BEIRATaktuell_62
BeiratAktuell 62
BEIRATAKTUELL E n t s c h e i d e n d e I n f o r m a t i o n f ü r d e n V e r w a l t u n g s b e i r a t i m Wo h n u n g s e i g e n t u m E i n z e l p r e i s 8 , 5 5 ( i nk l . 7 % USt . )
UPDATE ZUR "NEUEN" BAULICHEN VERÄNDERUNG (Teil II)
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i Grundsteuer-Reform
Ausgabe: 62 Quartal I-22
Wichtige Urteile
Impressum BEIRATaktuell erscheint seit 2006 viertel- jährlich und bietet entscheidende Infor- mation für Verwaltungsbeiräte imWoh- nungseigentum. Herausgeber /Verlag: Massimo Füllbeck Sachverständiger fürWohnungseigentum Sellerbeckstraße 32 45475 Mülheim an der Ruhr
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Verehrte Leserinnen und Leser,
ichmöchte gerne an die letzte Ausgabe anknüpfen und den zweiten Teil bzw. Beitrag von RA Rüdiger Fritsch zur bau- lichen Veränderung präsentieren. Zwischenzeitlich gibt es auch einige Gerichtsentscheidungen, die sich mit verschiedenen Fragestellungen des neu- en Rechts auseinandersetzen, die Herr Dr. Olaf Riecke ausführlich vorstellt. Darüber hinaus möchten wir Sie in die- ser Ausgabe u.a. über die anstehende Grundsteuer-Reform informieren. Jeder Wohnungseigetümer wird in diesem Jahr eine weitere "Steuererklärung" ab- geben müssen, damit die Finanzämter die Daten auswerten bzw. den Grund- steuerwert berechnen können.
Auflage: 5.300 Stück
Preise: Einzelpreis Heft 8,55 EUR, im Jahresabo 12 EUR (4 Ausgaben, inkl. MwSt. ohne Versand), ab 20 Exemplaren Jahresabo 2,40 EUR (4 Ausgaben, exkl. MwSt. und Versand) Datenschutz: Informationen zumDatenschutz finden Sie auf www.beirataktuell.de Urheberrecht: Die veröffentlichten Artikel sind urhe- berrechtlich geschützt. Jede vom deut- schen Urheberrecht nicht zugelassene Verwertung bedarf der vorherigen schrift- lichen Zustimmung des Herausgebers. Dies gilt insbesondere für Vervielfälti- gung, Bearbeitung, Übersetzung, Ein- speicherung, Verarbeitung bzw.Wieder- gabe von Inhalten in Datenbanken oder anderen elektronischen Medien und Systemen. Die unerlaubte Vervielfältigung oder Weitergabe einzelner Artikel oder meh- rerer Seiten ist nicht gestattet und straf- bar. Lediglich die Herstellung von Kopi- en für den persönlichen, privaten und nicht kommerziellenGebrauch ist erlaubt.
Eine anregende Lektüre wünscht Ihnen
Ihr Massimo Füllbeck
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››› Aktuelles ‹‹‹ von RA Rüdiger Fritsch Bauliche Veränderung - neu gedacht - Teil II Das neue Recht der baulichen Veränderung imWohnungseigentum
4. Bauliche Veränderungen am Ge- meinschaftseigentum zugunsten Mehrerer Besonderheiten ergeben sich, wenn mehrere Eigentümer gemeinschaftlich eine baulicheVeränderung vornehmen wollen, da hier die Frage der anteiligen Kostentragung und der gemeinschaft- lichen Nutzung besonders zu bedenken ist. Fall 9: DieWohnanlage besitzt keine Abstell- möglichkeiten für Fahrräder vor dem Hauseingang und der Fahrradkeller ist ständig überbelegt. Die Eigentümer A, B und C stellen da- her den Antrag, auf eigene Kosten einen Fahrradständer mit drei Abstell- möglichkeiten rechts neben demHau- seingang installieren zu dürfen. Die Kostenwollen Sie gerne alleine tragen, und zwar zu je 1/3-Anteil; ebenso wol- len Sie festlegen, dass A die linke, B die mittlere und C die rechte Abstellmög- lichkeit des Fahrradständers nutzen dürfen. Bevor Verwalter V zur Abstimmung schreitet, schärft er den übrigenWoh- nungseigentümern, die alle nichts gegen die Maßnahme einzuwenden haben, sofern sie denn nicht mitbe- zahlenmüssen, ein, sich unbedingt bei der Abstimmung zu enthalten. a) Beschluss zur Tragung der Kosten und Nutzungen WirdmehrerenWohnungseigentümern dieVornahme einer baulichenVerände- rung des Gemeinschaftseigentums gem. § 20 Abs. 1WEG gestattet, so bestimmt § 21 Abs. 3WEG, dass diejenigen Eigen-
tümer, die eine bauliche Veränderung beschließen, alleine die Kosten der Maß- nahme zu tragen haben, allerdings auch alleine die Nutzung beanspruchen dür- fen, wobei hierfür als Maßstab die Grö- ße der Miteigentumsanteile dient. § 21 WEG – Nutzungen und Kosten bei baulichen Veränderungen (3) Die Kosten anderer als der in den Absätzen 1 und 2 bezeichneten bauli- chen Veränderungen haben die Woh- nungseigentümer, die sie beschlossen haben, nach demVerhältnis ihrer Antei- le (§ 16 Absatz 1 Satz 2) zu tragen. Ihnen gebühren die Nutzungen entsprechend § 16 Absatz 1. Hieraus folgt, dass jeder, der mit „JA“ stimmt, die Kosten der Maßnahmen mitzutragen hat. Daher ist denjenigen Eigentümern, die nichts gegen dieMaß- nahme einzuwenden haben, anzuraten sich zu enthalten, weshalbmit den„Ja“- Stimmen der Antragsteller der Mehr- heitsbeschluss zustande kommt und nur die Antragsteller die Kosten zu tra- gen haben. Mit Blick hierauf sind (um spätere Unsicherheit darüber, wer wie abgestimmt hat) die Stimmergebnisse (das Festhalten der Ja-Stimmen reicht aus) namentlich festzuhalten (vgl.: Leh- mann-Richter/Wobst,WEG-Reform2020, § 11 Rn. 1005, 1060 u. 1110; SEHR/Ab- ramenko, dieWEG-Reform 2020, § 5 Rn. 107). Da eine Kostenbeteiligung sowie eine Nutzung nach Miteigentumsanteilen regelmäßig als nicht sinnvoll angesehen werden dürfte, bestimmt die Regelung des § 21 Abs. 5 S. 1 WEG, dass mit ein- fachemMehrheitsbeschluss eine Ände- rung herbeigeführt werden kann.
Dabei darf aufgrund § 21 Abs. 3 S. 2WEG nicht vergessen werden, auch die Nut- zung ausdrücklich durch Beschluss zu regeln. § 21 WEG – Nutzungen und Kosten bei baulichen Veränderungen (5) Satz 1: Die Wohnungseigentümer können eine abweichende Verteilung der Kosten und Nutzungen beschließen. b) Das Trittbrettfahrer-Problem Soll mehreren Wohnungseigentümern dieVornahme einer baulichenVerände- rung des Gemeinschaftseigentums gem. § 20 Abs. 1 WEG gestattet werden, so ist im Vorfeld nicht sicher, ob die Ab- stimmung tatsächlich auch so erfolgen wird, wie im Vorfeld zwischen den an- tragstellenden Eigentümernbesprochen. Fall 10: Die Wohnanlage besitzt kein Vordach amHauseingang. Die Eigentümer A, B und C stellen daher den Antrag, auf eigene Kosten ein solches installieren zu dürfen. Die Kosten wollen Sie gerne alleine tragen, und zwar zu je 1/3-An- teil. Als es zu Abstimmung kommt, stimmen A und B mit „Ja“, C enthält sich aber der Stimme. Da § 21 Abs. 3WEG bestimmt, dass die- jenigen Eigentümer, diemit„Ja“ stimmen, alleine die Kosten zu tragen haben, müssten nun A und B das Vordach allei- ne bezahlen. Dabei können Sie es dem C nicht ver- bieten, das Vordach zu nutzen, da dieser den Hauseingang zwingend mitbenut-
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5. Bauliche Veränderungen am Ge- meinschaftseigentum zugunsten der Mehrheit Eine grundlegend andere Betrachtungs- weise ist bei baulichen Veränderungen des Gemeinschaftseigentums geboten, die von der überwiegenden Mehrheit derWohnungseigentümer (ggfls. gegen den Willen des Einzelnen) gewünscht werden. Dabei steht typischerweise das Interes- se der Mehrheit derWohnungseigentü- mer imVordergrund, eine energetische oder sonstige technische Ertüchtigung des Objekts durchzuführen, die entspre- chende Einspareffekte hervorruft. Hierbei wird in aller Regel der Wunsch imVordergrund stehen, dass sich sämt- liche Wohnungseigentümer an den entstehenden Kosten zu beteiligen ha- ben, da sämtliche Eigentümer den Nut- zen aus dem intendierten Einspareffekt ziehen. Fall 11: Die umweltbewusste Mehrzahl der Eigentümer möchte die Fassade des Objekts mit einer Wärmedämmung versehen, umHeizkosten einzusparen. Dabei sollen die entstehenden Kosten von allen Eigentümern getragen wer- den. Eigentümer E meint, man könne ihn nicht durchMehrheitsbeschluss hierzu zwingen. Gem. § 20 Abs. 1WEG ist einMehrheits- beschluss über eine bauliche Verände- rung ohne weiteres möglich, da durch die Anbringung einerWärmedämmung sich keine durchgreifende Umgestaltung derWohnanlage ergeben und auch kei- ne besondere persönliche Benachteili- gung des einzelnen Eigentümers i.S.d. § 20 Abs. 4 WEG in Rede stehen dürfte. Allerdings bestimmt § 21 Abs. 3 WEG, dass grundsätzlich nur diejenigenWoh- nungseigentümer die Kosten einer sol- chen Maßnahme zu tragen haben, die die Maßnahme beschließen. Gem. § 21 Abs. 5 S. 2 WEG ist auch nicht möglich, aa) Bauliche Veränderungen mit Amortisationseffekt
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zen darf. Dabei ist es auch nicht gem. § 21 Abs. 5 WEG rechtmäßig möglich, dem C gleichwohl die Kostentragung mitauf- zuerlegen, da § 21 Abs. 5 S. 2 WEG dies ausschließt. § 21 WEG – Nutzungen und Kosten bei baulichen Veränderungen (5) Satz 2: Durch einen solchen Beschluss dürfen einem Wohnungseigentümer, der nach den vorstehenden Absätzen Kosten nicht zu tragen hat, keine Kosten auferlegt werden. Zur Lösung dieses Problems bieten sich zwei Vorgehensweisen an: Ist, wie im Fall der vorhersehbaren Ent- haltung der Masse der Eigentümer im Falle der Beschlussfassung über die Ge- nehmigungeiner baulichenVeränderung zu Gunsten mehrerer anderer Eigentü- mer, das Abstimmungsverhalten als eindeutig anzusehen, kannderVersamm- lungsleiter das Abstimmungsergebnis ohne Weiteres im Wege des sog. Sub- traktionsverfahrens ermitteln, indem er zuerst die Nein-Stimmen und Enthal- tungen abfragt und sodann feststellt, dass die übrigen, sich bisher nicht äu- ßernden Eigentümer Ja-Stimmen abge- ben (vgl.: BGH, Beschl. v. 19.9.2002 – V ZB 37/02, NJW 2002, 3629). Wird dieses Procedere angewandt, muss der„Trittbrettfahrer“ (imFall 10 Eigentü- mer C) bei der Abfrage der Nein-Stimmen und Enthaltungen„Farbe bekennen“, da seine Stimme ansonsten als Ja-Stimme gewertet wird. aa) Ausnutzung des Subtraktions- prinzips bei der Abstimmung
Stimmt der „Trittbrettfahrer“ mit Nein oder enthält er sich, müssen die übrigen Antragsteller reagierenund sich ebenfalls zumindest enthalten, umeiner alleinigen Kostentragung zu entgehen; der ange- strebte Beschluss scheitert dann aller- dings (vgl.: Lehmann-Richter/Wobst, WEG-Reform 2020, § 11 Rn. 1005, 1060; Dötsch, ZWE 2021, 341). Da der „Trittbrettfahrer“ aber den zur Kostentragung gefassten Beschluss an- fechten könnte, empfiehlt sich hier ver- tretener Auffassung nach (auch bei größeren Versammlungen) eher eine Beschlussfassung unter demVorbehalt, dass das Zustandekommen des Gestat- tungsbeschlusses selbst davon abhängig gemacht wird, dass der Beschluss über die anteilige Kosten- und Nutzenvertei- lung bestandskräftig wird. Vorschlag zur Abstimmung im Fall 10: Die Eigentümerversammlung be- schließt, dass das Zustandekommen des nachfolgend zu Ziff. 1. zur Abstim- mung gestellten Beschlusses über die Gestattung der Errichtung eines Vor- dachs oberhalb des Hauseingangs zugunsten der Eigentümer A, B und C davon abhängig ist, dass der nachfol- gend zu Ziff. 2. zur Abstimmung ge- stellte Beschluss über die Verteilung der Kosten und Nutzungen der vorbe- schlossenen Maßnahme von den Ei- gentümern A, B und C zu je 1/3-Antei- le zustande kommt und bestandskräf- tig wird. bb) Beschlussfassung unter Vorbe- halt
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imVordergrund stehen, dass sich sämtliche Wohnungseigentümer an den entstehenden Kosten zu beteiligen haben.
die nicht positiv abstimmenden Eigen- tümer zur gemeinsamen Kostentragung zu verpflichten. Hierzu regelt indes § 21 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 WEG eine bedeutsame Ausnahme. § 21 WEG – Nutzungen und Kosten bei baulichen Veränderungen (2) Vorbehaltlich des Absatzes 1 haben alle Wohnungseigentümer die Kosten einer baulichenVeränderung nach dem Verhältnis ihrer Anteile (§ 16 Absatz 1 Satz 2) zu tragen, 2. deren Kosten sich innerhalb eines an- gemessenen Zeitraums amortisieren. Gem. § 20 Abs. 1, 21 Abs. 2 S. 1 Nr. 2WEG könnenmit einfacher Mehrheit bei Kos- tentragung sämtlicherWohnungseigen- tümer nach demVerhältnis der Miteigen- tumsanteile bauliche Veränderungen des Gemeinschaftseigentums beschlos- senwerden, deren Kosten sich innerhalb eines angemessenen Zeitraums amor- tisieren. Zur Frage, welcher Zeitraum für die Amor- tisation zugrunde zu legen ist, soll nach der hierzu vertretenen wohl herrschen- den Ansicht auf den zum früheren Recht („modernisierende Instandsetzung“) von der Rechtsprechung vertretenen Zeit- raum von 10 Jahren (wenn auch nicht zwingend, je nach Einzelfall sollen auch 12 bis ca. 15 Jahre möglich sein) abzu- stellen sein. Die Rechtmäßigkeit der Beschlussfassung setzt indes voraus, dass denWohnungs- eigentümern rechtzeitig vor der Eigen- tümerversammlung die Amortisations- berechnung eines Fachmanns vorgelegt wird, da ansonsten der Beschluss ohne taugliche Entscheidungsgrundlage er- folgt (vgl.: Jennißen, WEG, 7. Aufl. 2021, § 21 Rn. 75). Es kann aber auch im Interesse der Mehr- heit der Wohnungseigentümer liegen, eine sich nicht amortisierende bauliche Veränderung am gemeinschaftlichen Eigentum vorzunehmen, so um etwa das Objekt an einen zeitgemäßen Stan- dard anzupassen, denWohnkomfort zu erhöhen oder schlicht die Optik und Anmutung des Objekts zu verbessen. Auch hier wird in aller Regel derWunsch bb) Bauliche Veränderungen ohne Amortisationseffekt
Fall 12: Die in einer demheutigen Zeitgeschmack nicht entsprechenden Farbe gestrichene Fassade des Objekts soll nach demWillen der Mehrzahl der Eigentümer, obgleich ein Neuanstrich objektiv nicht erforderlich ist, in Anwendung eines modernen Farb- kon-zepts neu angestrichen werden, um die Attraktivität des Objekts zu erhöhen. Eigentümer E meint, man könne ihn nicht durchMehrheitsbeschluss hierzu zwingen. . Insbesondere in einem solchen Fall ist gem. § 20 Abs. 1 WEG ein Mehrheitsbeschluss über die damit verbundene bauliche Ver- änderung durch eine Änderung des opti- schen Erscheinungsbilds des Objekts ohne weiteres möglich, da sich durch einen ver- änderten Farbanstrich weder eine durch- greifende Umgestaltung der Wohnanlage ergibt und auch kein Eigentümer unzumut- bar persönlich benachteiligt wird (vgl. § 20 Abs. 4 WEG). Da eine Kostenamortisation i.S.d. § 21 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 WEG durch einen bloßen Neu- anstrich der Fassade aber nicht in Rede stehen dürfte, hätten gem. § 21 Abs. 3 nur diejenigenWohnungseigentümer die Kosten einer solchenMaßnahme zu tragen, welche dieMaßnahme beschließen. Gem. § 21 Abs. 5 S. 2WEG ist auch nicht möglich, die nicht positiv abstimmenden Eigentümer zur ge- meinsamen Kostentragung zu verpflichten. Hierzu regelt indes § 21 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 WEG eine weitere Ausnahme. § 21 WEG – Nutzungen und Kosten bei baulichen Veränderungen (2) Vorbehaltlich des Absatzes 1 haben alle Wohnungseigentümer die Kosten einer baulichen Veränderung nach demVerhält- nis ihrer Anteile (§ 16 Absatz 1 Satz 2) zu tragen, 1. die mit mehr als zwei Dritteln der abge- gebenen Stimmen und der Hälfte aller Miteigentumsanteile beschlossen wurde, es sei denn, die bauliche Veränderung ist mit unverhältnismäßigen Kosten verbun- den,
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(1) Unverhältnismäßigkeit der Kos- ten Die Rechtmäßigkeit eines Beschlusses nach § 21 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 WEG hängt somit davon ab, ob die Kosten der Maß- nahme nicht als unverhältnismäßig an- zusehen sind. Bedauerlicherweise ist der unbestimm- te Rechtsbegriff der „Unverhältnismä- ßigkeit“ vomGesetzgeber nicht konkre- tisiert worden, so dass derzeit vollkom- men unklar ist, wann ein solcher Fall vorliegt. Klar ist lediglich, dass es nicht auf die Frage einer finanziellen Überforderung des einzelnen Eigentümers oder auf dessen besondere Bedürfnisse und Le- bensumstände ankommt. Es soll vielmehr ein anlagenbezogener, objektiv-konkreter Maßstab angewandt werden, dem die besondere Struktur der gesamten Wohnungseigentümer- gemeinschaft zugrunde gelegt werden soll, also die Alters- und Sozialstruktur, Art und Alter der Anlage, deren baulicher Zustand und die finanzielle Leitungsfä- higkeit der Gesamtheit aller Eigentümer. Hieraus soll folgen, dass die Höhe der Kosten nicht unbedingt entscheidend ist, es aber regelmäßig sein dürfte, denn der Umstand, dass die Gesamtheit der Eigentümer sich eine hohe Aufwendun- gen grundsätzlich leisten könnte, soll eine Unverhältnismäßigkeit nicht aus- schließen. Verhältnismäßig sollen indes Aufwen- dungen sein, die einen Baustandard bezwecken, der sich im Vergleich mit anderenWohnanlagen in der Umgebung als üblich darstellt (vgl.: Hügel/Elzer,WEG, 3. Aufl. 2021, § 21 Rn. 26 f.; Jennißen, WEG, 7. Aufl. 2021, § 21 Rn. 46 ff.; Leh- mann-Richter/Wobst,WEG-Reform2020, § 11 Rn. 1071 ff.; SEHR/ Abramenko, Die WEG-Reform 2020, § 5 Rn. 87). (2) Die erforderliche doppelt-quali- fizierte Mehrheit Einweiteres Rechtmäßigkeitserfordernis
stellt das Erreichen einer doppelt-qua- lifizierten Abstimmungsmehrheit dar. In der Rechtsliteratur (Rechtsprechung liegt zu dieser Frage bis dato nicht vor) ist schon umstritten, ob die erforderliche Mehrheit von 2/3 der abgegebenen Stimmen (also ohne Enthaltungen, denn diese stellen keine Stimmabgabe dar, es sei denn, die Gemeinschaftsordnung regelt, dass diese als Nein-Stimmen zu werten seien) zwingend nach dem ge- setzlichen Kopfprinzip (so: Palandt/Wik- ke, BGB, 80. Aufl. 2021, § 21 WEG Rn. 3; Blankenstein,WEG-Reform2020, S. 472) oder nach dem regelmäßig in der Ge- meinschaftsordnung abweichend ver- einbarten Stimmprinzip (Miteigentum- santeile, Anzahl der Einheiten) zu ermit- teln sein soll (so hier vertretener Mei- nung nach zutreffend: Hügel/Elzer,WEG, 3. Aufl. 2021, § 21 Rn. 23 f.; Jennißen, WEG, 7. Aufl. 2021, § 21 Rn. 36; Lehmann- Richter/Wobst, WEG-Reform 2020, § 11 Rn. 1068; SEHR/Abramenko, Die WEG- Reform 2020, § 5 Rn. 85). Umstritten ist weiter, ob sich aus der dem Erfordernis der 2/3-Mehrheit vor- angestelltenWendung„mehr als“ ergibt, dass mehr als 50% sämtlicher Miteigen- tumsanteile zustimmen müssen (so: Palandt/Wicke, BGB, 80. Aufl. 2021, § 21 WEG Rn. 3; Jennißen,WEG, 7. Aufl. 2021, § 21 Rn. 36; Lehmann-Richter/Wobst, WEG-Reform 2020, § 11 Rn. 1069) oder ob mindestens 50% ausreichen (so hier vertretener Meinung nach zutreffend: Hügel/Elzer, WEG, 3. Aufl. 2021, § 21 Rn. 23 f.; SEHR/Abramenko, DieWEG-Reform 2020, § 5 Rn. 85). Auf die Notwendigkeit eines der eigent- lichen Beschlussfassung vorgelagerten Geschäftsordnungsbeschlusses, verglei- che die vorstehenden Ausführungen unter Ziff. 3. Buchst. e) Lit. ee), ist mit Blick auf die obigen Ausführungen be- sonders hinzuweisen. Dabei sind unter Berücksichtigung der sich gleichmehrfach stellenden Proble- cc) Notwendigkeit eines Vorschalt- Geschäftsordnungsbeschlusses
me hier vertretener Auffassung nach auch mehrere solcher Vorschalt-Ge- schäftsordnungsbeschlüsse notwendig. Zunächst ist der Tatsache Rechnung zu tragen, dass vomVerwalter (oder einem anderen Versammlungsleiter) derzeit kaum rechtssicher geklärt werden kann, wie die jeweils erzielte doppelt-qualifi- zierte Mehrheit zu berechnen ist. Weiter kann unsicher sein, ob zu einem gem. § 21 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 WEG inten- dierten Beschluss die notwendige Amor- tisation gegeben ist oder die nach § 21 Abs. 2 S. 1Nr. 1WEG zur Beschlussfassung anstehendeMaßnahmen nicht dochmit unverhältnismäßigen Kosten verbunden ist oder gem. § 20 Abs. 4WEG u.U. doch eine grundlegende Umgestaltung der Wohnanlage bzw. eine unbillige Benach- teiligung einzelner Eigentümer vorliegt. Formulierungsvorschlag für Geschäfts- ordnungsbeschlüsse: Mit Blick auf die durch die Verwaltung mitgeteilten Bedenkenhinweise zum beabsichtigen Beschluss zu TOP […], wonach vom Verwalter nicht sicher festgestellt werden kann, - ob durch die zu gestattende bauliche Veränderung nicht doch eine grund- legende Umgestaltung des Objekts bewirkt bzw. - ob ein nicht zustimmender Eigentü- mer nicht doch gegenüber anderen unbillig benachteiligt sein kann, - ob eine hinreichende Amortisation der Maßnahme gegeben ist oder die Kosten der Maßnahme als unverhält- nismäßig anzusehen sind bzw. - unsicher ist, wie die erforderliche qualifizierte Beschlussmehrheit des § 21 abs. 2 S. 1 Nr. 1 WEG korrekt zu be- rechnen ist - und daher eine Beschlussfassungmit der Anfechtungsklage angegriffen werden kann, was zu einem entspre- chenden Prozess- und Kostenrisiko führen kann, werden der Beschlussfas- sung zu TOP […] folgende Geschäfts- ordnungsbeschlüsse vorangestellt:
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berücksichtigen, dass der Beschluss auch angefochten werden kann, woraus sich für den Verwalter die Frage ergibt, ob er den gefassten Beschluss ungeachtet eines laufenden Beschlussanfechtungs- verfahrens gleichwohl umsetzen soll. Formulierungsvorschlag für einen Ge- schäftsordnungsbeschluss zur Umset- zung: 1. Die Eigentümerversammlung be- schließt, die Verwaltung anzuweisen, die nachfolgend zu TOP […] zur Be- schlussfassung anstehenden Beschlüs- se, sofern als zustande gekommen verkündet werden, ungeachtet einer etwaigen Beschlussklage zu vollziehen. 2. [alternativ] Die Eigentümerversamm- lung, die Verwaltung anzuweisen, die nachfolgend zu TOP […] zur Be- schlussfassung anstehenden Beschlüs- se, sofern als zustande gekommen verkündet werden, erst dann umzu- setzen, wenn die von ihr zu stellende Anfrage beimzuständigen Amtsgericht […], die frühestens 5Wochen nach der Beschluss-fassung zu stellen ist, ergibt, das dort keine gegen die obigen Be- schlüsse oder einen von diesen gerich- tete Beschlussklage anhängig ist. dd) Finanzierung baulicher Verän- derungen i.S.d. § 21 Abs. 2 WEG Gem. § 19 Abs. 2 WEG gehört es zur ordnungsmäßigen Verwaltung des ge- meinschaftlichen Eigentums, für dessen Erhaltung eine angemessene Erhaltungs- rücklage anzusammeln.
Dabei handelt es sich um ein zweckge- bundenes Sondervermögen der Woh- nungseigentümergemeinschaft, welches nicht zur Finanzierung anderer Maßnah- men als solcher der Erhaltung des Ge- meinschaftseigentums zweckentfremdet werden darf. Die Finanzierung baulicher Veränderun- gen, auch solcher, die zu Kosten sämt- licherWohnungseigentümer gem. § 21 Abs. 2 WEG beschlossen werden, unter Inanspruchnahme der Mittel der Erhal- tungsrücklage ist somit rechtswidrig (vgl.: Hügel/Elzer, WEG, 3. Aufl. 2021, § 19 Rn. 141 ff., 166). Die Finanzierung baulicher Veränderun- gen kommt daher grundsätzlich nur durch Erhebung einer Sonderumlage zu Lasten des kostentragungspflichtigen Wohnungseigentümer oder im Wege einer Darlehensaufnahme der Woh- nungseigentümergemeinschaft in Frage. Denkbar ist zwar, eine ausreichend hoch bemessene, absehbar nicht einzuset- zende Erhaltungsrücklage in Ansehung des nicht benötigen Kapitals durch Be- schluss der Eigentümerversammlung in eine„Modernisierungsrücklage“ umzu- widmen und zur Finanzierung einer baulichen Veränderung i.S.d. § 20 Abs. 2WEG einzusetzen, in der Praxis dürfte dies jedoch (mangels ausreichend vor- handener Mittel) die Ausnahme darstel- len. Alternativ besteht auch die Befugnis, für solche Zwecke vorgreiflich eine geson- derte Rücklage anzusparen (vgl.: Dötsch, ZWE 2018, 61).
1. Die Eigentümerversammlung be- schließt, die Verwaltung anzuweisen, die nachfolgend zu TOP […] zur Be- schlussfassung anstehenden Beschlüs- se, sofern diese mehrheitlich gefasst werden, als zustande gekommen zu verkünden. 2. Die Eigentümerversammlung be- schließt insbesondere, die nachfolgend zu TOP […] zur Beschlussfassung vor- gesehenen Beschlüsse dann als mehr- heitlich zustande gekommen i.S.d. § 21 Abs. 2 S. 1 Nr. 1WEG zu verkünden, wenn diese mit einer Mehrheit von mehr als 2/3 der abgegebenen Stim- men (berechnet nach Miteigentums- anteilen gemäß der Regelung unter Ziff. [...] der Gemeinschaftsordnung), die zugleich mindestens die Hälfte aller Miteigentumsanteile repräsentie- ren, gefasst werden. Ferner ist auf das oben beschriebene „Trittbrettfahrer“-Problemhinzuweisen, da denkbar ist, dass einzelneWohnungs- eigentümer entgegen ihrer bisherigen Ankündigung nicht positiv abstimmen, wodurch eine nach § 21 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 WEG erforderliche Mehrheit verfehlt werden kann, dies mit der Folge der Kostentragung nur durch die positiv abstimmenden Eigentümer gem. § 20 Abs. 3 WEG. Auf die vorgeschlagene bedingte Beschlussfassung gem. obiger Ziff. 4. Buchst. b) ist sinngemäß zu ver- weisen. Auch ist für den Fall des positiven Zu- standekommens des Beschlusses zu
Unsere Autoren
- Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht, Schwerpunkt: Wohnungseigentums- und Mietrecht sowie Makler- und Bauträgerrecht - Praktiker, Fachautor und Referent namhafter Tagungsveranstaltungen www.krall-kalkum.de RA Rüdiger Fritsch
Dr. Olaf Riecke
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• Schriftleiter ZMR • Richter am Amtsgericht Hamburg-Blankenese a. D. • Schwerpunkt: Miet- und Wohnungseigentumsrecht
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6. Fazit Ungeachtet der begrüßenswerten Lok- kerung der Vorschriften zur Gestattung bzw. Durchführung baulicher Verände- rungen am gemeinschaftlichen Eigen- tum sollte, da naturgemäß valide höchstrichterliche Rechtsprechung zu den vorstehend angesprochenen viel- fältigen Problemen noch nicht vorliegt, von den durch die §§ 20, 21 WEG ge- schaffenen Möglichkeiten mit Vorsicht Gebrauch gemacht werden.
7. Aktuelle Rechtsprechung Nach einer Reformmussman zunächst mit vielen AG-Urteilen rechnen, bevor sich irgendwann der BGH zu den ver- schiedenen Problemen und Frage- stellungen äußern kann. Nachfolgend finden Sie einige wich- tige Entscheidungen, die in den letz- ten Tagen veröffentlicht wurden:
››› Aktuelle Rechtsprechung ‹‹‹ von Dr. Olaf Riecke Gestattung des bloßen Einbaus eines Klimageräts auf eigene Kosten
Die Gestattung (nur/allein) des Einbaus eines Klimageräts unter demVorbehalt, dass Ansprüche wegen störender Emis- sionen unberührt bleiben, scheitert nicht an § 20 Abs. 4 WEG. Der Einbau der Kli- maanlage als solcher bewirkt noch kei- ne Nachteile für die Miteigentümerin; diese können erst mit dem Betrieb der Klimaanlage entstehen. AG Ludwigshafen, Urteil vom26.01.2022 - 2p C 88/21 Der Fall: Am25.08.2021 wurde beschlossen: "Der Eigentümer B derWhg. Nr. 12, beabsich- tigt folgendeMaßnahme durchzuführen: Aufstellung eines Klimagerätes in Form eines Splitgerätes. Das Außengerät wird auf dem Balkonboden … aufgestellt. Damit eine Verbindung (Leitungen / Kabel) zum Gerät im Inneren der Woh- nung hergestellt werden kann, erfolgt eine Bohrung durch die Fassade und das Fensterelement. Die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer erklärt aus- drücklich, dass sie diese Maßnahme gestatten will. 1.Der Eigentümer B verpflichtet sich, den Beschluss erst nach Ablauf der mög-
lichen Anfechtungsfrist umzusetzen. 2. Bwird alle etwaigen Kosten, die durch eine etwaige Anfechtung der Gemein- schaft entstehen könnten, übernehmen. 3. B wird alle Kosten, die mit der Maß- nahme in technischer und sonstiger Weise verbunden sind, einschließlich etwaiger öffentlich-rechtlicher Gebüh- ren, Abnahmekosten, Gutachten etc. übernehmen. B verpflichtet sich darüber hinaus alle durch die gestattete Maß- nahme entstehenden Unterhaltskosten zu übernehmen. …“ Das Problem: Die anfechtende Sondereigentümerin rechnet sowohl tagsüber als auch nachts mit nicht unerheblichen Lärmbelästi- gungen sowie einemWärmestau. Die Entscheidung: Der Einbau einer Klimaanlage stellt eine bauliche Veränderung dar, die gemäß § 20 Abs. 1WEGmit einfacher Mehrheit beschlossen werden kann. Sie ist nicht gemäß § 20 Abs. 2WEG privilegiert, und auch nicht gemäß § 20 Abs. 4, 1. Altern. WEG ausgeschlossen. § 20 Abs. 4, 2. Altern. WEG steht auch nicht entgegen. Eine unbillige Benach- teiligung liegt dann vor, wenn einem
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Miteigentümer Nachteile zugemutet werden, die bei wertender Betrachtung nicht durch die mit der baulichen Ver- änderung bezweckten Vorteile ausge- glichen werden. Es gilt demnach zwischen den Interessen der Eigentümer B, die den Einbau wün- schen und davon profitieren und den Nachteilen der Anfechtenden, die von dem Einbauen Nachteile in Form von LärmundWärmezufuhr erwartet, abzu- wägen. Mit dem Einbau der Klimaanlage als solchem sind noch keine Nachteile ver- bunden, sondern frühstens mit deren Betrieb. Zwar ist der Einbau-Beschluss gleichzeitig als Gestattung des Betriebs auszulegen, jedoch unterliegt dieser gemäß § 14 Abs. 2 Nr. 1WEG Einschrän- kungen zum Schutz der übrigen Mitei- gentümer. Da zumZeitpunkt der Beschlussfassung über die Genehmigung des Klimagerä- tes die konkreten Auswirkungen auf die umliegendenWohnungen nicht bekannt sind und wegen der Vielzahl von Fakto- ren die für die Fragen der Lärmübertra- gung und Bildung eines Wärmestaus relevant sind, nicht prognostiziert wer- den können, ist der Umfang der tatsäch- lichen Nutzung des Klimagerätes ggf. nachgelagert zum Einbau zu regeln. Da der Beschluss keine Vorgaben be- züglich der gestatteten Emissionen be- inhaltet, die Abwehrrechte der übrigen Eigentümer aus § 14 Abs. 2 WEG unbe- rührt lässt und das Kostenrisiko aus- schließlich die Eigentümer B tragen, stellt die Beschlussfassung keinen Ver- stoß gegen § 20 Abs. 4 WEG dar und wahrt die Grundsätze der ordnungsmä- ßigen Verwaltung.
Praxis-Tipp: Eine solcher Beschluss ist ob seiner Unbe- stimmtheit streitanfällig. Der maximal zulässige Lärmpegel oder die maximal erlaubteWärmeabgabe – gemes- sen in der Nachbarwohnung - hätten besser gleich mitgeregelt werden sollen.
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››› Aktuelle Rechtsprechung ‹‹‹ von Dr. Olaf Riecke Beschlossenes Verbot von Abstellen von Elektroautos in der Tiefgarage
Ein Beschluss der Eigentümerversamm- lung, der das Abstellen von Elektro- Autos in der Tiefgarage bis auf weiteres untersagt, macht den individuellen Rechtsanspruch des § 20 Abs. 2 Nr. 2 WEG zunichte und verstößt damit gegen einwesentliches gesetzgeberisches Ziel der WEG-Reform. Ein solcher Beschluss verstößt gegen die Grundsätze ordnungsgemäßer Ver- waltung, auch wenn man zu Gunsten derWohnungseigentümergemeinschaft als wahr unterstellt, dass die Brandge- fahr bei Elektrofahrzeugen größer ist als bei den Fahrzeugenmit Verbrennungs- motor. AG Wiesbaden, Urteil vom 04.02.2022, 92 C 2541/21 Der Fall: Die Eigentümerin des Sondereigentums an einer Erdgeschosswohnung verbun- den mit dem Sondernutzungsrecht an einem Tiefgaragenstellpatz - auf dem ein Hybridfahrzeug geparkt wurde - er- hob Anfechtungsklage gegen dieWoh- nungseigentümergemeinschaft (WEG) wegen folgenden Beschlusses: Das Abstellen von E-Autos in der Tiefgarage wird bis auf weiteres untersagt. Das Problem: Rechtfertigen die nachfolgenden Fragen ein zumindest temporäres Nutzungs- verbot für E-Fahrzeuge qua Mehrheits- beschluss? Besteht die Gefahr, dass sich die Lithi- umIonen-Batterien, mit denen Elektro- Fahrzeuge betrieben werden, entzün- den? Ist die Dauer des Brandverlaufs dann länger als bei einem Benzinmo- torbrand? Kann ein eventueller Brand einer solchen Batterie - im Gegensatz zu einemBenzinmotorbrand - nicht mit Löschschaum gelöscht werden? Muss ein Elektrofahrzeug ansonsten imBrand- fall durch die Feuerwehr in einen Con- tainer gezogen werden, umdort auszu- brennen? Ist das Hineinfahrenmit einem
solchen Container in der Tiefgarage des Anwesens nicht möglich? Müsste in ei- nem Brandfall das Elektroauto in der Tiefgarage ausbrennen? Die Entscheidung: Ein solcher Beschluss über eine Nut- zungsregelung ist nur nichtig, wenn er das Sondernutzungsrecht„aushöhlt“ (s. Hügel/Elzer„WEG“ 3. Aufl. 2021, § 23 Rn. 8, Stichwort „Sondernutzungsrecht“), diese Grenze wird jedoch hier nicht überschritten, da nur das Abstellen be- stimmter Fahrzeuge untersagt wird, so dass die zweckbestimmte Nutzung der Sondernutzungsfläche als Pkw-Abstell- fläche erhalten bleibt. Der angegriffene Beschluss verstößt jedoch gegen die Grundsätze ordnungs- mäßiger Verwaltung. Mit demWEMoGwurde jedemeinzelnen Wohnungseigentümer ein individuelles Recht auf die Gestattung baulicher Maß- nahmen, die dem Laden elektrisch be- triebener Fahrzeuge dienen, gegeben (§ 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 WEG). Dieser individuelle Anspruch, der nicht ab- dingbar ist, würde durch den angegrif- fenen Beschluss ins Leere laufen. Der einzelneWohnungseigentümer könnte zwar die Installation einer Lademög- lichkeit erzwingen, könnte sie jedoch anschließend nicht nutzen. Damit ver- stößt der angegriffene Beschluss gegen einwesentliches gesetzgeberisches Ziel der WEG-Reform, da die Schaffung von Ladeinfrastruktur die „Triebfeder“ der WEG-Reformwar (so Dötsch/ Schultzky/ Zschieschack,„WEG-Recht 2021“, Kap. 6 Rn. 169) undmacht einen individuellen Rechtsanspruch zunichte. Dies gilt selbst dann, wenn man zu Gunsten der Be- schließenden die behauptete besonde- re Brandgefahr von Elektrofahrzeugen als wahr unterstellt. Praxis-Tipp: Ein prophylaktisches Verbot der Nut- zung der Tiefgarage durch Elektro-Fahr- zeuge kann bei einem„Zitterbeschluss“
mangels fristgerechter Anfechtung in Bestandskraft erwachsen. Für einen solchen ordnungswidrigen Eigentümerbeschluss besteht jedenfalls Beschlusskompetenz. Trotzdem sollte nicht versucht werden, die Hauptziele desWEMoG durch solche Beschlüsse zu konterkarieren. Auch Gründe der Verkehrssicherungs- pflicht rechtfertigen das beschlossene Nutzungsverbot nicht.
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››› Aktuelles ‹‹‹ von Massimo Füllbeck Update zur Grundsteuer-Reform i
Grundlagen der Grundsteuerreform Das Bundesverfassungsgericht hatte am 10.4.2018 entschieden, dass die Vor- schriften zur Einheitsbewertung jeden- falls seit dem Beginn des Jahres 2002 mit demallgemeinen Gleichheitsgrund- satz (Art. 3 Abs. 1 GG) unvereinbar sind. Der Gesetzgeber wurde verpflichtet, spätestens bis zum31.12.2019 eine Neu- regelung zu treffen, wobei das Bundes- verfassungsgericht die Fortgeltung der alten Regelung bis zum 31.12.2024 an- ordnete. Mit verschiedenen Gesetzespaketen im Jahr 2019 wurde die Neuregelung für die Grundsteuer auf Bundesebene be- schlossen, wobei es für die Bundesländer eine sog. Länderöffnungsklausel gibt. Es ist daher wichtig, dass stets geprüft wird, welche Regelungen in dem jewei- ligen Bundesland gelten. Die Website: www.grundsteuerrefom. de ist dabei behilflich. Über verschiede- ne Links erhält man Zugang zu den Informationsseiten zur Grundsteuer der jeweiligen Bundesländer. Hier finden sich z. B. auch Hinweise darauf, wo und wie der jeweilige Bodenrichtwert zu finden ist bzw. abgelesen werden kann. Das bisherige Verfahren zur Ermittlung der Grundsteuer bleibt allerdings erhal- ten, wie folgt: • Grundsteuerwert x Steuermesszahl x Hebesatz = Grundsteuer • Hinweise: Grundsteuerwert ermittelt das Finanzamt anhand einer Fest- stellungserklärung, Steuermesszahl gesetzlich festgelegt, Hebesatz legt die Stadt bzw. Gemeinde fest. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Grundsteuerreform vorrangig den Grundsteuerwert betrifft.
Berechnungsmodell bis 2024 Zur Berechnung des Grundsteuer-Ein- heitswerts ziehen die Finanzämter bis 2024 entweder das Ertragswert- oder das Sachwertverfahren heran. Die ver- wendeten Formeln enthielten allerdings ältere Zahlen, welche in der heutigen Zeit zu keiner vernünftigen Grundlage bzw. Bewertung führt. Berechnungsmodell ab 2025 und was müssen Grundstückseigentü- mer jetzt tun? Ab dem1.1.2025 (Feststellungerklärung zur Ermittlung des Grundsteuerwertes auf den 1. Januar 2022) werden bebau- te Grundstücke künftig nur noch mit- hilfe des Ertragswertverfahrens bewer- tet. Dafür multiplizieren die Finanzämter die neu festgestellte statistische Nettokalt- miete mit dem Immobilienwert, der ab 2025 aus folgenden Kriterien gebildet wird: • Lage des Grundstücks • Grundstücksfläche • Bodenrichtwert Die vorgenannten Angaben übermitteln Grundstückseigentümer*innen in einer Feststellungerklärung ihremFinanzamt. Entscheidend für alle Angaben ist dabei der Stand zum Stichtag 1. Januar 2022. Auf der Seite des Bundesfinanzministe- rium (und dann auch bei den jeweiligen Bundesländern) gibt es folgende Hin- weise: „Grundstückseigentümer*innenmüssen nicht bereits zum 1. Januar 2022 aktiv werden. Die Aufforderung zur Abgabe der Feststellungserklärung wird voraus- sichtlich Ende März 2022 durch öffent- liche Bekanntmachung erfolgen. Die • Gebäudeart • Wohnfläche • Baujahr des Gebäudes
elektronisch abzugebende Feststellungs- erklärung können ab 1. Juli 2022 über die Steuer-Onlineplattform ELSTER ein- gereicht werden. Die Abgabefrist läuft nach derzeitigem Stand bis zum 31. Oktober 2022. Die Länder werden die rechtzeitige und vollständige Erklärungs- abgabe mit weiteren Informationen unterstützen.“ (https://www.bundesfinanzministerium.de/Con- tent/DE/Standardartikel/Themen/Steuern/Steu- erarten/Grundsteuer-und-Grunderwerbsteuer/ reform-der-grundsteuer.html) Sind die WEG-Verwalter auskunfts- pflichtig? Der/dieWEG-Verwalter*innen sind nicht für die Anzeige der erforderlichen Daten zuständig. Dies ergibt sich nach hier vertretener Auffassung aus den gesetz- lichen Regelungen (Grundsteuerre- formgesetz = GrStRefG): § 228 GrStRefG - Erklärung- und Anzeigepflichten (…) von dem Steuerpflichtigen, dem diewirtschaftliche Einheit zuzurechnen ist (…)
§ 243 Abs. 1 GrStRefG - Begriff des Grundvermögens Nr. 3: Zum Grundvermögen gehören das Wohnungs- und Teileigentum
§ 244 GrStRefG - Grundstück Jedewirtschaftliche Einheit des Grund- vermögens bildet ein Grundstück im Sinne dieses Abschnitts. Als Grundstück gelten auch jedes Wohnungs- und Teileigentum.
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Der WEG-Verwalter*innen vertritt als Organ die Wohnungseigentümerge- meinschaft, die nicht steuerpflichtig ist. Selbstverständlich besteht dieMöglich- keit, dass die WEG-Verwalter*innen die Wohnungseigentümer*innen gegen gesondertes Honorar unterstützen. Auf den jeweiligenWebseiten der Bun- desländer wird teilweise darauf hinge- wiesen, dass Steuerberater*innen und Hausverwaltungen (z. B. www.finanz- verwaltung.nrw.de/de/die-grundsteu- erreform-nordrhein-westfalen) befugt sind, Hilfe in Steuersachen zu leisten. In der WEG-Verwaltung macht eine Be- fugnis bzw. Unterstützung allerdings überhaupt keinen Sinn, denn wenn ein WEG-Verwalter*in z. B. 1.000Wohnungs- eigentümer "verwaltet", müsste er/sie proWohnungseigentümer (Steuerpflich- te) die Meldung beim Finanzamt in elektronsicher Formüber Elster abgeben. Hiervon ist jedem WEG-Verwalter*in abzuraten. Die WEG-Verwaltungen können aller- dings – gegen gesonderte Vergütung – ein Infoblatt erstellen – ggf. unter Zu- hilfenahme eine Steuerberaters, wobei sich hier schon die Frage stellt, ob die damit verbundenen Kosten in der WEG ordnungsmäßiger Verwaltung entspre- chen. Bei der Verwaltung von Mietshäusern bzw. Sondereigentumsverwaltung (z. B. der Verwaltung einer Eigentumswoh- nung) kommt es auf den Verwalterver- trag zwischen demEigentümer und der Verwaltung an. Nach hier vertretender Ansicht wäre es ratsam, soweit die Dienstleistung aus dem Verwaltervertrag zu erbringen ist, Sind die Mietverwalter auskunfts- pflichtig?
dem jeweiligen Steuerberater des Ei- gentümers die erforderlichen Daten zu übermitteln. In der Regel wird der je- weilige Steuerberater gegen entspre- chendes Honorar die Meldung für den steuerpflichtigen Eigentümer beim Fi- nanzamt vornehmen. Fazit Diverse Experten befürchten jetzt schon ein „Datenchaos“. Die WEG-Verwaltungen haben mit der Grundsteuerreformnichts zu tun, können aber sicherlich – gegen gesondertes Honorar – ein Infoblatt proWEGmit den Kriterien erstellen, die vom Finanzamt abgefragt werden (ähnlich wie beim Zensus 2022). Bei der Mietverwaltung kommt es auf denVerwaltervertrag an bzw. hier wäre es ohnehin ratsam, dass der jeweilige Steuerberater des steuerpflichtigen Ei- gentümers die Daten an das Finanzamt übermittelt.
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Kosten der Baumfällung sind umlagefähig! i ››› Aktuelles ‹‹‹ von Massimo Füllbeck
Die Kosten der Fällung eines - wie hier - morschen, nicht mehr standsicheren Baums sind grundsätzlich umlagefähige Kosten der Gartenpflege im Sinne von § 2 Nr. 10 BetrKV. BGH, Urteil vom10. November 2021 - Az. VIII ZR 107/20 Der Fall: Die Beklagte, eineWohnungsgenossen- schaft, vermietete der Klägerin mit Ver- trag vom 28. November 1978 eine (Ge- nossenschafts-) Wohnung in G. Im Jahr 2015 ließ die Beklagte eine seit über 40 Jahren auf dem Anwesen stehende Bir- ke fällen, da der Baummorsch und nicht mehr standfest war. Die Kosten der Baum- fällung in Höhe von insgesamt 2.494,24 € legte die Beklagte im Rahmen der Betriebskostenabrechnung 2015 - mit der insgesamt Gartenpflegekosten in Höhe von 4.058,02 € abgerechnet wurden - auf die Mieter um. Eine Mieterin be- gehrte die Rückzahlung der Gartenpfle- gekosten, insbesondere der Kosten für die Baumfällung, da diese nicht umla- gefähig seien. Das Problem: In § 2 Nr. 10 BetrKV (Gartenpflege) ist geregelt, dass die Kosten der Garten- pflege - hierzu gehören die Kosten der Pflege gärtnerisch angelegter Flächen einschließlich der Erneuerung von Pflan- zen und Gehölzen - auf die Mieter um- gelegt werden können. Fraglich ist also, ob durch Auslegung dieser Norm auch ein Baum zu den Ge- holzen zählt und es sich bei der Entfer- nung nicht um Instandsetzunskosten des Vermieters handelt. Höchstrichterli- chi war die Frage bisher nicht geklärt. Die Entscheidung des Gerichts: Der BGH entschied, dass die Fällung und Beseitigung eines morschen, nicht mehr standfesten Baumes regelmäßig eine objektiv erforderliche Maßnahme der
Gartenpflege darstellt und damit umla- gefähig ist. Dies folgt bereits aus demWortlaut des § 2 Nr. 10 BetrKV. Zwar sind dort Baumfällarbeiten nicht ausdrücklich genannt. Jedoch sind nach dieser Vorschrift die Kosten der Gartenpflege Betriebskosten im Sinne von § 1 BetrKV und gehören hierzu (unter anderem) die Kosten der Pflege gärtnerisch angelegter Flächen einschließlich der Erneuerung von Pflan- zen und Gehölzen. Zutreffend geht das Berufungsgericht davon aus, dass es sich bei Bäumen so- wohl um (verholzte) Pflanzen als auch um Gehölze in diesem Sinne handelt. Denn der Begriff des „Gehölzes“ um- schreibt nach allgemeinem Sprachge- brauch von dem ersichtlich auch der Verordnungsgeber ausgegangen ist, entweder allgemein eine Pflanze, deren Stamm und Äste verholzen, oder eine geschlossene Ansammlung solcher Pflanzen im Sinne vonWald, Wäldchen, Hain, Hecke oder Gebüsch (vgl. Duden, Das große Wörterbuch der deutschen Sprache, 3. Aufl., Band 3, Stichwort„Ge- hölz“; siehe auch „Der deutsche Wort- schatz von 1600 bis heute“, abzurufen unter https://www.dwds.de/wb/Gehölz). Eine Beschränkung auf „Gehölze“ eine bestimmten Größe oder Art ergibt sich aus demWortlaut des § 2 Nr. 10 BetrKV nicht. Umlagefähigkeit von Baumfäl- lungskosten? Die Kosten der Fällung eines morschen Baums sind nicht deshalb - wie teilwei- se angenommenwird - Instandhaltungs- kosten, weil hiermit stets einMangel im orgenannten Sinne beseitigt würde. Denn darin liegt ein unzutreffender pau- schaler Schluss von der Morschheit eines Baums auf die Mangelhaftigkeit der Mietsache (Gartenanlage).
Die bloße Tatsache, dass ein Baum morsch oder eine Pflanze abgestorben ist, erfüllt grundsätzlich in Anbetracht des Umstands, dass ein Garten aus einer Vielzahl von Pflanzen besteht und eine konkrete Zusammensetzung an Pflanzen regelmäßig nicht geschuldet ist, nicht aus sich heraus die Tatbestandsvoraus- setzungen eines Mangels. Für die Annahme laufender Kosten in vorgenanntem Sinne ist es nicht erfor- derlich, dass diese jährlich oder in fest- gelegten Abständen entstehen. Vielmehr reicht auch einmehrjähriger Turnus aus. Praxis-Tipp: Nun ist es amtlich: Zukünftig ist darauf zu achten, dass die Baumfällkosten - jedenfalls, wenn der Baummorsch, krank und nicht mehr standsicher ist - umla- gefähige Betriebskosten sind.
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››› Wohnungseigentumsrecht ‹‹‹ von Dr. Olaf Riecke ETV unter 2G-Plus-Voraussetzungen?
Die Teilnahme an der Eigentümerver- sammlung warWohnungseigentümern infolge der geltenden gesetzlichen Re- gelungen nicht unzumutbar erschwert, da die Durchführung einer Eigentümer- versammlung unter „2-G Plus“ Voraus- setzungenmöglichwar und dies keinen Ausschluss nicht geimpfter oder infizier- ter Wohnungseigentümer, und damit keinen unzulässigen Eingriff in den Kernbereich der Eigentümerrechte dar- stellt. AGMünchen, Beschluss vom06.12.2021 - 1293 C 19127/21
Der Fall: Nach dem Inkrafttreten der 15. Bay. InfektionsschutzmaßnahmenVO (Bay IfSMV) zum24.11.2021 wurde die für den 03.12.2021 anberaumte Eigen- tümerversammlung vomeinladenden Beiratsvorsitzenden abgesagt, weil er meinte, deren Durchführung unter „2-G Plus“-Voraussetzungen sei woh- nungseigentumsrechtlich nicht zu- lässig, da nicht geimpfte oder gene- sene Wohnungseigentümer von vornherein von der Teilnahme an der Eigentümerversammlung ausge- schlossen würden.
Das Problem: Dürfen einzelne Eigentümer darauf ver- wiesen werden, dass sie eine Vollmacht an die Verwaltung oder andere Eigen- tümer erteilen? Muss jedem Eigentümer die physische Teilnahme an einer Eigentümerversamm- lung möglich sein? Ist eine Nichtigkeit sämtlicher gefasster Beschlüsse anzunehmen bei Durchfüh- rung der Versammlung unter 2G-plus- Regeln?
Bestellung: Jahresabo für nur 12 EUR (inkl. MwSt. und excl. Versand) Bitte senden Sie das leserlich ausgefüllte Formular per Post oder Fax an: 02 08. 30 27 68 -32 Massimo Füllbeck Sachverständiger für Wohnungseigentum Sellerbeckstraße 32 · 45475 Mülheim an der Ruhr Ja, hiermit bestellen wir die Zeitschrift BEIRATaktuell im Jahresabo für nur 10 Euro (inkl. MwSt. und excl. Versand). Bitte senden Sie uns ____ Exemplar(e) zum nächsten Erschei- nungstermin zu. BEIRATaktuell umfasst 16 DIN-A4-Seiten mit den Themen: Technik, WEG-Recht, Mietrecht und Wirtschaft; erscheint 4 x im Jahr und kostet somit pro Einzelheft nur 2,50 Euro! WICHTIG: Das Abonnement ist für ein Kalenderjahr gültig und verlängert sich automatisch um ein weite- res Kalenderjahr, wenn es nicht fristgerecht 3 Monate vor Ablauf gekündigt wird. Die Rech- nungsstellung erfolgt jährlich im Voraus.
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Die Entscheidung des Gerichts: Gem. § 4 Abs. 1 der 15. BayfSMV durften am03.12.2021 Eigentümerversammlun- gen unter „2-G Plus“ Voraussetzungen stattfinden. Die Teilnahme an der Eigentümerver- sammlung war denWohnungseigentü- mern infolge der nach der 15. BaylfSMV geltenden gesetzlichen Regelungen auch nicht unzumutbar erschwert. . Insbesondere stellt die Durchführung einer Eigentümerversammlung unter „2-G Plus“- Voraussetzungen keinen Ausschluss nicht geimpfterWohnungs- eigentümer und keinen unzulässigen Eingriff in den Kernbereich der Eigen- tümerrechte dar. Dass an dieser Eigentümerversammlung nur geimpfte oder geneseneWohnungs- eigentümer unter der zusätzlichen Vor- aussetzung eines negativen Testergeb- nisses hätten teilnehmen können, stellt keinen unzulässigen vorsätzlichen Aus- schluss Ungeimpfter und/oder Genese- ner dar, sondern ist Folge der neuen Gesetzeslage und der eigenverantwort- lich getroffenen Entscheidung derjeni- gen Wohnungseigentümer, die sich gegen eine Impfung entschieden haben. Wer sich eigenverantwortlich gegen eine Impfung entscheidet, muss auch die sich aus dieser Entscheidung erge- benden Konsequenzen tragen, in diesem Fall die Konsequenz, auf unabsehbare Zeit nicht an Eigentümerversammlungen teilnehmen zu können. Auf derartige individuelle Belange von Eigentümern ist ebensowenig Rücksicht zu nehmen wie auf Terminskollisionen oder Erkrankungen einzelner Eigentü- mer. Vor diesem Hintergrund wäre für den Fall der Durchführung der Eigentümer- versammlung am 03.12.2021 und an- schließender Beschlussmängelklage keine Nichtigkeitsfeststellung wegen unzulässigen Eingriffs in das Teilnahme- recht an der Eigentümerversammlung als einem Kernbereich der Eigentümer- rechte zu befürchten gewesen.
Praxis-Tipp: Eine andere Abteilung des AGMünchen nahmBeschlussnichtigkeit an, wenn zu Zeiten der Corona-Pandemie trotz gel- tendemVersammlungsverbot Beschlüs- se gefasst wurden (AG München, 29.10.2020, 483 C 8456/20, ZMR 2021, 159). Dagegen nahmdas AG Kaufbeuren (09.09.2021, 5 C 34/21, IMR 2022, 34) ebenfalls nur Anfechtbarkeit an. Während R. Gerle (IMR 2022, 1) denVer- zicht auf Versammlungen unter „2G“ sogar als Eingriff in die Mitgliedschafts- und Teilnahmerechte der Geimpften undGenesenen ansieht, hält M. Klimesch (IMR 2022, 3) Beschlüsse auf Versamm- lungen unter „2G“ für nichtig. Ergo: Wenn nichts Eiliges anliegt: Ab- warten!
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Ausgabe: 62 Quartal I-22
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