. Ausschluss der Kürzungsrechte für Wohnungseigentümer

gerechte Beschlussfassung zu organi sieren. Insbesondere folgt aus § 27 Abs. 1 S. 1 WEG keine eigenständige Pflicht zur Wahrnehmung der aus der Heizko stenV resultierenden Pflichten. IV. Umsetzung der fernablesbaren Geräteausstattung im Wohnungsei gentum Für das Wohnungseigentum stellt sich die Frage, wie eine Umrüstung der ein zelnen Sondereigentumseinheiten mit fernablesbaren Verbrauchserfassungs geräten gegebenenfalls gegen denWil len des einzelnen Wohnungseigentü mers bzw. dessenMieters durchgesetzt und finanziert werden kann. DieWohnungseigentümergemeinschaft ist gem. § 18 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 WEG i.V.m. §§ 1 Abs. 2 Ziff. 3. Hs. 1, 3 Heizko stenV zur Einhaltung der Bestimmungen der HeizkostenV verpflichtet. Damit ist die Frage des„ob“ schon gesetzlich fest gelegt, so dass eine Entscheidung hier über nicht mehr getroffenwerdenmuss bzw. kann. Nur über die Frage des„wie“ (also die Auswahl des Dienstleisters) entscheidet gem. § 19 Abs. 2 Nr. 2WEG grundsätzlich die Eigentümerversamm lung durch Mehrheitsbeschluss. Für solche Umrüstungsmaßnahmen, die gem. § 5 HeizkostenV nach Zeitpunkt und Umfang zwingend vorgeschrieben sind, stellt sich die Frage, ob die oftmals zeitraubenden Entscheidungsfindungs prozesse der Eigentümerversammlung nicht durch eigenständiges Handeln des Verwalters abgekürzt werden können. DieWohnungseigentümer können, was in jedem Falle zur Verbesserung der Ef fektivität der Verwaltung zu empfehlen ist, gem. § 27 Abs. 2WEGdurch Beschluss dem Verwalter besondere Entschei dungskompetenzen insbesondere für Maßnahmen der Erhaltung des Gemein 1. Verwaltungskompetenz der Woh nungseigentümergemeinschaft a) Selbständige Handlungskompe tenz des Verwalters

schaftseigentums sowie für die Einschal tung von Sonderfachleuten übertragen, wenn die Kompetenzverlagerung, ins besondere durch eine sog. doppelte betragliche Deckelung des freigegebe nen Budgets für den einzelnen Woh nungseigentümer zu einemnur begrenz ten und überschaubaren finanziellen Risiko führt (vgl.: BGH, Urt. v. 11.6.2021 – V ZR 215/20). b) Erforderliche Beschlussmehrheit Während die Umrüstung aufgrund zwin gender Vorschriften der HeizkostenV als Erhaltungsmaßnahme i.S.d. § 19 Abs. 2 Nr. 2 WEG lediglich der einfachen Be schlussmehrheit bedarf, ist fraglich, ob darüber hinausgehende, aber technisch undwirtschaftlich sinnvolle Umrüstungs maßnahmen nach neuem Recht noch als Erhaltungsmaßnahme i.S.e.„moder nisierenden Instandsetzung“ angesehen werden können oder als bauliche Ver änderung gem. §§ 20, 21WEG beschlos sen werden müssen. Teilweise wird hierzu die Auffassung vertreten, dass unter den Begriff der baulichen Veränderung i.S.d. §§ 20, 21 WEG auch der der früheren „moderni sierenden Instandsetzung“ zu subsum mieren sei (vgl.: Dötsch/Schultzky/ Zschieschack, WEG-Recht 2021, Kap. 6 Rn. 39; Lehmann-Richter/Wobst, WEG Reform 2020, § 15 Rn. 1609; SEHR/Ab ramenko, DieWEG-Reform2020, § 5 Rn. 4, 37). Teilweise wird hierzu die Auffassung vertreten, dass in diesem Fall eine mit einfacher Mehrheit zu beschließende Erhaltungsmaßnahme anzunehmen ist (vgl.: MüKoBGB/Rüscher, 8. Aufl. 2021, WEG § 19 Rn. 14 ff.; Hügel/ Elzer, WEG, 3. Aufl. 2022, § 19 Rn. 72 f.). Nachteilig an der erstgenannten Auffas sung ist, dass ein die Kostentragung sämtlicher Wohnungseigentümer be wirkender Beschluss i.S.d. § 21 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 WEG notwendig ist, während nach der letztgenannten Meinung ein

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Mitwirkungsverfahren des § 4 Abs. 2 S. 1 Hs. 2 HeizkostenV nicht Voraussetzung (str., wie hier: Schmid/Ormanschick, Handbuch der Mietnebenkosten, 17. Aufl. 2021, Teil VI Rn. 6147; a.A.: Schmidt Futterer/Lammel, Mietrecht, 22. Aufl. 2022, § 3 HeizkostenV Rn. 29). V. Umsetzung der Informations pflichten gem. § 6a HeizkostenV im Wohnungseigentum Zur Zugänglichmachung der Abrech nungsinformationen gem. § 6a Abs. 3-5 HeizkostenV kann sich die Wohnungs eigentümergemeinschaft darauf be schränken, die entsprechenden Hinwei se im Rahmen der jedem Nutzer ohne hin zu erteilenden jährlichen Heizko stenabrechnung abzubilden, wofür die Abrechnungsdienstleister entsprechen de Lösungen anbieten. Die Mitteilung der monatlichen Ver brauchsinformationen gestaltet sich ungleich aufwändiger, zumal deren Umsetzung in praktischer und daten schutzrechtlicher Hinsicht in zwei ge trennte Prozesse zerfällt. Zunächst sind diemittels der fernablesbarenVerbrauch serfassungsgeräte erhobenen Daten zu verarbeiten, umdie für jede Nutzeinheit darzustellenden Informationen zu er stellen (Erstellung der Informationen). Sodann sind die so erstelltenVerbrauch sinformationen dem jeweiligen Nutzer zur Verfügung zu stellen (Mitteilung der Informationen). Zudem sind die Besonderheiten des Wohnungseigentumsrechts, insbeson deredieNeuregelungenderWEG-Reform 2020, und die Tatsache, dass gem. § 1 Abs. 2 Nr. 3 Hs. 2 HKVO im Verhältnis

bloßer Mehrheitsbeschluss gem. § 19 Abs. 2 Nr. 2 WEG ausreicht. Daher ist hier vertretener Auffassung nach auf die vermittelnde Meinung zu rückzugreifen, wonach unter § 21 Abs. 2 Nr. 2 WEG nicht solche Maßnahmen fallen, die im Falle bestehenden Erhal tungsbedarfs den neuesten Stand der Technik einhalten sollen, wie bei der Neuausrüstung von veralteten Erfas sungsgeräten gegen fernablesbare (vgl.: Jennißen/Hogenschurz, WEG, 7. Aufl. 2022, § 20 Rn. 28). Hierzu kann auch die Regelung des § 4 Abs. 1 S. 3 HeizkostenV fruchtbar gemacht werden, die ausdrück lich demGebäudeeigentümer dieWahl der Geräteausstattung freigestellt (vgl.: AG Dortmund, Urt. v. 26.11.2013 – 512 C 42/13). Ungeachtet der aus § 4 Abs. 2 S. 1 Hs. 2 HeizkostenV folgenden Duldungspflicht hat der Wohnungseigentümer die Än derung der Verbrauchsausstattung gem. § 14 Abs. 1 Nr. 2 WEG gegenüber der Wohnungseigentümergemeinschaft zu dulden und hierfür sein Sondereigentum zugänglich zu machen. Neben der Duldungspflicht aus § 4 Abs. 2 S. 1 Hs. 2 HeizkostenV hat derjenige, der Wohnungseigentum nutzt, ohne Wohnungseigentümer zu sein (also ty pischerweise, aber nicht nur der Mieter), gem. § 15 WEG nach Ankündigung der Maßnahme analog §§ 555a-555d BGB eine Änderung der Verbrauchsausstat tung gegenüber der Wohnungseigen tümergemeinschaft zu dulden und hierfür das Sondereigentum zugänglich 2. Duldungspflicht des Wohnungs eigentümers 3. Duldungspflicht des Fremdnut zers

zumachen. Eines Rückgriffs auf den aus § 1004 BGB folgenden Störungsbesei tigungs- und Unterlassungsanspruch gegenüber einem Nicht-Wohnungsei gentümer bedarf es somit nicht. 4. Kostenumlage im Wohnungsei gentum Soweit es sichbei denUmrüstungskosten um Kosten der Erhaltung des Gemein schaftseigentums handelt, sind diese vorbehaltlich abweichender Vereinba rungen oder Beschlüsse gem. § 16 Abs. 2 S. 2 WEG nach § 16 Abs. 2 S. 1 WEG grundsätzlich von sämtlichen Woh nungseigentümern nach der Größe der Miteigentumsanteile zu tragen. Wird über eine bauliche Veränderung be schlossen, sind die Vorgaben der §§ 20 Abs. 2, 3 u. 5 WEG zu beachten. Soweit es sich um Betriebskosten (An mietung der Geräte) handelt, gilt der vereinbarte oder beschlossene Umla geschlüssel gem. §§ 6 - 9 HeizkostenV, der Änderung gem. § 16 Abs. 2 S. 2WEG wegen des Vorrangs der HeizkostenV nur in den von dieser vorgegebenen Grenzen zulässig ist. Die von der Wohnungseigentümerge meinschaft auf den vermietendenWoh nungseigentümer umgelegten Kosten sind analog der obigen Ausführungen zumMietrecht alsModernisierungs- bzw. als Betriebskosten imRahmen der miet vertraglichen Bestimmungen umlegbar. Zur Umlagefähigkeit der Kosten der Anmietung der Verbrauchserfassungs geräte ist hier vertretener Auffassung nach wegen des Vorrangs des den ver mietenden Wohnungseigentümer bin dendenMehrheitsbeschlusses derWoh nungseigentümergemeinschaft das

Unsere Autoren

- Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht, Schwerpunkt: Wohnungseigentums- und Mietrecht sowie Makler- und Bauträgerrecht - Praktiker, Fachautor und Referent namhafter Tagungsveranstaltungen www.krall-kalkum.de RA Rüdiger Fritsch

Dr. Olaf Riecke

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• Schriftleiter ZMR • Richter am Amtsgericht Hamburg-Blankenese a. D. • Schwerpunkt: Miet- und Wohnungseigentumsrecht

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zumMieter der vermietendeWohnungs eigentümer als Gebäudeeigentümer gilt, vomVerordnungsgeber weitgehend unberücksichtigt geblieben. Daher ist zwischen eigengenutztemund vermie tetem Wohnungseigentum zu unter scheiden. 1. Praktische Umsetzung DieWohnungseigentümergemeinschaft bzw. deren Verwalter wird mit der Er stellung der Verbrauchsinformationen regelmäßig einen Abrechnungsdienst leister beauftragen, da regelmäßig die notwendigen technischen/betrieblichen Ressourcen nicht vorhanden sind. Zur Ausgestaltung derWeiterleitung der Verbrauchsinformationen bieten sich verschiedene Verfahrensweisen an. Der mit der Erstellung der Verbrauchs informationen beauftragte Dienstleister kann diese zum einen der Wohnungs eigentümergemeinschaft bzw. dessen Verwalter monatlich unmittelbar (digital) zur Verfügung stellen, wobei dieser de ren Mitteilung an die Nutzer (eigennut zende Eigentümer bzw. Mieter) selbst übernimmt. Dies setzt allerdings, will man die kaum sinnvolle Mitteilung in Papierform per Postversand umgehen, eine bei der Wohnungseigentümerge meinschaft bzw. derenVerwalter bereits bestehende digitale Informationsstruk tur (Verwalter-Internetplattform bzw. Verwalter-App) voraus, was vielfach nicht gegeben ist. Zumanderen kann es der Abrechnungs dienstleister auch zur Entlastung der Wohnungseigentümergemeinschaft übernehmen, die Verbrauchsinforma tionen den Nutzern unmittelbar mitzu tei-len, indemdieser in eine vomDienst leister bereitgestellte digitale Informa tionsstruktur (Webportal/App) einge bunden wird. Unter ökologischen undwirtschaftlichen Gesichtspunkten dürfte die unmittelba re digitale Mitteilung der Verbrauchsin formationen durch den Abrechnungs

dienstleister die sinnvollste Lösung sein. Beim Verwalter verbleibt aber je nach Ausgestaltung die Notwendigkeit der erstmaligen Übermittlung der Nutzer daten sowie deren fortlaufender Aktua lisierung bei einemNutzerwechsel. Auch ist zu berücksichtigen, dass die Nutzer zur Teilnahme amdigitalenMitteilungs prozess zu motivieren sind. 2. Beachtung des Datenschutzes Die Beachtung der datenschutzrechtli chen Vorschriften ist bei der Erstellung undMitteilung der Verbrauchsinforma tionen von besonderer Bedeutung, da hierfür neben den aus den Verbrauch serfassungsgeräten gewonnenen Nut zerdaten weitere personenbezogene DatenwieVorname, Name und Anschrift sowie bei digitaler Mittelung ergänzend z.B. E-Mailadressen genutzt werden. Art. 6 Ziff. 1. Buchst. a) DSGVO sieht hier für grundsätzlich die Einwilligung des Betroffenen vor, es sei denn, es besteht eine gesonderte Ermächtigungsgrund lage oder einer der Erlaubnistatbestän de des Art. 6 Ziff. 1. DSGVO greift ein. Zusätzlich sind die datenschutzrechtli chen Vorgaben für eine Datenverarbei tung durch Dritte sowie die besonderen Informationspflichten gegenüber dem Betroffenen zu beachten. Insofern ist auch hier zu einer Umsetzung über eine vom Messdienstleister zur Verfügung gestellte digitale Informati onsstruktur zu raten, da in diesem Zu sammenhang die Einhaltung der daten schutzrechtlichen Vorschriften sicher gestellt wird. 3. Erfüllung der Informationspflich ten bei eigengenutztem Wohnungs eigentum DieWohnungseigentümergemeinschaft ist gem. §§ 1 Abs. 2 Nr. 3 Hs. 1, 6a Heiz kostenV i.V.m. § 18 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 WEG, vertreten durch den Verwalter, gegenüber dem einzelnen Wohnungs eigentümer verpflichtet, diesem die Verbrauchs- und Abrechnungsinforma tionen zukommen zu lassen.

DieWohnungseigentümergemeinschaft handelt daher bei der Erstellung der Informationen über denVerwalter bzw. über den Abrechnungsdienstleister als beauftragte Personen gem. § 6b Nr. 2 HeizkostenV. Bei der Mitteilung der Ver brauchsinformationen handelt die Ge meinschaft / derVerwalter auf der Grund lage des Art. 6 Ziff. 1. Buchst. c) DSGVO bzw. der Abrechnungsdienstleister in Ausübung berechtigter Interessen gem. Art. 6 Ziff. 1. Buchst. f ) DSGVO. 4. Erfüllung der Informationspflich ten bei vermietetem Wohnungsei gentum Schwierigkeiten inwohnungseigentums sowie datenschutzrechtlicher Hinsicht ergeben sich jedoch für vermietetes Wohnungseigentum. DieVerwaltungskompetenz der Gemein schaft bezieht sich gem. § 18 Abs. 1WEG aber nur auf das gemeinschaftliche Ei gentum. § 1 Abs. 2 Nr. 3 Hs. 2 HKVO besagt indes ausdrücklich, dass imVer hältnis zum Mieter der vermietende Wohnungseigentümer als Gebäude eigentümer gilt und somit die Erfüllung der Informationspflichten gem. § 6a HeizkostenV dem Mieter gegenüber alleine dem vermietenden Wohnungs eigentümer obliegt und nicht derWoh nungseigentümergemeinschaft. Insofern könnte angenommen werden, dass die diesbezügliche Beauftragung einesMessdienstleisters eineMaßnahme ist, die dem vermietenden Wohnungs eigentümer bei der Verwaltung seines Sondereigentums selbst obliegt. Hier vertretener Auffassung nach kann aus § 1 Abs. 2 Nr. 3 Hs. 2 HeizkostenV aber nicht gefolgert werden, dass es sich bei der Erfüllung der Pflichten aus § 6a HeizkostenV um eine der Verwal tungskompetenz der Wohnungseigen tümergemeinschaft nicht unterliegende Angelegenheit der Verwaltung des Son dereigentums handelte. a) Verwaltungskompetenz der Woh nungseigentümergemeinschaft

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Es entspricht der herrschenden Rechts auffassung, dass auch das Sondereigen tum betreffende Angelegenheiten, insbesondere die durch die Nutzung des Sondereigentums verursachten Ko sten, gleichwohl der Verwaltungskom petenz der Wohnungseigentümerge meinschaft (und damit auch demTätig keitsbereich des Verwalters) unterfallen, soweit eine Abwicklung insbesondere der entstehenden Kosten, durch die Wohnungseigentümergemeinschaft im Außenverhältnis notwendig ist. So handelt es sich bei der (Mit-)Versi cherung des Sondereigentums im Rah men der von derWohnungseigentümer gemeinschaft gem. § 19 Abs. 2 Nr. 4WEG abzuschließendenWohngebäudeversi cherung sowie bei den hierdurch durch das Sondereigentum (mit-)verursachten Kosten nach einhelliger Meinung um einen Gegenstand, der der Verwaltungs kompetenz der Wohnungseigentü mergemeinschaft unterfällt (vgl.: LG Frankfurt/Main, Urt. v. 20.5.2021 – 2-13 S 149/19). Auch unterliegen unstreitig Fragen des Kabel-/TV-Empfangs, der Versorgung mit Kaltwasser, der Abwasserbeseitigung und der Müllabfuhr der Verwaltungs kompetenz derWohnungseigentümer gemeinschaft, wobei es sich bei den hierdurch nur im Sondereigentum ent stehenden Kosten unstreitig um deren Verwaltungskosten handelt, auch wenn der in § 16 Abs. 3 WEG a.F. enthaltene ausdrückliche Hinweis hierauf in § 16 Abs. 2WEG n.F. nicht mehr enthalten ist (vgl.: Hügel/Elzer, WEG, 3. Aufl. 2021, § 16 Rn. 35). Dies gilt unstreitig insbesondere für die Erfüllung der Vorschriften der Heizko stenV, obgleich der Wärmeverbrauch ganz überwiegend im Bereich des Son dereigentums stattfindet (vgl.: Hügel/ Elzer, WEG, 3. Aufl. 2021, § 16 Rn. 91). Dabei ist hiesiger Meinung nach auch zu berücksichtigen, dass dieWohnungs eigentümergemeinschaft im Rahmen der ihr obliegenden Pflicht zur Erfassung

und Abrechnung der Heizkosten ohne hin, was der Handlungskompetenz des einzelnen Wohnungseigentümers ent zogen ist, mit einem Messdienstleister einen Vertrag über die Ausstattung des Sondereigentums mit Verbrauchserfas sungsgeräten, deren Ablesung und der Erstellung der Heizkostenabrechnung schließt. b) Erstellung der Verbrauchsinfor mationen für vermietetes Woh nungseigentum Der Wortlaut der mehr als unglücklich gewählten Formulierung des § 6b Heiz kostenV besagt jedoch, dass die Erhe bung, Speicherung und Verwendung der Daten aus einer fernablesbaren Aus stattung zur Verbrauchserfassung zur Erfüllung der Informationspflichten gem. § 6a HeizkostenV nur durch den Gebäu deeigentümer oder einen von diesem beauftragten Dritten erfolgen darf. Gem. § 1 Abs. 2 Nr. 3 Hs. 2 HKVO gilt aber ausdrücklich nur der vermietende Wohnungseigentümer imVerhältnis zum Mieter als Gebäudeeigentümer und ist zunächst alleine gem. § 6b HeizkostenV zur Datennutzung berechtigt. Dabei besteht aber zwischen demWoh nungseigentümer weder zurWohnungs eigentümergemeinschaft noch zu deren Verwalter ein„Auftragsverhältnis“. Auch kann der Abrechnungsdienstleister nach demWortlaut des § 6bHeizkostenV nicht Beauftragter des vermietenden Woh nungseigentümers sein, denn zu diesem besteht ebenso wenig ein„Auftragsver hältnis“. Hieraus folgt vor der Hand, dass jeder einzelne vermietendeWohnungseigen tümer entweder mit demVerwalter und/ oder demAbrechnungsdienstleister ein separates Auftragsverhältnis eingehen sowie einen separaten Auftragsverar beitungsvertrag nebst Vereinbarung über die gemeinsame datenschutzrecht licheVerantwortlichkeit schließenmüs ste.

Da dies ersichtlich nicht gewollt sein kann, aber im Wortlaut des § 6b Heiz kostenV keine ausreichende Berücksich tigung gefunden hat, sind hier vertre tener Rechtsauffassung nach dieVoraus setzungen einer analogen Anwendung des § 6b HeizkostenV durch Ausweitung des Begriffs der „Beauftragung“ auch auf den Fall des vermietetenWohnungs eigentums gegeben. Hiesiger Meinung nach handelt die Wohnungseigentü mergemeinschaft im Rahmen der ihr zustehenden Verwaltungskompetenz nach WEG als „gesetzlich Beauftragter“ des vermietenden Wohnungseigen tümers analog § 6b HeizkostenV, des gleichen der Abrechnungsdienstleister dann als Weiterbeauftragter. c) Mitteilung der Verbrauchsinfor mationen bei vermietetem Woh nungseigentum Soweit der von der Wohnungseigentü mergemeinschaft beauftragteVerwalter und/oder der beauftragte Abrechnungs dienstleister dem vermietenden Woh nungseigentümer nach obigen Aus führungen zulässigerweise die sein Sondereigentum betreffenden Ver brauchs- und Abrechnungsinformatio nen zur Verfügung stellt und diese vom vermietenden Wohnungseigentümer selbst an denMieter weitergeleitet wer den, ergeben sich mit Blick auf die obi gen Ausführungen grundsätzlich keine weiteren Schwierigkeiten. Zwar erscheint es hier vertretener Auf fassung nach mit Blick auf die vorste henden Ausführungen möglich, dass dieWohnungseigentümergemeinschaft durch Beschluss regelt, dass imRahmen des mit dem Messdienstleister abzu schließendenVertrags und/oder mittels Zwischenschaltung des Verwalters auch die Mieter vonWohnungseigentümern dieVerbrauchsinformationen unmittel bar erhalten sollen. Dabei dürfte auch nicht gegen die sonstigen Grundsätze ordnungsmäßiger Verwaltung verstoßen werden, da es für die anfallenden Kosten gleich sein dürfte, ob nun der vermie tende Eigentümer die Verbrauchsinfor-

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mationen kostenpflichtig erhält oder dessen Mieter direkt. Problematisch stellt sich dabei aber die Gewinnung der hierfür notwendigen Mieterdaten dar, denn diese sind dem WEG-Verwalter regelmäßig unbekannt und der Mieter ist gegenüber dem Ver walter sowie demMessdienstleister nicht zu deren Preisgabe verpflichtet, weshalb diese regelmäßig nur über den vermie tendenWohnungseigentümer erhoben werden können. Auf die hiermit imZusammenhang ste henden zu beachtenden datenschutz rechtlichen Vorgaben ist hinzuweisen. Eine unmittelbare Übermittlung der Verbrauchsinformationen durch Einbin dung des Mieters in ein System der di gitalen Informationsbereitstellung er fordert in jedemFall zwingend, dass die für diese zusätzlich notwendigen Daten nicht ohne eine datenschutzrechtliche Einwilligung des betroffenen Nutzers i.S.d. Art. 6 Abs. 1 Buchst. a) DSGVO er hoben und genutzt werden. Fehlt diese, bleibt nur derWeg über den vermietenden Wohnungseigentümer zur Unterrichtung des Mieters eröffnet. Die imZusammenhangmit der Erfüllung der Informationspflichten gem. § 6a HeizkostenV entstehenden Kosten sind gem. § 7 Abs. 2 HeizkostenV (auf den Mieter umlegbare) Betriebskosten nach den Verteilungsmaßstäben der §§ 7-9 HeizkostenV. VI. Fazit Wie aufgezeigt, ergibt sich aus den Neu regelungen der HeizkostenV ein erheb licher bürokratischer und insbesondere ein den Immobilienverwalter belasten der Aufwand, für welchen der Verwalter zu Recht ein gesonderte Vergütung verlangen wird. 5. Kostenumlage auf die Wohnungs eigentümer

der Einführung fernablesbarer Ver brauchsausstattungen nebst zeitnaher Information der Nutzer über ihr Ver brauchsverhalten verfolgten Zweck des Klimaschutzes enge Grenzen. Es bleibt zu hoffen, dass sich insbesondere die Mitteilung der monatlichenVerbrauch sinformationen auf digitalem Wege durchsetzt, damit nicht ausgerechnet imNamen der Co2-Reduktionmonatlich Millionen von Briefen versandt werden müssen. Nicht umsonst hat der Bundesrat durch gesetzt, dass die Bundesregierung die Auswirkungen und den Nutzen der Re gelungen des § 5 Abs. 2, 5 u. 6 Heizko stenV drei Jahre nach dem1.12.2021 zu evaluieren hat. Der spätestens am 31.8.2025 zu veröf fentlichende Evaluierungsbericht darf mit Spannung erwartet werden.

Zudem setzt der Datenschutz dem mit

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››› Aktuelles ‹‹‹ von RAin Cathrin Fuhrländer Klagen kann ich, oder?

schaft und nur ihr gegenüber als Organ berechtigt und verpflichtet. Eine Rechts beziehung zwischen den einzelnen Ei gentümern und dem Verwalter gibt es nicht mehr. Der einzelne Eigentümer ist nicht mehr in den Schutzbereich des Verwaltervertrages einbezogen. Ansprü che auf Beschlussumsetzung oder Scha densersatzansprüche (etwa ein Feuch tigkeitsschaden in der Wohnung des Eigentümers E, weil diemaroden Fenster trotz Beschlussfassung mangels Beauf tragung durch denVerwalter nicht aus getauscht wurden) richten sich zukünf tig nur noch gegen die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer. Diese wie derum können nach entsprechender Beschlussfassung den Verwalter in Re gress nehmen. Der Anspruch des Eigentümers auf Ein sicht in die Verwaltungsunterlagen war auch vor der WEG-Reform anerkannt, wenn auch nicht gesetzlich verankert und konnte unmittelbar gegen denVer walter auch gerichtlich durchgesetzt werden. Der Gesetzgeber hat dieses Recht nun in § 18 Abs. 4 WEG ausdrücklich aufge nommen. Allerdings zeigt sich auf hier die Auswirkung der neuen rechtlichen Beziehungen zwischen demEigentümer, dem Verwalter und der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer. Der amtie rende Verwalter nimmt zwar als Vertre ter der Gemeinschaft sämtlicheVerwal tungsunterlagen in Besitz und verwahrt diese treuhänderisch für die Dauer sei nes Amtes. Er kann jedoch trotz dieses Umstandes nicht unmittelbar gerichtlich in Anspruch genommen werden, wenn er einemEigentümer die Einsicht pflicht widrig verweigert. Der Eigentümer muss seinen Anspruch an die Gemeinschaft der Wohnungsei- 3. Recht auf Einsicht in die Belege. Aber wie?

Das Wohnungseigentumsmodernisie rungsgesetzes (WEMoG) hat eine Reihe von Neuerungenmit sich gebracht. Eine der ganz wesentlichen Veränderung wirkt sich auf die rechtlichen Beziehun gen zwischen den Wohnungseigentü mern, der Gemeinschaft derWohnungs eigentümer (WEG) und dem Verwalter aus. Der einzelne Eigentümer ist zukünf tig stark auf die Gemeinschaft angewie sen, wenn er seine Rechte durchsetzen möchte. 1. Mein Nachbar stört! Bis zurWEG-Reformkonnte jeder Eigen tümer seine Rechte individuell verfolgen. War der Nachbar zu laut oder hatte er ohne Genehmigung eineMarkise ange bracht, so konnte sich der einzelne Ei gentümer hiergegen auch gerichtlich zur Wehr setzen, ohne sich mit der Ge meinschaft der Wohnungseigentümer abzusprechen. Durch die neue Strukturierung desWEG seit dem01.12.2020 hat sich dies grund legend geändert. Oblag zumalten Recht dieVerwaltung des gemeinschaftlichen Eigentum nach § 20WEG a.F. denWoh nungseigentümern gemeinschaftlich, so ist nun nach § 18 WEG die Gemein schaft derWohnungseigentümer für die Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums zuständig. Auch wenn diese Änderung im Wortlaut kaum auffallen mag, so ist dies entscheidend für die Frage, wer nun was von wem fordern kann. Die Gemeinschaft derWohnungseigen tümer ist nun das zentrale Organ. Alle Rechte und Pflichten im Rahmen der Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums sind durch diese auszuüben und sie nimmt alle Rechte in diesem Zusammenhang wahr sowie die Rechte der Eigentümer, die eine gemeinsame Verfolgung erforderlich machen, §§ 9a Abs. 2, 18 WEG. Der Verwalter ist das

ausführende Organ der Gemeinschaft mit nahezu umfassender Vertretungs macht im Außenverhältnis, § 9b Abs. 1 WEG. Aufgrundder vorgenanntenÄnderungen können Störungen des gemeinschaftli chen Eigentums (etwa ungenehmigt angebrachte Markise an der Fassade, zweckwidrige Nutzung einer Sonderei gentumseinheit etc.) durch den Woh nungseigentümer aufgrund § 9a Abs. 2 WEG nicht mehr wie bisher im eigenen Namen auch gerichtlich verfolgt werden, sondern nur noch durch die Gemein schaft. Lehnt diese eine solche Verfol gung gegen den Störer ab, so kann der Wohnungseigentümer ein Ziel nur noch über eine Anfechtungsklage verbunden mit einer Beschlussersetzungsklage nach § 44 WEG weiterverfolgen. Lediglich in Fällen, in denen sich die Störung imSondereigentumeinesWoh nungseigentümers auswirkt, wie dies überwiegend bei Lärmbelästigungen der Fall sein wird, darf die Gemeinschaft mangels Beschlusskompetenz nicht tä tig werden, so dass die Verfolgung wie derum dem sich gestört fühlenden Ei gentümer obliegt (vgl. BGH v. 24.1.2020 – V ZR 295/16). Die Gemeinschaft beschließt den Aus tausch des Fensters in derWohnung des Eigentümers E. Der Verwalter beauftragt aber das ausgewählte Unternehmen nicht. E will gegen den Verwalter vor gehen. Sofern dies vor derWEG-Reform noch möglich war und der Eigentümer eigene Ansprüche gegen denVerwalter auf Beschlussumsetzung und Schadens ersatz hatte (vgl. noch BGH v. 15.2.19 –V ZR 71/18), so ist dies nun nicht mehr der Fall. 2. Der Verwalter wird nicht tätig, was nun?

Der Verwalter ist Vertreter der Gemein

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gentümer richten und diese verklagen. Die Gemeinschaft muss dannwiederum ihren Verwalter als Vertreter anweisen, die Einsicht zu gewähren. 4. Fliesen kaputt, die WEG richtet es, oder? Wenn im Zuge einer Maßnahme der Gemeinschaft zur Behebung eines Scha dens am gemeinschaftliche Eigentum eine Beschädigung oder Zerstörung des Sondereigentums notwendig wurde, etwa das Entfernen der Fliesen im Ba dezimmer der Eigentümer bei einer Strangsanierung, somusste die Gemein schaft bislang den vorherigen Zustand auf Kosten der Gemeinschaft wieder herstellen. Die Gemeinschaft hatte daher dafür Sorge zu tragen, dass die Fliesen wieder aufgebracht wurden. Der Eigen tümer selbst musste nichts weiter ver anlassen. § 14 Abs. 3 WEG sieht einen solchen Wiederherstellungsanspruch nun nicht mehr vor, sondern nur noch einen an gemessenen Ausgleich in Geld. Zudem wird sich der Eigentümer in diesen Fäl len einen Abzug „neu für alt“ gefallen lassen. Je älter daher in dem obigen Beispiel die Fliesen bereits sind, desto höher ist der Abzug, da derWohnungs eigentümer durch die Maßnahme der Gemeinschaft nicht bessergestellt wer den soll. Der Eigentümer muss also bei diesenMaßnahmen selbst tätig werden und dafür Sorge tragen, dass sein Bade zimmer wieder vollständig gefliest wird. Die aufgezeigten Beispiele und damit verbundene Neustrukturierung der Rechtsansprüche untereinander zeigen deutlich, dass eine kleine Änderung des Wortlautes imGesetz sehr weitreichen de Folgen für den einzelnen Eigentümer hat. Frei nach dem Motto: „Kleine Ursa che, große Wirkung!“

Fachanwältin für Miet- und Wohnungseigentumsrecht in der Kanzlei WIR Jennißen und Partner mbB in Köln und seit vielen Jahren eine erfolgreiche Referentin für verschiedene Themen des WEG-Rechts. RAin Cathrin Fuhrländer

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Prozessführungsbefugnis bei Unterlassungs und Beseitigungsansprüchen? i ››› Aktuelles ‹‹‹ von Massimo Füllbeck

1. Die Klägerin machte – aus Ihrer Sicht – eine Beeinträchtigung des Sonderei gentums geltend, da sie die barrierefrei Erreichbarkeit des Hinterhauses errei chen wolle. 2. Die Klägerin hat die Klage vor der WEGReform2020 (in Kraft seit 1.12.2020) eingereicht. Die Entscheidung des Gerichts: Der BGH bejahte im vorliegenden Fall die Prozessführungsbefugnis der Kläge rin, denn er hat für die bereits vor dem 1. Dezember 2020 bei Gericht anhängi gen Verfahren entschieden, dass die Prozessführungsbefugnis eines Woh nungseigentümers, der sich aus dem gemeinschaftlichen Eigentumergeben de Rechte geltend macht, über diesen Zeitpunkt hinaus in Anwendung des Rechtsgedankens des § 48 Abs. 5 WEG fortbesteht, bis demGericht eine schrift liche Äußerung des nach § 9bWEG ver tretungsberechtigtenOrgans über einen entgegenstehenden Willen der Woh nungseigentümergemeinschaft zur Kenntnis gebracht wird (BGH, Urteil vom 7. Mai 2021 - V ZR 299/19, NZM 2021, 561 Rn. 12 ff.). Eine konkrete schriftliche Äußerung der WEG, dass die Klägerin den Prozess nicht führen darf, gab es im vorliegenden Fall nicht. Nach denVorschriften des neuen WEG (seit 1.12.2020) wäre die Klägerin allerdings nicht prozessführungsbefugt gewesen, da Unterlassungs- und Besei tigungsansprüche in Bezug auf das Ge meinschaftseigentumnur noch von der Wohnungseigentümergemeinschaft geltend gemacht werden können. Praxis-Tipp: Nach der zum1. Dezember 2020 in Kraft getretenen Neufassung desWohnungs eigentumsgesetzes kann einWohnungs eigentümer Unterlassungs- oder Besei tigungsansprüche gemäß § 1004 BGB und § 14 Abs. 2 Nr. 1 WEG, die auf die Abwehr von Störungen im räumlichen

Beeinträchtigen oder erschweren ande re Wohnungseigentümer oder Dritte den Zugang zumSondereigentumdurch Hindernisse im Bereich des gemein schaftlichen Eigentums, können Unter lassungs- oder Beseitigungsansprüche gemäß § 9a Abs. 2WEG allein durch die Gemeinschaft derWohnungseigentümer geltend gemacht werden; das gilt auch dann, wenn die Hindernisse brand schutzrechtlich unzulässig sind (hier: Halten in einer Feuerwehrzufahrt). Der Fall: Die in Hessen gelegene Anlage besteht aus mehreren Gebäuden. DieWohnung der Klägerin befindet sich im Dachge schoss des Hinterhofgebäudes. Die Be klagte betreibt als Mieterin einer Teilei gentumseinheit im Vorderhaus einen Supermarkt. In den Hinterhof gelangen Fußgänger entweder über eine Durch fahrt, die als Feuerwehrzufahrt dient („Rampe“), oder über einen daneben liegenden Fußweg mit mehreren Trep penstufen. Derzeit nutzt die Beklagte die Feuerwehrzufahrt zweimal wöchent lich für die Dauer von jeweils eineinhalb Stunden zur Anlieferung vonWaren. Da die Lieferfahrzeuge die stufenlose Ram pe auf der gesamten Breite blockieren, kann die gehbehinderte Klägerin in dieser Zeit nur über den Fußweg mit den Treppenstufen zu ihrer Wohnung gelangen. Die Bauaufsichtsbehörde lehnt ein Einschreiten ab. Mit der Klage will die Klägerin erreichen, dass die Beklag te die Benutzung der Zufahrt unterlässt. Das Problem: Im Grundsatz stellte sich zunächst die Frage, ob die Klägerin – in Hinblick dar auf, dass zwischenzeitlich die umfang reiche Novellierung des WEG in Kraft getrennt ist – prozessführungsbefugt war. Zwei Aspekte waren für den hier zu besprechenden Fall interessant: BGH, Urteil vom 28. Januar 2022 - V ZR 106/21

Bereich seines Sondereigentums gerich tet sind, weiterhin selbst geltendmachen (z. B. Ruhestörung, Gerüche etc.). Im Umkehrschluss bedeutet dies aber auch, dass die WEG – vertreten durch den Verwalter – nicht für Störungen innerhalb derWohnung zuständig sind bzw. recht lich keine Möglichkeiten haben, den Wohnungseigentümer zu unterstützen.

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